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Im Schlauchboot durch die Unterwelt

Im Schlauchboot durch die Unterwelt

Titel: Im Schlauchboot durch die Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Ferngläser,
die Gaby und Klößchen umgehängt hatten. »Ihr postiert euch dort bei dem Felsen
und beobachtet bis hin zur Kurve. Ich düse hinter der Kurve den Rest der
Strecke ab und...«
    Er sprach nicht weiter, denn
aus dem Waldstück stadtwärts kam ein Langläufer hervor und glitt heran mit
kräftigem Doppelschub seiner Skistöcke.
    Der Typ war hager, etwa 40 und
hatte vor Anstrengung Kniffe im Gesicht. In seiner äußeren Brusttasche steckte
ein Handy.
    »Den kenne ich«, flüsterte
Gaby. »Norbert Hechel. Hat Ärger wegen Kleinkriminalität. Immer zu Weihnachten
wildert er junge Tannenbäume im Wald — bis zu 100 Stück — und verkauft sie dann
unter Ladenpreis.«
    Hm!, dachte Tim. Vielleicht entwickelt
er sich vom Holzdieb zum Erpresser. In so manchem steckt ja mehr als man denkt
— besonders an Charakterschwäche.
    Der Waldfrevler stoppte bei
ihnen. Ärgerlich sah er sie an. Sein Rucksack war offensichtlich leer.
    »Was macht ihr hier?«, blaffte
er. »Wisst ihr nicht, dass die Strecke gesperrt ist wegen der entsprungenen
Wölfe!«

    »Und Sie«, meinte Tim. »Für Sie
gilt das wohl nicht?«
    »Ich verstehe mich als Späher.
Sobald ich die Wölfe sehe, verständige ich das Forstamt.«
    »Genau das«, grinste Tim, »hat
auch uns in diese Eiswüste getrieben. Dienst am Mitmenschen und am wölfischen Schöpfungskameraden.
Ist doch toll, was?«
    »Frechheit!«, knurrte Hechel
und glitt weiter auf schmalen Latten.
    »Den behalte ich im Auge«,
zischelte Tim. »Handy hat er und nen Rucksack für die Beute. Vielleicht haben
wir den Fall schon gelöst. Also, Amigos, bis gleich. Hat jeder einen
Büffelleder-Knochen, falls die Wölfe kommen?«
    »Mir geben sie die Pfote«,
lächelte Gaby.
    Dann machte sich Tim mit
kraftvollen Schwüngen an die Verfolgung.
    Gerade eben verschwand Hechel
unter dicht stehenden Fichten.
    15.58 Uhr. In wenigen Minuten
würde der Intercity heranrasen.
     
    *
     
    Geld fiel vom Himmel.
    Der Koffer segelte durch die
schon dämmerige Winterluft und landete im Schnee.
    Der IC zischte weiter und Max
Pohl verharrte wie angewurzelt. Er war bestiefeit und trug Rucksack — ein
Wanderer, der offenbar von den Wölfen nichts wusste.
    »Haben Sie das gesehen?!«, rief
er Tim zu, der in diesem Moment unter den Bäumen hervorschoss. »Ein Koffer ist
aus dem Zug rausgefallen. Na, so was!«

    Tim sah, wie Hechel hinter der
nächsten Kurve verschwand. Blickte er sich um? Fummelte er an der Brusttasche,
um das Handy wegzustecken?
    »O Mann!«, wurde Pohl vom
TKKG-Häuptling angepfiffen. »Sie haben den Frohkauf-Erpresser verjagt. Gleich
hätte ich den Mistkerl auf frischer Tat ertappt, wenn er nämlich kehrtgemacht
hätte, um sich den Koffer zu krallen. Der ist voll Geld.«
    Pohl staunte mit Augen wie
Untertassen. »Bist du bei der Kripo?«
    »Nur Hobby-Detektiv. Und was
treiben Sie hier, Herr...?«
    »Po... äh... Pohl.« Tim spürte:
Das war ihm rausgerutscht. Er hatte es nicht sagen wollen. »Ich genieße die
Natur. Ich wandere. Jedes Wochenende wandere ich.«
    »Heute ist Mittwoch.«
    »Mittwochs auch. Da gebe ich
mir frei. Ich bin Tanzlehrer. Kurse gebe ich nur abends. Wie viel Geld ist da
drin?«
    Tim hatte den kleinen Koffer
ergriffen. Zahlenschloss. Von Gaby wusste er: 456 — war vereinbart. Er stellte
die Zahlen ein und — klick! — ging der Deckel auf.
    »Das sind ja mindestens fünf
Millionen!«, schrie Pohl. »Da kriege ich Finderlohn. Fünf Prozent! Zehn
Prozent! Ich beanspruche Finderlohn!«
    »Sie kriegen gar nichts«, sagte
Tim. »Der Koffer ist keine Fundsache.«
    Er blickte nach vorn. Hechel
kam zurück. Wollte er wenigstens einen Blick auf die entgangene Beute werfen?
    Nein! Er hechelte vorbei — und
hatte noch mehr Kniffe als vorhin im Gesicht.
     
    *
     
    »Eigentlich müsste ich euch die
Ohren lang ziehen«, meinte Kommissar Glockner und bemühte sich um eine strenge
Ernährer-Miene. »Aber eurem Geistesblitz verdankt der Frohkauf-Konzern die
Entlarvung des Erpressers. Max Pohl ist wirklich Tanzlehrer und scheint auf den
ersten Blick harmlos zu sein. Doch nach eurem Hinweis auf ihn haben wir bei der Haussuchung in seinem
Keller das Gift entdeckt. Es war versteckt hinter Tango-CDs, die er für seine
Tanzkurse braucht. Dein Auftauchen, Tim, hat ihm den Coup vermasselt. Hechel
ist unschuldig. Und die beiden Wölfe — damit ihr nicht auch noch nach denen
sucht — wurden vorhin eingefangen und wieder zum Wildpark gebracht.«
    »Kriegen wir Belohnung?«,
fragte

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