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Im Schloss unserer Liebe

Im Schloss unserer Liebe

Titel: Im Schloss unserer Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Lennox
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Kelly wie durch einen Nebelschleier hindurch. Die Zeitverschiebung verstärkte das Gefühl von Unwirklichkeit. Doch irgendwie gelang es ihr, darauf zu achten, von vornherein auf ihrer Unabhängigkeit zu bestehen.
    Nach der offiziellen Begrüßung, nachdem Matty davongehüpft war, um weitere Freunde zu treffen, überall nach dem Rechten zu sehen und seine kleinen Souvenirs zu verteilen, zeigten Rafael und seine Mutter Kelly ihre Räume.
    Zu ihrem Entsetzen wollte man sie in derselben scheußlich überladenen Suite unterbringen wie damals, als sie auf Mattys Geburt gewartet hatte. Seit ihrer erzwungenen Abreise hatte sich nichts verändert. Sogar der Morgenrock, den sie damals als Wöchnerin getragen hatte, hing neben der Frisierkommode, gewaschen und gebügelt, als sollte sie ihn wieder tragen.
    Kelly zuckte zurück. Nein, nein, nein!
    Rafael zog irritiert die Brauen hoch. „Etwas Besseres können wir Ihnen nicht bieten. Dies sind die Räume, die der Frau des Fürsten zustehen.“
    „Heiraten Sie, und lassen Sie Ihre Gattin hier einziehen“, sagte Kelly spitz und schaute mit Abscheu auf die Vergoldungen, die Kronleuchter, den purpurnen Samt. „Hier würde ich mich wie eine lebendig begrabene Witwe fühlen. So möchte ich nicht leben.“
    „Aber …“
    „Versuch nicht, ihr den Prunk aufzuschwatzen, Rafael. Sie mag ihn nicht“, unterbrach ihn Laura. „Ich kann Sie verstehen, Kelly. Wo ich lebe, gibt es keine unnütze Pracht. Leider kann ich das Witwenhaus nicht mit Ihnen teilen. Es ist zu klein für uns beide.“
    „Meine Mutter braucht Platz zum Malen“, erklärte Rafael überflüssigerweise und sah seine Mutter liebevoll an. „Früher hatte der Witwensitz fünf Schlafräume, heute gibt es dort fünf Ateliers. In einem davon steht auch das Bett meiner Mutter.“ Dann bemerkte er, dass Kelly ernsthaft bedrückt war. „Die Prinzessin möchte in einer Dachkammer leben“, sagte er augenzwinkernd. „Mama, weißt du, welche unserer Dachkammern ansehnlich sind?“
    Matty stand eine eigene Etage im Seitenflügel zur Verfügung. Darüber befanden sich zwei Zimmer im Dachgeschoss, deren Fenster nach Süden gingen. „Hier hat bestimmt einmal eine unverheiratete Tante gewohnt“, sagte Laura, als Kelly sich dort umschaute. Die Zierdeckchen, Armschoner, Ohrensessel und vor allem das schmale Einzelbett kamen ihr wunderlich vor.
    „Es gefällt mir“, behauptete sie. „Hier möchte ich wohnen.“
    „Aber ein bequemeres Bett dürfen wir Ihnen wohl anbieten?“, fragte Rafael.
    Kelly nickte und bat auch um einen Schreibtisch mit Leselampe. Das Schlosspersonal schien verblüfft von ihren Wünschen, machte sich aber sofort daran, sie zu erfüllen.
    Bevor sie sich in ihrer Einsiedelei einrichten konnte, musste Kelly ihrem Sohn eine Gutenachtgeschichte vorlesen. „Das ist jetzt Ihre Aufgabe und nicht mehr meine“, sagte Laura freundlich.
    Nichts tat Kelly lieber. Voll Dankbarkeit stellte sie fest, dass Laura, Marguerite und Ellen sie darin unterstützten, für Matty als Mutter da zu sein.
    So setzte sie sich also im Kinderzimmer in einen Sessel vor dem Kamin und las vor. Irgendwann kletterte Matty auf ihren Schoß und schlief schließlich in ihren Armen ein. Das war so beglückend, dass sie fast ihre Einsiedlerpläne vergaß.
    Nachdem sie Matty ins Bett gebracht hatte, wurde sie zum Abendessen gebeten. Mit Abscheu erinnerte sich Kelly an das beklemmende Schweigen während der Mahlzeiten in dem weitläufigen, pompösen Speisesaal. Ab morgen wollte sie lieber allein essen.
    Doch Ellen führte sie nicht in das Prunkzimmer, sondern über Nebenkorridore und eine abgetretene Steintreppe hinunter in eine Küche. Sie war geräumig, und in ihrer Mitte stand ein alter hölzerner Tisch, an dem eine ganze Fußballmannschaft hätte Platz finden können.
    Dort saß Laura und butterte Toastscheiben, Rafael stand an der langen Anrichte und belegte sie.
    „Ich wollte Sie am ersten Abend gern selbst bewirten“, sagte Laura und lächelte. „Aber meine Küche ist klein. Außerdem vermuteten wir, dass Sie lieber in Mattys Nähe essen würden.“
    „In seiner Nähe?“ Kelly dachte an den langen Weg, den sie gerade zurückgelegt hatte.
    Rafael drehte sich zu ihr um. „Versuchen Sie, in den Maßstäben eines Schlosses zu rechnen … Haben Sie Appetit auf Sandwiches?“
    „Ja, wenn sie nicht auf silbernen Tellern serviert werden.“
    Laura zuckte zusammen. „Sagen Sie bloß nicht …“
    „Das war nur ein Scherz. Ich habe diese

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