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Im Schatten des Palazzo Farnese

Im Schatten des Palazzo Farnese

Titel: Im Schatten des Palazzo Farnese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Schweine. Anmutig wie ein Haufen Backsteine. Großer Gott, was für ein Schauspiel! Und am Ende brecht ihr verschwitzt, klebrig und unförmig zusammen, zwei dreckige Kugeln, die ich nur auf die Treppe zu werfen brauchte, und schon kamen sie von alleine unten an. Die Nero-Kugel schneller als die Claudius-Kugel, weil Nero schwerer ist.«
    »Es reicht, Tiberius«, knurrte Nero. »Spiel nicht den Engel.«
    »Und heute«, fuhr Tiberius fort, »sieht es nicht viel besser aus. Zwei dreckige Wäschepakete, die Alkohol ausdünsten. Das Mädchen da drüben würde euch selbst für Papa Valhuberts gesamtes Vermögen nicht haben wollen.«
    »Das wäre zu prüfen«, murmelte Claudius.
    »Alles schon gehabt, mein Freund. Nun, mir soll’s egal sein. Ich bräune.«
    »Kräftig und gesund, junger Mann vom Lande, einer, der arbeiten kann«, bemerkte Nero und zog verächtlich die Nase hoch. »Wie schrecklich.«
    »Schwätz du nur, Nero. Heute abend werde ich vor euren Kälberaugen die römischen Schönheiten nur so einsammeln. Keine Konkurrenz in Sicht.«
    »Verdammt! Heute abend!« rief Claudius und richtete sich auf den Ellbogen auf.
    »Genau«, bemerkte Tiberius. »Die Nobelparty auf der Piazza Farnese. Und ihr habt genau vier Stunden, um euch darauf vorzubereiten. Nicht einfach. Vier kurze Stunden, um euch aus dem Zustand von Müll in den von Verführern zu verwandeln.«
    »Verdammt!« wiederholte Claudius, während er sich die Schuhe wieder anzog.
    »Hättest du uns nicht früher daran erinnern können?« fragte Nero.
    »Mein Lieber«, bemerkte Tiberius und stand auf, »ich habe darauf gewartet, daß eure Wänste wieder zur Oberfläche aufsteigen. Ein jegliches zu seiner Zeit.«
    »Idiot!« schimpfte Nero. Tiberius lachte und zog sich das Hemd wieder an.

7
    Im schwachen Licht der Fackeln wirkte der Palazzo Farnese düster und befremdlich. Tiberius betrachtete das Treiben, während er von der schweißnassen Menge herumgeschubst wurde. Drei Stunden hatte er ununterbrochen getanzt, ihm taten die Beine weh. Er hatte noch kein einziges umwerfendes Geschöpf entdeckt und begann am Leben zu verzweifeln. Ein Glas in jeder Hand, machte er sich auf die Suche nach seinen Freunden, die er schon eine ganze Weile aus den Augen verloren hatte. Plötzlich hörte er Neros Tribunenstimme, die verkündete, noch heute abend werde der Palazzo Farnese in Flammen stehen, ein »Palazzo al forno« – sein Wortspiel löste schallendes Gelächter aus. Tiberius verdrehte die Augen. Eines Tages würde dieser verrückte Kerl tatsächlich noch irgendwo Feuer legen, daran bestand kein Zweifel. Er packte Nero an der Schulter.
    »Sag mir, du öffentlicher Hanswurst, hast du Claudius gesehen? Ich habe gerade seinen Vater getroffen. Er ist angekommen und sucht ihn schon eine Stunde.«
    »Da hinten durch«, grölte Nero. »Dort in dem Gäßchen, in Gesellschaft von drei leichten Mädchen.«
    »Holst du ihn bitte mal? Ich geh zurück und sage Henri Bescheid.«
    Beim Weinausschank herrschte Gedränge. Morgen früh würde man eine ganze Reihe Schnapsleichen einsammeln. Tiberius hob seine Gläser über den Kopf und schob sich durch die Menge, um zu Henri Valhubert zu gelangen.
    Als Claudius wenige Minuten später eintraf, sein Haar in Eile mit der Hand glättend, packte Tiberius ihn heftig am Arm.
    »Geh nicht weiter, Claudius, bitte«, keuchte Tiberius.
    »Ist mein Vater hier?«
    »Dein Vater liegt hinter mir auf der Erde. Er ist tot.«
    Tiberius ließ die Gläser fallen, um Claudius mit beiden Armen zurückzuhalten.
    »Hilf mir, Nero«, schrie er heiser. »Claudius bricht zusammen!«

8
    Am nächsten Morgen, es war ein Sonntag, ließ Staatsminister Édouard Valhubert eilig seinen ersten Sekretär rufen.
    »Haben Sie schon einen vorläufigen Bericht von der italienischen Polizei erhalten können?«
    »Vor einer halben Stunde, Herr Minister. Es ist schlimmer als gedacht.«
    »Machen Sie bitte die Tür zu. Beeilen Sie sich.«
    Édouard Valhubert legte die Hände mit den Handflächen nach unten auf den Schreibtisch, die Arme weit ausgestreckt. Sein Sekretär Paul kannte diese Bewegung genau: Anspannung, Beunruhigung, Entschlossenheit. Minister Valhubert machte sich keine Sorgen um seinen gerade verstorbenen Bruder. Er machte sich Sorgen um sich selbst.
    »Beeilen Sie sich, Paul.«
    »Ihr Bruder Henri Valhubert ist gestern abend um 23 Uhr 30 verstorben. Man hat ihm eine gewaltige Dosis Schierling zu trinken gegeben. Binnen weniger Sekunden brach er zusammen. Zeugen haben

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