Im Schatten von Notre Dame
schamhafte Röte das Gesicht der Schönen überzog, mußte sie solche Worte doch schon oft gehört haben und besonders an diesem Ort darauf vorbereitet gewesen sein. Entweder war sie als Schauspielerin ebenso begnadet wie als Tänzerin, oder der stattliche Hauptmann bedeutete ihr mehr, als ich – und vielleicht auch sie – erwartet hatte. Ich spürte Eifersucht in mir aufsteigen und wunderte mich, war ich doch erstens nicht der unglückselige Gringoire und zweitens für Colette entflammt. Aber wer vermag die Irrun-gen des menschlichen Herzens zu ermessen!
Die beiden saßen neben der Lampe, die Falourdel dagelassenen hatte, auf der Holztruhe, und mit jedem seiner schmeichelhaften Sätze rückte der offensichtlich auch in den Gefechten der Liebe erfahrene Soldat seiner Angebeteten näher. Schließlich legte er seine kräftigen, aber gepflegten Hände, deren Gelenke von modischen Bänderzotteln umspielt wurden, auf die Arme der Esmeralda. Dort ruhten sie nur kurz, und dann begannen sie einen regelrechten Tanz auf dem süßen Leib, zu dem sein liebestolles Wortgeplätscher die Begleitung abgab.
Phoebus schien von seinem eigenen Gefasel berauscht und sprach, seine verschiedenen Liebschaften durcheinander werfend, die Zigeunerin mit dem Namen Goton an, ohne es zu bemerken.
Schon näherten sich die gierigen Finger den Brüsten, die sich spitz unter la Esmeraldas besticktem Busentuch wölbten, da rückte sie jäh an den äußersten Rand der Truhe und fragte: »Seid Ihr im Kampf auch so ungestüm, Herr Hauptmann?«
Empört warf er sich in die Brust. »Wie könnt Ihr das fragen, meine Liebste? Habe ich das nicht bewiesen, als ich Euch aus den Klauen dieses buckligen Ungeheuers rettete?«
Ihre großen Augen glänzten vor Verehrung und Anbetung. »O ja, das habt Ihr, edler Phoebus, in der Tat! Und man erzählt sich noch ganz andere Heldengeschichten von Euch.«
»Na, seht Ihr.« Er sprach wie ein ungeduldiger Vater zu seinem quen-gelnden Kind und rutschte wieder eng an sie heran. »Ihr könnt gewiß sein, daß ich in jeder Lage meinen Mann zu stehen vermag, im Angesicht des Todes oder in der Liebe.« Und er begann, ihr Mieder aufzuschnüren.
Die Eifersucht dörrte meine Kehle aus. Mit Mühe kämpfte ich gegen einen verräterischen Hustenreiz an. Was hätte ich darum gegeben, jetzt an der Stelle des Offiziers zu sein!
Das Mieder lockerte sich, und mühelos konnte Phoebus das Busentuch von den Schultern der Esmeralda ziehen, so tief nach unten, daß ihm ein freier Blick auf das feste, im Licht der Lampe golden schimmernde Fleisch der Brüste gewährt wurde. Als er danach greifen wollte, schlug sie ihm spielerisch auf die Finger und stand hastig auf.
»Was ziert Ihr Euch auf einmal? Bin ich Euch nicht fein genug? Oder liegt’s am Quartier? In Eurem Zigeunerwagen dürfte es kaum gemütlicher sein.«
La Esmeralda schlug die langen Wimpern nieder und sagte leise:
»Verzeiht, mein Tapferer, ich bin ein dummes Ding. Aber ich würde gern mehr über Eure Heldentaten hören, über das Blut, das Ihr in Kö-
nig Ludwigs Diensten vergossen habt.«
Ein Aufleuchten glitt über sein Gesicht. »Ah, ich verstehe. Das vergossene Blut meiner Feinde bringt das Eure erst recht in Wallung, wie, meine kleine, blutdürstige Bestie?«
Sie nickte heftig, während sie eine verführerische Mischung aus Scham und Verzückung auf ihr Gesicht zauberte. »Man sagt, Ihr habt Euch gestern am Justizpalast ausgezeichnet, als Ihr eine abgefeimte Bande, die es auf den Schatz des Königs abgesehen hatte, in die Flucht schlugt.«
»Worauf die Kerle es abgesehen hatten, ist sehr die Frage. Leider haben wir nicht alle erwischt, nur drei von ihnen fielen unter den Salven meiner Schützen.«
Die Zigeunerin reckte Kopf und Oberkörper vor, womit sie Phoebus erneut ihre halb entblößten Brüste darbot. »Stimmt es, liebster Phoebus, daß bei Eurer Heldentat Zauberei im Spiel war?«
Er lachte laut auf. »Seit wann sind des Königs Schützen mit den finsteren Mächten im Bunde?«
Genau das war die Frage, und gespannt lauschte ich auf das Weitere.
»Man sagt, Eure Kompanie sei so schnell am Justizpalast gewesen, daß es unmöglich mit rechten Dingen zugegangen sein kann.«
Auch Phoebus stand auf, legte seine Hände auf die nackten Schultern der Esmeralda und hauchte zwei Küsse auf die Wölbungen ihrer Brü-
ste. »Wäre ich ein Zauberer, würde ich meine Kunst darauf verwenden, Euch auf ewig in meinen Bann zu ziehen, meine goldige Blume.«
Sie ließ
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