Im Schatten von Montmartre
Films, ein
Sammler, von dem Sie nichts zu befürchten haben. Solchen Leuten kommt es vor
allem darauf an, derartige ,Kuriositäten’ zu besitzen, und weniger, daraus
Kapital zu schlagen. Das sind Kunstliebhaber ohne finanzielles Interesse.
Möglicherweise hat dieser Sammler noch nie etwas von Ihnen gehört. Aber ich
glaube, wir sollten besser von ,dieser Sammlerin’ sprechen! Denn vergessen wir
nicht die kahlköpfige Frau. Prunier muß sich die Kopie ausgeliehen haben, und
Madame Billardkugel ist in seine Wohnung gekommen, um sich den Streifen zu
holen. Die etwas brutale Art der Aneignung irritiert mich ein wenig, aber
vielleicht hatte sie noch ein anderes Hühnchen mit dem Kameramann zu rupfen.
Sozusagen eine Endabrechnung!“
Ich stand auf.
„Gut, ich werde mir Pruniers Adreßbuch vornehmen
und sehen, was sich machen läßt. Versuchen Sie inzwischen, Ihr Gleichgewicht
wiederzufinden, Mademoiselle, und geben Sie die Hoffnung nicht auf! Ich halte
Sie auf dem laufenden.“
Ich war drauf und dran, ihr zu sagen, daß sie
Prunier kein Geld hätte geben und sich keine Sorgen hätte machen müssen. Das
Damoklesschwert, das über ihr geschwebt hatte, war aus Holz gewesen. Marguerite
Chevry hatte sich nicht nur in Rita Cargelo verwandelt, sondern auch physisch
verändert. Seit der Herstellung des Films war sie ein paar Jährchen älter
geworden. Aber dann dachte ich an das „besondere Kennzeichen“ von Geburt an,
von dem Louis Rigaud mir erzählt hatte. Solche unveränderlichen Merkmale können
hervorragend als Beweise dienen. Und ich dachte auch daran, daß die Opfer von
Erpressungen eins nicht wollen: Skandale! Also schluckte ich meine ohnehin
wenig galante Bemerkung hinunter und schwieg.
Zehn Minuten später war ich auf dem
Nachhauseweg. Kein Gendarm in Sicht. In Verrières hielt ich an einem Bistro an,
um Tabak zu kaufen. Es herrschte große Aufregung, man diskutierte den Erfolg
der Treibjagd. Denn die Polizeiaktion hatte Erfolg gehabt! Zwar war trotz
Aufbietung aller Kräfte nicht ein einziges weißes Haar des Professors gefunden
worden, aber dafür hatten die Polizeihunde eine Leiche ausgegraben.
Von Leichen hatte ich die Nase voll, und der
neue Tote war kein Familienangehöriger von mir. Also machte ich, daß ich
fortkam.
12
Das
schwarze Notizbuch
All das hatte viel Zeit in Anspruch genommen. Es
war schon nach acht, als ich endlich in der Agentur eintrudelte. Hélène wartete
nicht auf mich, aber sie hatte mir eine Nachricht hinterlassen: „Faroux
fuchsteufelswild. Ruft pausenlos an. Will Sie dringend sprechen. Sie sollen ihn
unbedingt in der Tour Pointue anrufen. Machte den Eindruck, als wolle er in
seinem Büro übernachten.“
Ich schickte Faroux gerade zum Teufel, als das
Telefon klingelte. Es war mein Freund Florimond Faroux, der Chef der Kripo. Und
so liebenswürdig!
„Kommen Sie sofort in die 36!“ schnauzte er.
„Hab mit Ihnen zu reden.“
„Kann das nicht warten?“ fragte ich.
„Soll ich Ihnen zwei Flics schicken?“ fragte er
zurück.
„Schon gut, ich komme.“
Was sollte das nun wieder?
Ich setzte mich in meinen Wagen und fuhr zum
Quai d’Orfèvres. Dort ließ man mich auf dem Flur warten. Das große Gebäude
hallte von außergewöhnlicher Aktivität wider. Inspektoren... ‘tschuldigung,
Polizeioffiziere trampelten durch die Korridore wie... Bullen. Ein Mann in
Handschellen, eskortiert von zwei stämmigen Flics, kam aus einem der Büros und
wurde abgeführt. Er blutete heftig aus der Nase. Vermutlich war er von einer
„aufgebrachten Menge“ durch die Mangel gedreht worden. Eine gemütliche
Atmosphäre herrschte hier!
Eine Tür wurde geöffnet.
„Kommen Sie rein!“ schnauzte Faroux.
Ich ging rein.
„Setzen Sie sich!“
Ich setzte mich. Faroux thronte hinter seinem
Schreibtisch, der wie immer mit Papierkram überhäuft war.
„Sie dürfen rauchen.“
Hörte sich an wie ein Befehl. Ich stopfte meine
Pfeife, zündete sie an und rauchte.
„Wie weit sind Sie mit dem Fall Clarimont?“
„Erledigt“, sagte ich und atmete auf. „Man hat
die Figuren zurückerstattet.“
Ich erklärte dem Kommissar, wie und wo. Dann
fügte ich untertänigst hinzu:
„Ich weiß, ich hätte den Insp... äh... den
Polizeioffizier Sébastien davon in Kenntnis setzen müssen, nachdem ich den
Gepäckschein eingelöst hatte, daß heißt, heute morgen. Ich hab’s nicht getan.
Tja... Hoffentlich ist er mir nicht böse
„Nein“, erwiderte Faroux. „Sollte mich wundern,
wenn er Ihnen
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