Im Schloss des spanischen Grafen
er mit beiden Händen in ihr Haar griff und sie küsste, bis sie atemlos war.
„Ich hatte Angst, dass du nicht kommen würdest.“ Die Erleichterung vibrierte durch sie hindurch wie eine angeschlagene Violinsaite.
„Por Dios! Getrennt zu schlafen hilft uns nicht weiter. Das haben wir bereits hinter uns, querida“, erinnerte er sie düster. „Während deiner ersten Schwangerschaftsmonate hätten wir genauso gut in verschiedenen Häusern leben können. Es hat alles nur noch schlimmer gemacht.“
Überglücklich, dass er hier war, schlüpfte sie wieder unter die Decke. „Das war deine Entscheidung, nicht meine“, neckte sie ihn herausfordernd.
Er runzelte die Stirn und begann, sich auszuziehen. „Es war keine freie Entscheidung, sondern eine Notwendigkeit.“ Damit verschwand er im Bad.
„Wieso Notwendigkeit?“, fragte sie, als er zurückkam und sich zu ihr ins Bett legte.
„Von Anfang an befürchtete Dr. Santos eine Fehlgeburt. Er war sehr offen zu mir. Du bist zierlich gebaut. Da wir zuerst dachten, es wäre nur ein Baby, gingen wir davon aus, dass es wohl ein sehr großes Baby sein musste. Die Freude über deine Schwangerschaft hielt nicht sehr lange bei mir an.“ Er schlang den Arm um sie und zog sie an sich. „Ich fühlte mich schuldig, weil ich dich einer solchen Gefahr ausgesetzt hatte.“
„Ich war nicht in Gefahr.“
„Das dachte ich aber, und da meine eigene Mutter im Kindbett starb, lastete der Gedanke schwer auf mir.“
Jemima dachte über seine Worte nach. Da war ihr Gynäkologe also zu ihrem Mann offener gewesen als zu ihr. Aber … stimmte das so? Ihr Spanisch war zu jener Zeit noch nicht besonders flüssig gewesen. Es war durchaus möglich, dass sie einiges von dem, was der Arzt zu ihr gesagt hatte, nicht verstanden hatte. Dass er seine Bedenken Alejandro mitgeteilt hatte, war ihr jedoch neu, ebenso, wie sie zum ersten Mal hörte, dass Alejandro so ernsthaft besorgt gewesen war.
Eine Falte erschien auf ihrer Stirn, als ihr ein ganz anderer Gedanke kam. „Heißt das, Dr. Santos hat dir geraten, auf Sex zu verzichten?“
„Warum sonst hätte ich wohl nicht mehr mit dir geschlafen?“, sagte er ihr leise ins Ohr und presste sie eng an sich. Der herbe Duft seiner Haut stieg ihr in die Nase, und sie erschauerte. „Ich bezog das andere Schlafzimmer nicht nur, weil ich bis spät in die Nacht arbeitete und dich nicht stören wollte, sondern vor allem, weil ich mir selbst nicht traute, wenn ich mit dir in einem Bett lag.“
„Warum hast du es mir nicht erklärt? Das konnte ich doch nicht ahnen …“
„Ich war doch dabei, als der Arzt uns warnte, vorsichtig zu sein und alles zu tun, damit die Schwangerschaft ohne Komplikationen verlaufen konnte. Und du hattest schon Blutungen gehabt“, rief er ihr in Erinnerung. „Was hätte ich dir denn noch erklären sollen? Es gab nichts zu sagen, uns blieb keine andere Wahl.“
In stiller Bitte um Verzeihung drückte Jemima einen Kuss auf seine Schulter. Sie war zutiefst erschüttert, wie falsch sie sein Verhalten gedeutet hatte. Der Schleier des Kummers und ihrer Unsicherheit hatte damals alles verzerrt. Sie hatte zwei und zwei zusammengezählt, und unterm Strich schien auch die Vier gestanden zu haben, aber sie hatte die Fakten völlig falsch interpretiert.
Alejandro war nicht von ihr gelangweilt gewesen, er hatte sie auch nicht absichtlich ignoriert. In einer schwierigen Zeit hatte er einfach nur die richtige Entscheidung getroffen und getan, was getan werden musste. Sie dagegen hatte mit ihrem Verhalten noch zu den Problemen beigetragen. Die Erkenntnis beschämte sie und machte ihr klar, wie viel reifer sie seither geworden war.
„Lass uns eine Vereinbarung treffen“, meinte Alejandro, das Kinn auf ihr Haar gestützt. „Halte dich von Marco fern. Du triffst dich nicht mit ihm, du redest nicht mit ihm. Das wird den Frieden sichern.“
Dieser unerwartete Vorschlag überrumpelte Jemima. Sie versteifte sich, dann holte sie tief Luft. „Einverstanden … wenn es das ist, was du willst.“
„Es muss so sein“, korrigierte er entschieden.
„Ich streite es ja gar nicht ab. Mir ist es so oder so egal. Kein Problem“, murmelte sie kleinlaut. Sie konnte merken, wie er sich entspannte. Mit einer Hand strich er ihr zärtlich über das Haar.
„Schlaf jetzt“, sagte er heiser. „Sonst bist du morgen früh zu müde, um aufzustehen und gemeinsam mit mir zu frühstücken. Ich muss nämlich morgen nach Sevilla zu einem Vorstandsmeeting
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