Im Schatten des Verrats (Hazel-Roman) (German Edition)
Art Künstlerkneipe mit einer kleinen Bühne. Eine Sängerin mit üppiger Oberweite trug mit ausrucksvoller Stimme ein Lied vor, dessen Text bei genauerem Hinhören nicht ganz salonfähig war. Da man bei der nächsten Darbietung von den tanzenden Damen reichlich viel Unterwäsche zu sehen bekam, wurde Hazel klar, dass die Geburtstagsgesellschaft nur ein Vorwand gewesen war, um Lady Burchington und anderen Eltern gegenüber das wahre Ziel nicht preisgeben zu müssen. Nach einigen Runden mit alkoholischen Getränken, zu denen Hazel und Jeremy stets eingeladen wurden, stellte einer der jungen Männer fest, dass er jetzt nach Hause gehen müsse, er habe kein Geld mehr, was jemanden auf die Idee brachte, ins Chez Julien zu gehen und dort was zu gewinnen, um den Rest des Abends zu finanzieren. Jemand hatte aber Einwände, im Julien würden die jüngeren von ihnen nicht eingelassen, besser wäre das Cimarron . Aber im Julien gäbe es bessere Gewinnchancen, meinten die anderen. Das Ende vom Lied war, dass man sich trennen wollte und sich in einer Stunde im Windroof wieder treffen.
Hazel zupfte Jeremy am Ärmel und flüsterte, sie sollten lieber nach Hause gehen, aber Jeremy war noch nie in einem Spielsalon gewesen und wollte unbedingt mit. Also ließ Hazel sich von ihm überreden, zumal noch andere Mädchen dabei waren, auch Mary Burchington, die Hazel für einigermaßen vernünftig hielt.
Die hochtrabenden Vorstellungen, die Hazel sich von einem Spielsalon gemacht hatte, wurden vom Cimarron jedenfalls nicht erfüllt, es war eine düstere Kneipe, und sie wurden, weil der Marquis ein Passwort kannte, in einen hinteren Raum gelassen. Während Jeremy die Vorstellung, bei illegalen Glücksspielen dabei zu sein, eher aufregend fand, weckte es in Hazel nur ein ungutes Gefühl. Der Marquis lachte nur, als Hazel Bedenken äußerte. "Sie haben vollkommen Recht", bestätigte er sie aber zu ihrer Verwunderung. "Man darf sich vor allem nicht der Illusion hingeben, dass man auf Dauer das ganz große Geld machen würde. Als Anfänger hat man Glück, oder glaubt, es zu haben, bis man feststellt, dass hier auf unauffällige Weise falsch gespielt wird und man nur deshalb Geld zugeschoben bekommen hat, damit man beim nächsten Mal mit mehr Geld wiederkommt. Warten Sie – ich werde das Gerücht ausstreuen, dass Ihr Vater in Frankreich ein Vermögen gemacht hat, sagen wir", er grinste spöttisch, "mit Schuhwichse. Sie werden sehen, dass Ihre Schwester und Sie nicht mit leeren Händen hier heraus gehen werden. Die anderen werden ein bisschen einsetzen und ein bisschen verlieren, das hübsche Mädchen dort drüben wird einiges gewinnen. Der junge Mann ohne Geld, der sich soeben von seinem Freund etwas leiht, wird allerdings mit einigen Schulden hier rausgehen, denn er bildet sich ein, er könne mit Karten umgehen."
Hazel blickte ihn skeptisch an.
"Das ist das Gesetz des Glücksspiels", behauptete er und drückte Hazel eine Pfundnote in die Hand. "Probieren Sie aus, ob ich Recht habe." Hazel wollte das Geld nicht nehmen. "Ich schwöre, dass ich es nicht von Ihnen zurückfordern werde, wenn Sie es wider Erwarten verlieren sollten", sagte der Marquis, "aber Sie werden nicht verlieren, sofern Sie an den Würfeltisch gehen." Jeremy hatte weniger Skrupel. "Nun nimm schon!", zwitscherte er Hazel mit Cecilys Stimme übermütig zu. "Ich werde dir beistehen." "Das ist eine gute Idee", befand der Marquis augenzwinkernd, "da Sie sowohl hübsch als auch Anfängerin sind, kann gar nichts schief gehen."
Sie begaben sich an den Würfeltisch, den Kirby ihnen empfohlen hatte, Jeremy bekam bald die Würfel in die Hand und setzte recht waghalsig, gewann aber gleich das erste Spiel und verlor danach nur jedes dritte oder vierte, so dass sich sein Vermögen tatsächlich vermehrte. Hazel beobachtete Jeremys Gegenspieler aufs Genaueste, weil sie vermutete, dass er die Würfel heimlich austauschte oder zwei Würfel besaß, von denen der eine kleine, der andere große Werte würfelte, aber sie konnte wegen des Wackelns der Ärmelrüsche nie etwas Auffälliges sehen, bis ihr schließlich aufging, dass das Wackeln der Rüsche selbst bereits das Auffällige war, man aber niemals mehr zu sehen bekommen würde, um einen Betrug wirklich nachweisen zu können.
Als sie den Kopf hob, sah sie plötzlich Hayward etwas weiter vor ihr im Gedränge, aber obschon er auch in ihre Richtung schaute und Hazel eigentlich sicher war, dass er sie gesehen hatte, tat er so, als habe er
Weitere Kostenlose Bücher