Im Schatten des Verrats (Hazel-Roman) (German Edition)
Mutter sein könnte, während das rasche Klopfen ihres Herzens eine ganz andere Sprache sprach.
Lady Burchingtons Tochter Mary (oder seit vier Monaten eigentlich eine Lady Tobias Velvet) hatte es übernommen, Hazel und Jeremy in den Saal zu führen, ihnen eine Erfrischung anzubieten und sie mit einigen Gästen bekannt zu machen, damit sie eine Unterhaltung führen konnten. Während Cecily bereits nach kurzer Zeit von einigen Herren umringt war, stellte Mary Mr. Hawthorne einigen Damen und Herren vor, deren Namen sie sich nicht sofort merken konnte, und Hazel, die noch etwas unsicher war, ob es von einem jungen Mann wie ihr erwartet wurde, dass sie etwas sagte oder aber wartete, bis man das Wort an sie richtete, war – wie sie zu ihrer eigenen Verärgerung feststellen musste – mal wieder der denkbar ungünstigste Gesprächspartner. Eben hatte sie den festen Entschluss getroffen, forscher aufzutreten, als sie sich umwandte – und plötzlich vor jenem Mann stand, mit dem sie bereits am ersten Tag in London auf dem Gemüsemarkt jene Auseinandersetzung gehabt hatte.
"Oh", brachte sie in ihrer Verblüffung und Verlegenheit nur hervor.
Er hingegen erholte sich recht schnell von seiner Überraschung. "Ich hatte gehofft , Sie noch einmal wiederzusehen", sagte er mit einem sarkastischen Lächeln. "Obwohl mir nicht einmal im Traum eingefallen wäre, ich könnte Ihnen ausgerechnet hier begegnen."
"Meinen Degen habe ich allerdings dem Lakaien am Eingang gegeben", informierte Hazel ihn.
Er lachte.
"Sie kennen sich bereits?", erkundigte sich Mary Burchington.
"Das ist der eifrige junge Mann, von dem ich neulich erzählt habe: der zur Verteidigung unserer allgegenwärtigen Stadtjugend so rasch mit dem Degen bei der Hand war", erläuterte er.
"Ach, Sie waren das!?" Hazel sah, wie ein großes blaues Augenpaar sich auf sie richtete. Zweifellos sah Mary Burchington den wortkargen Mr. Hawthorne dadurch in neuem und keineswegs unromantischem Lichte.
"Aber bei unserer kleinen Auseinandersetzung hatten wir keine Zeit, uns einander vorzustellen. Wenn Sie also ...?"
"Oh ja, natürlich!", beeilte Mary sich, ihr Versäumnis nachzuholen. "Lord Dave Kirby, Marquis of Wainwright, und Mr. Hawthorne." Mary zögerte und fügte, mit plötzlichem Erröten hinzu: "Matthew Hawthorne", denn ihr war eingefallen, dass ihre Mutter erwähnt hatte, dass es noch einen älteren Bruder gab.
Der Marquis, dem Mary Burchingtons Erröten keineswegs entgangen war, ließ seinen Blick zurück zu Hazel schweifen, schaute ihr direkt in die Augen und hielt ihr seine Hand hin, die Hazel zögernd ergriff und mit kräftigem Druck kurz schüttelte.
Seine Augen waren sehr dunkel, fast schwarz, und gaben Zeugnis davon, dass noch reichlich Blut seiner normannischen Vorfahren in ihm floss. "Ich bin inzwischen zu der Einsicht gekommen, dass Sie Recht hatten", gab er zu.
Hazel hingegen war inzwischen zu der Einsicht gekommen, dass sein Blick entschieden beunruhigend war. Sein schmales Gesicht mit den markanten männlichen Zügen, seine feine Nase über seinem spöttisch verzogenen Mund mit diesen sinnlichen Lippen, seine feingliedrigen, schönen Hände mit dem unerwartet festen Händedruck brachten Hazels Herz gänzlich aus der Ruhe.
Warum musste das Schicksal ihr diesen Mann ausgerechnet jetzt in den Weg stellen, da sie dazu verdammt war, in Hosen herumzulaufen?
"Ich glaube, Ihre Mutter möchte Sie sprechen", bemerkte der Marquis, und da Lady Burchington in der Tat ihrer Tochter aus der Ferne Zeichen machte, ließ Mary ihre beiden Gäste allein. Hazel konnte sich jedoch des Eindrucks nicht erwehren, dass der Marquis ansonsten eine andere Möglichkeit gefunden hätte, sich der Tochter des Hauses zu entledigen.
"Sind Sie öfter zu Gast hier?", erkundigte sich der Marquis.
"Nein", antwortete Hazel ehrlich. "Ich bin zum ersten Mal eingeladen."
"Verpetzen Sie mich nicht, wenn ich Ihnen verrate, dass Lady Burchingtons Gesellschaften immer sehr exquisit sind, das Essen exzellent, die Gäste sehr mondän, die Staffage sehr edel – und der ganze Abend sehr langweilig. Die Gespräche, die sich ergeben, drehen sich entweder um Politik und lassen zumeist solides Hintergrundwissen und einigen Sachverstand vermissen, oder um den allgemeinen Klatsch, den man schon längst kennt, oder um philosophische Themen, die zu durchdringen man in den späten Abendstunden wenig Energie hat.
Hinzu kommt, dass die wirklich eloquenten Redner, die angeblich ständig bei Lady Burchington
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