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Im Schatten dunkler Mächte

Im Schatten dunkler Mächte

Titel: Im Schatten dunkler Mächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Marie Moning
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suchte nach Abweichungen. Da waren keine. Das war entweder Barrons selbst, oder er hatte einen Großvater, dem er wie aus dem Gesicht geschnitten war. Und wenn der Mann auf dem Foto Barrons war, dann müsste er heute einundsiebzig Jahre alt sein.
    Als Nächstes drückte Christian mir die Fotokopie eines Zeitungsartikels mit einem verblassten Schwarzweißfoto von Männern in Uniform in die Hand. Barrons war der Einzige, der keine Uniform trug. Wie bei den anderen beiden Aufnahmen drehte er sich leicht zur Seite, als ob er versuchte, zu verschwinden, ehe derFotograf auf den Auslöser drückte. Und er sah keinen Tag älter oder jünger aus als auf den beiden anderen Aufnahmen.
    Â»Weißt du, wer das ist?« Christian deutete auf einen großen, grobschlächtigen Mann um die dreißig in der Mitte.
    Ich schüttelte den Kopf.
    Â»Michael Collins, ein berühmter irischer Revolutionsführer.«
    Â»Und?«
    Â»Er wurde 1922 getötet. Dieses Foto wurde zwei Monate vor seinem Tod aufgenommen.«
    Ich stellte rasche Berechnungen an. Das würde heißen, Barrons war keine einundsiebzig, sondern ein gut erhaltener Hundertfünfzehnjähriger. »Vielleicht ist das ein Verwandter, der ihm sehr ähnlich sieht«, schlug ich vor.
    Â»Das glaubst du doch selbst nicht«, erwiderte Christian. »Wieso tun die Menschen das? Sie sprechen Dinge aus, die sie selbst nicht im Entferntesten glauben.«
    Er hatte recht. Ich glaubte es nicht. Diese Bilder waren geradezu identisch. Ich hatte genügend Zeit mit Jericho Barrons verbracht, um seine Haltung und seine Mimik zu kennen. Das war er – auf all diesen Aufnahmen. Plötzlich wurde ich innerlich ganz still.
    Barrons war alt. Unwahrscheinlich alt. Wurde er von dem Gripper, der von ihm Besitz ergriffen hatte, am Leben und jung erhalten? »Gibt es noch mehr davon?« Ich fragte mich, wie weit Christians Onkel Barrons zurückverfolgt hatten. Ich hatte gute Lust, diese Fotos mitzunehmen, ihm damit an die Brust zu schlagen und Antworten zu verlangen, auch wenn ich wusste, dass ich keine bekommen würde.
    Christian sah auf seine Uhr. »Ja, aber ich muss los.«
    Â»Darf ich die für ein paar Tage behalten?«
    Â»Auf keinen Fall. Meine Onkel würden mich lynchen, wenn sie Barrons in die Hände fielen.«
    Widerstrebend gab ich sie zurück. Ich konnte selbst einige Nachforschungen betreiben, schließlich wusste ich jetzt, wonach ich suchen musste. Ich war allerdings nicht sicher, ob das nötig war. Welchen Unterschied würde es machen, wenn Barrons hundert, tausend oder ein paar tausend Jahre alt wäre? Fakt war: Er war kein Mensch. Die Frage lautete: Wie schlimm war das, was er wirklich war?
    Â»Ich fahre morgen nach Inverness und komme erst in einer Woche zurück. Es gibt … Dinge zu Hause, um die ich mich kümmern muss. Sehen wir uns am nächsten Donnerstag wieder? Ich glaube, wir beide können uns gegenseitig helfen.« Er machte eine Pause, dann fügte er hinzu: »Ich glaube sogar, wir müssen uns gegenseitig helfen, Mac. Ich denke, unsere Ziele könnten eng verbunden sein.«
    Ich nickte, während wir den Raum verließen, obgleich ich Zweifel hatte. Gleichgültig, wie informiert Christian oder wie sehr er in die Erhaltung der Mauern zwischen den Bereichen einbezogen sein mochte, und egal, wie sehr ich seine Gesellschaft genießen würde, der Punkt war, dass er die Feenwesen nicht sehen konnte. Das hieß, dass ich in einem Kampf für ihn verantwortlich wäre – noch jemand, um dessen Leben ich mich sorgen müsste. In letzter Zeit war es schon schwierig genug, mich selbst am Leben zu erhalten.

    Ich bahnte mir einen Weg durch die Touristenhorden, schlängelte mich um die Rhino-Boys und andereUnseelie herum. Ich war nur noch wenige Blocks vom Buchladen entfernt und ging an einem der zahllosen Pubs, die charakteristisch für den Temple-Bar-Bezirk waren, vorbei, als ich durch das Fenster schaute. Und da war sie.
    Alina.
    Sie saß mit einigen Freunden in einer gemütlichen Ecknische und trank Bier aus der Flasche. Sie setzte die Flasche ab und lachte über etwas, was der Junge neben ihr gesagt hatte.
    Ich schloss die Augen. Mir war bewusst, was das war – er sollte sich langsam neue Tricks einfallen lassen. Als ich die Augen wieder aufmachte, sah ich zuerst an mir herunter. Wenigstens war ich nicht nackt. »V’lane«, sagte ich.

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