Im Schatten des Verrats (Hazel-Roman) (German Edition)
über ihre Hand. Als sie sich aufrichtete, hatte sie direkten Einblick in Myladys Dekolleté.
Hazel fühlte, wie die Befangenheit, die sie angesichts von Geschlechtsgenossinnen mit perfekt geformten Brüsten stets befiel, von ihr Besitz ergriff. Sie brachte kein einziges Kompliment heraus und hatte Mühe, Lady Arabell in die Augen zu sehen und den Blick nicht zu senken, um noch einen zweiten Blick auf dieses Aufsehen erregende Dekolleté zu werfen, das die Gräfinwitwe dermaßen ungeniert zur Schau trug.
Hazel floh, sobald dies unauffällig möglich war. Sie hätte sich jedoch denken können, dass es auf einer solchen Gesellschaft keinen Fluchtweg gab: Lady Wineyards jüngere Tochter – Emily, glaubte Hazel sich zu erinnern – geriet ihr in den Weg.
"Mr. Hawthorne!", sagte sie erfreut, eine Gelegenheit gefunden zu haben, ihre Bekanntschaft mit Mr. Hawthorne zu erneuern, "Sie werden sich kaum an mich erinnern ... wir haben uns bei Lady Irvin auf Greystoke Hall kennen gelernt."
Hazel erwiderte: "Selbstverständlich erinnere ich mich an Sie", was angesichts der Tatsache, dass sie seit Wochen versuchte, eine Begegnung mit ihr und den übrigen Mitgliedern ihrer Familie zu vermeiden, ja tatsächlich keine Höflichkeitsfloskel war.
Emily griff, vermutlich weil ihr kein anderes Gesprächsthema einfiel, auf gemeinsame Bekannte zurück. "Wissen Sie, ob Lord John Hayward auch eingeladen ist?", erkundigte sie sich.
"Das weiß ich leider nicht", antwortete Hazel.
"Vielleicht kommt er noch später." Emily kicherte. "Ihre Schwester scheint ja durchaus ein Interesse an ihm zu haben."
"Warum erzählen Sie mir das?", fragte Hazel distanziert und fügte spöttisch hinzu: "Doch nicht etwa, weil Sie selbst auch ein Interesse an ihm haben?"
Emily Wineyard lachte. "Hayward? Ich weiß nicht so recht. Natürlich ist er eine ziemlich gute Partie, aber ich bin nicht sicher, ob er einen wirklich angenehmen Ehemann abgäbe. Als ganz junger Mann war er wohl ziemlich zügellos und ist manchmal völlig aus der Rolle gefallen", sie kicherte albern, "nicht mir gegenüber natürlich – ich weiß das nur von anderen Leuten. Ja, und seine Amouren sind ja auch stadtbekannt. Als er es einmal mit einer verheirateten Frau hatte, gab es einen richtigen Skandal, weil es durch einen dummen Zufall ruchbar wurde. Er hat sich sogar mit dem Ehemann duelliert, und das Peinliche war: Hayward hat gewonnen. Na ja, es war ihm dann wohl selbst unangenehm, denn er hatte keinerlei Interesse daran, seine Geliebte zur Witwe zu machen, jedenfalls haben sie sich darauf geeinigt, alles zu vertuschen, aber natürlich ist das mit dem Duell dann doch durchgesickert." Sie gluckste. "Außerdem zweifle ich stark daran, dass Mamas Hoffnungen berechtigt sind. Hayward interessiert sich nicht wirklich für mich." Mit kritischem Blick verfolgte sie Cecilys Flirt. "Und wenn ich Ihnen einen Tipp in Bezug auf Ihre Schwester geben darf", meinte sie, indem sie ihre Stimme senkte, "ich kann mir aus den verschiedensten Gründen nicht vorstellen, dass Hayward es mit Ihrer Schwester ernst meint."
"Ich kann Sie beruhigen", gab Hazel kühl zurück, "aus den verschiedensten Gründen kann ich mir auch nicht vorstellen, dass Cecily es ernst mit ihm meint."
Doch, so allmählich lernte sie die Kunst, Leute loszuwerden.
Während sie Emily Wineyard noch nachsah, die mit eingefrorenem Lächeln davongetrippelt war, raunte es plötzlich hinter ihr: "Meine Lippe ist noch immer wund von Ihrem Kuss ..."
Hazel zuckte zusammen und fuhr herum. Der Marquis of Wainwright, natürlich.
"Müssen Sie sich immer von hinten anschleichen?", fragte sie gereizt.
"Aber ja", erwiderte er lasziv, "von hinten ist allgemein meine bevorzugte Richtung."
Hazel warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
Er spazierte unbeeindruckt davon um sie herum, lehnte sich mit einem Ellbogen auf die Balustrade und musterte sie ungeniert.
"Sie machen das absichtlich", warf er ihr vor.
"Was?"
Er richtete sich auf und trat zu ihr. "Dass Sie mir aus dem Weg gehen, sich mir entziehen, sich mir verweigern", sagte er heiser. "Wenn Sie wüssten, wie ich Sie dafür hasse! Wenn Sie wüssten, wie ich Sie dafür liebe! Warum tun Sie das? Um mich zu quälen? Um meine Lust noch zu steigern?"
Hazel schaute ihn verwundert an. "Sie geben meiner Zurückhaltung eine völlig falsche Deutung", meinte sie. "Ich bin an Ihren Avancen bloß nicht interessiert, das ist alles."
Sein Gesicht war plötzlich dicht bei ihr. "Eben das glaube ich Ihnen
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