Im Schatten des Verrats (Hazel-Roman) (German Edition)
Hazel.
"Nein?", unterbrach die Herzogin sie kalt. "Nun, zumindest wirken Sie kein bisschen berechnend. Was vermutlich ein weiterer Grund ist, weshalb alle Leute auf Ihren naiven Charme hereinfallen. Aber ich warne Sie: bei mir wirken Ihre Tricks nicht. Es wird Ihnen nicht gelingen, auch mich um Ihren Finger zu wickeln."
Hazel überlegte, ob die Herzogin ihrer Versicherung, dass das auch niemals ihre Absicht gewesen sei, Glauben schenken würde.
"Ist Ihnen Lady Elizabeth Debenham ein Begriff?", forschte Lady Constance.
Hazel zuckte mit den Achseln. "Das ist Haywards Verlobte, so viel ich weiß."
"Sie sagen es", bestätigte die Herzogin. "Die Hochzeit ist in drei Monaten. Wir haben 400 Einladungen drucken lassen und 271 davon habe ich bereits mit Namen und einigen persönlichen Zeilen versehen, unterschrieben und in adressierte Kuverts gesteckt – eine ebenso lästige wie langwierige Aufgabe."
"Das kann ich mir denken", pflichtete Hazel ihr höflich bei.
"Ich bin darum dringend daran interessiert, dass die Hochzeit auch stattfindet. Sollte durch irgendeine Störung etwa der Termin verschoben werden müssen, fände ich das sehr ärgerlich. Ich kann John den Umgang mit Ihnen nicht verbieten. Aber ich warne Sie: wenn Sie glauben, sich in die Gesellschaft drängen zu können, wenn Sie sich in der Öffentlichkeit großspurig zeigen und nicht die angemessene Diskretion walten lassen – dann werde ich Maßnahmen ergreifen, so dass Sie in ganz Großbritannien Ihres Lebens nicht mehr froh werden. Haben Sie mich verstanden?"
Hazel wusste im ersten Moment nicht, ob sie belustigt oder empört sein sollte, doch schließlich nahm die Empörung überhand. Dieser dreiste Versuch, sie zu bedrohen und einzuschüchtern, ging ihr – obwohl der Gegenstand ja jeder Grundlage entbehrte – doch erheblich gegen den Strich und forderte ihren Trotz und Widerspruch heraus.
"Lady Constance", konnte Hazel sich nicht enthalten mit äußerster Freundlichkeit zu erwidern, "sollte Haywards Hochzeit meinetwegen platzen, dann bin ich selbstverständlich gern bereit, Ihnen beim Schreiben der 400 Absagen zur Hand zu gehen. Die Kuverts kann man ja glücklicherweise trotzdem benutzen."
Der kühle Blick der Herzogin erstarrte zu grauem Eis. "Herzlichen Dank, Mr. Hawthorne", erwiderte sie frostig, "Sie werden allerdings keine Gelegenheit haben, Ihr freundliches Anerbieten auszuführen, denn ab heute ist Ihr neuerlicher Besuch in diesem Hause nicht mehr erwünscht!"
Die Herzogin zog an der Klingelschnur. Fast augenblicklich trat ein Diener ein.
"Mr. Hawthorne möchte gehen", verkündete die Herzogin. "Holen Sie ihm seinen Mantel!"
Der Diener verschwand lautlos und kehrte mit Umhang und Degen zurück.
Die Herzogin hielt Hazel abweisend die Hand zum Kuss hin.
Hazel hatte Mühe, ihren Zorn im Zaum zu halten, aber da sie wütend war, da sie keine Lust hatte, nochmals ihre Lippe zu gefährden, und sowieso nichts mehr zu verlieren hatte (denn hinausgeworfen war sie ja bereits), fasste sie die ihr dargebotene Hand, hielt sie eisern fest, berührte wider jede Konvention mit ihren Lippen hitzig die duftende Haut, drückte nicht nur einen echten Kuss darauf, sondern fuhr mit ihrer Zunge in den Schlitz zwischen zwei Fingern, schenkte der Herzogin im Aufrichten einen bewundernden Augenaufschlag und raunte lasziv: "Es ist so unglaublich aufregend, von Ihnen gedemütigt zu werden!"
Die Herzogin entzog ihr mit einer heftigen Bewegung die Hand. "Hinaus!", zischte sie.
Hazel nahm von dem Dienstboten, der vergessen hatte, seine Mimik unter Kontrolle zu halten, Mantel und Degen entgegen und schritt erhobenen Hauptes in die Halle hinaus.
Dort kam eben Hayward die Treppe hinunter.
"Sie wollen schon gehen?", fragte er und entließ mit einer Handbewegung den Dienstboten, der mit einem unsicheren Räuspern unschlüssig auf der Stelle trat, bevor er sich dann doch zögernd verzog.
Hazel versicherte sich mit einem Blick über die Schulter, dass die Tür zum Salon geschlossen war. Sie atmete erleichtert auf. Allerdings verspürte sie schon seit einiger Zeit ein ziemlich dringendes Bedürfnis und die Aussicht, jetzt noch durch die Straßen von London bis nach Hause zu müssen, erfüllte sie mit Unbehagen.
"Ja, ich muss fort. Aber Hayward", flüsterte sie, "ich müsste vorher dringend ... Sie wissen schon!"
"Ich nehme an, Ihre Bitte zielt nicht darauf ab, dass ich Ihnen einen Stuhl holen lasse", gab er grinsend zurück. "Kommen Sie", meinte er dann jedoch leise,
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