Im Schloss unserer Liebe
nicht traurig, Mama. Er wird dich wieder glücklich machen.“
Obwohl Kelly mit den Tränen kämpfte, hatte sie kein Verlangen danach, von Rafael aufgemuntert zu werden. Mit Rafael abzureisen machte alles noch schwieriger. Er verwirrte sie, und durch ihn wurde ihr bewusst, wie verletzbar sie war.
Am liebsten hätte sie kehrtgemacht. Doch sie ging tapfer weiter, trat durch das Tor und zwang sich, auf die Limousine zuzugehen, neben der Rafael bereits wartete.
Trotzig fuhr Kelly sich mit der Hand über die Augen. Sein mitfühlender Blick ärgerte sie.
„Hallo“, sagte er, kniete sich nieder zu Matty und umarmte ihn fest. Das trieb Kelly erneut die Tränen in die Augen. „Alles in Ordnung?“, fragte Rafael leise.
Sie schluckte. „Ja.“
Nachdem Pete ihr Gepäck im Kofferraum verstaut hatte, war es so weit. Kelly umarmte ihn zum endgültigen Abschied. Rafael und sie stiegen ein, und Matty, der schon Platz genommen hatte, rutschte dicht an seinen Onkel heran und ließ sich den Arm um die Schultern legen.
Kelly fühlte sich zurückgesetzt und ausgeschlossen.
Sie verschränkte die Arme vor der Brust und schwieg. Wie sollte sie fünf verlorene Jahre je wieder aufholen?
Und diesem Mann, diesem Rafael, durfte sie ihm wirklich trauen? Er sah umwerfend aus in seinem grauen Geschäftsanzug. Er war ein Prinz, ein de Boutaine. All das sprach gegen ihn.
„Sie haben sich also für Freizeitkleidung entschieden“, sagte er, als der Wagen in die Landstraße einbog.
„Wie bitte?“
„Es ist das erste Mal, dass ich Sie in Zivil sehe.“
„Sie meinen, in nichthistorischer Kleidung?“
„Genau.“
„Was gibt es daran auszusetzen?“
„Ich dachte, Sie würden etwas Formelleres tragen.“
„Was ich anhabe, ist gut genug.“ Trotzig schaute sie geradeaus.
Gestern Abend hatte sie lange darüber nachgedacht, was sie anziehen sollte, und sich dann entschlossen, mit ihrem Aussehen ein Bekenntnis abzulegen.
Früher, ja schon als kleines Mädchen, war sie verrückt nach hübschen Kleidern gewesen. Ihre Eltern hatten über die Eitelkeit ihrer Tochter den Kopf geschüttelt, ihr nur das Allernotwendigste gekauft und sie auch außerhalb des Unterrichts die Schuluniform tragen lassen.
An das, was sie sich von ihrem ersten Gehalt gekauft hatte, erinnerte Kelly sich noch genau. Es war ein feuerrotes kurzes Cocktailkleid gewesen. Sie hatte es geliebt und auch zu einem Dinner mit Kass getragen.
Die Zeit der hübschen Kleider war längst vorbei. Heute trug sie alte Jeans, einen übergroßen Pulli und ihre Arbeitsstiefel. Das Haar hatte sie zu einem Knoten zusammengebunden und sich nicht geschminkt.
So sah ihr Bekenntnis aus. Und es war ihr gleichgültig, wie es aufgenommen wurde.
„Mama hat fast alle Sachen in Kartons getan und in ein Lager bringen lassen“, mischte Matty sich ein.
Rafael runzelte die Stirn. „Aber wir hatten doch darüber gesprochen, dass Sie Ihre Sachen per Schiff schicken.“
„Warum sollte ich all das historische Zeug mitnehmen? Was ich brauche, habe ich dabei.“
Rafael räusperte sich. „Sie wandern mit einem Koffer nach Alp de Ciel aus?“
„Für den Sommer reicht der Inhalt aus. Für den Winter werde ich mir etwas dazukaufen müssen. Es gibt doch wohl noch Geschäfte in Ihrem Land.“
„Natürlich.“ Er sah sie unsicher an. „Aber sobald wir gelandet sind, werden Reporter auf uns warten. Haben Sie wenigstens einen Mantel dabei?“
„Einen Mantel?“ Kelly verzog spöttisch die Lippen. „So etwas besitze ich gar nicht. Brauche ich einen?“
„Nicht unbedingt einen Mantel, irgendetwas, damit man nicht sieht …“
„Was ich trage, ist passend.“
„Für Spaziergänge vielleicht. Aber nicht, um sich Ihrem Volk zu zeigen.“
Kelly lachte bitter auf. „Wessen Volk?“
„Sie sind immer noch Prinzessin von Alp de Ciel!“
„Nur dem Namen nach“, entgegnete sie. „Ich dachte, darin seien wir uns einig. Sie werden im Blitzlichtgewitter der Fotografen stehen. Deshalb tragen Sie, was Ihr Amt und Ihre Stellung erfordert, und ich trage Pulli und Jeans.“
„Aber hübsch sieht das nicht aus“, platzte Matty heraus.
„Ich muss nicht hübsch sein.“
„Aber du bist hübsch“, protestierte Matty. „Und du bist meine Mama.“
Ihr Sohn war enttäuscht. Damit hatte Kelly nicht gerechnet.
„Das können Sie dem Kind nicht antun“, sagte Rafael.
Kelly schluckte ihre Schuldgefühle hinunter. Was mutete sie ihrem Kind eigentlich zu? Dass sie sich nicht so kleidete, als wäre sie
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