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Im Schatten (German Edition)

Im Schatten (German Edition)

Titel: Im Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar R. Rehberg
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gefällt oder ich den Laden hier zu sehr durcheinanderbringe, können Sie mich jederzeit darauf ansprechen, okay?« Wieder nickte sie und war tatsächlich etwas zuversichtlicher.
     
    Auch nach Feierabend ließen sie die Gedanken an die Firma nicht los. Automatisch schälte sie Kartoffeln und putzte das Gemüse, während sie über ihren neuen Chef nachdachte. Auf den ersten Blick machte er ja einen ganz netten Eindruck. Verständnisvoll, geduldig und bereit, sich auf andere einzulassen. Auf den ersten Blick! Aber wer wusste schon zu sagen, wie er sich in Zukunft geben würde? Vielleicht war ja alles nur freundliche Fassade für den Anfang und er würde sich nach einiger Zeit ganz anders präsentieren. Zuerst das Vertrauen der Angestellten gewinnen, vielleicht an der einen oder anderen Stelle aushorchen, um dann später die Konsequenzen zu ziehen. Valerie musste sich selbst eingestehen, dass er durchaus ein Mensch war, dem man sehr schnell Vertrauen entgegen brachte. Abgesehen von seinem schon beinahe übermenschlichen Charme gab er sich offen und zeigte selbst auch ein paar Schwächen. War er wirklich so, oder konnte er nur verdammt gut schauspielern? Ihr kam die neue Situation schon komisch vor. All die Jahre war Herr Burzig ihr Chef gewesen und nun? Plötzlich wurde ihr bewusst, sie war nun die Dienstälteste im Büro. Alle anderen Kollegen waren erheblich nach ihr gekommen. Die alte Chefzeichnerin war vor acht Jahren in Rente gegangen und Valerie hatte, nachdem sie von Teilzeit auf Vollzeit umgestiegen war, ihren Platz eingenommen. Die frühere Sekretärin war zu einer größeren Firma gegangen, der andere Architekt hatte ebenfalls gewechselt. Damals waren noch weniger Mitarbeiter in den Teams und der Statiker für alle drei Büros zuständig gewesen. Nun arbeitete er schon seit vielen Jahren im Nachbarbüro und Peter war zu ihnen gestoßen. Nach und nach hatte sich das Team vergrößert, und dann waren sie in dieses Gebäude gezogen, das wesentlich mehr Platz bot. Nun war auch das letzte Fossil aus der Anfangszeit verschwunden und machte Platz für Neues.
    » Der neue Chef hat heute die Firma übernommen«, sagte Valerie leise am Essenstisch. Sie erwartete eigentlich keine Antwort darauf, versuchte es dennoch. Zu ihrem Erstaunen fragte Norman interessiert:
    » Und, wie ist er so? Hat er was drauf?«
    » Ich denke schon«, antwortete sie. »Man kann noch nicht viel dazu sagen, aber er war heute sehr nett. Er ist noch ziemlich jung, aber er soll sehr gut sein. Vielleicht ist es ja auch mal ganz gut, wenn frischer Wind in den Laden kommt.«
    » Schaden kann es jedenfalls nicht«, stimmte ihr Norman zu. Sie unterhielten sich noch eine Weile darüber, doch Werner mischte sich noch immer nicht in die Unterhaltung ein und fragte schließlich unfreundlich, als wolle er das Thema damit beenden, ob es an diesem Tag eigentlich keinen Nachtisch gäbe. Tatsächlich hatte Valerie es vergessen, und so stand er mürrisch auf und verschwand im Wohnzimmer. Nachdenklich blieb Valerie sitzen. Wann hatte diese Sprachlosigkeit zwischen ihnen begonnen? Seit wann interessierte Werner sich nicht mehr für sie? Plötzlich fragte sie sich, was wohl passieren würde, wenn sie am Morgen einfach nicht mehr da wäre. Würde ihr Mann es überhaupt merken?
     
    Wie üblich war Valerie auch am nächsten Arbeitstag wieder als Erste im Büro. Sie war es gewohnt, dass kurze Zeit später erst Thomas, dann ihr Chef kam. In den letzten Jahren war Valerie immer mit einer frischen Tasse Kaffee zu ihm ins Büro gegangen, hatte sie vor ihn auf den Tisch gestellt und dann hatten sie in Ruhe den Tagesplan durchgesprochen. Nun war es bereits kurz vor neun und das Chefbüro immer noch leer. Dann kam wieder der gleiche Auftritt, wie die Tage vorher, doch anstatt direkt auf sein Büro zuzugehen, machte Mark Mühlau einen Abstecher in die Küche und holte sich selbst einen Kaffee. Auch gut , dachte Valerie, doch ein wenig bedauerte sie, dieses kleine Ritual verloren zu haben. Was würde noch alles aus ihrem Arbeitsleben verschwinden? Die offene Jalousie zum Chefbüro irritierte sie. Sie fühlte sich auf den Prüfstand gestellte, obwohl der Neue sicherlich andere Dinge zu tun hatte, als sie zu beobachten. Und was wohl aus ihren Treffen würde? Seit vielen Jahren trafen sich die Kollegen regelmäßig einen Abend im Monat in einer Kneipe und klönten. Die erste Stunde war Herr Burzig fast immer dabei gewesen, doch die Stimmung war, bei aller Achtung und Zuneigung,

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