Im siebten Himmel mit einem Vampir: Argeneau Vampir 10
flehte er sie an.
„Auf der Stelle”, knurrte sie. Sie war zu wütend, um sich noch irgendetwas von dem anzuhören, was er sagen wollte. Sie war wütend und verletzt, und am liebsten hätte sie irgendwas kaputtgeschlagen. Oder sie hätte heulen wollen. So oder so sollte er aber aus ihrem Haus verschwinden, bevor sie das eine oder das andere tat. Zu ihrer großen Erleichterung versuchte er nicht länger, auf sie einzureden, sondern atmete seufzend aus und machte kehrt.
Vom Fenster aus sah Sam ihm nach, bis er im benachbarten Cottage verschwunden war, dann wandte sie sich um und ließ ihren Blick durch das Zimmer schweifen. Sie musste sich mit irgendetwas beschäftigen, um sich abzulenken, dachte sie, und griff nach einem Buch, das auf dem Tisch lag. Sie holte aus und schleuderte es mit Wucht gegen die Wand, wo es den Bilderrahmen mit dem vor vielen Jahren aufgenommenen Familienfoto traf. Der Rahmen rutschte vom Haken und landete auf dem Boden, wo die Glasscheibe in unzählige Scherben zersplitterte. In dem Moment kamen Sam die Tränen.
Sie wandte sich von den vorwurfsvollen Blicken ihrer Familie ab und setzte sich im Schneidersitz aufs Sofa, nahm eines der Kissen und drückte es gegen ihre Brust, um das Gesicht darin versinken zu lassen, während sie laut zu schluchzen begann. Es kam ihr vor, als sei ihr das Herz gebrochen worden, und sie fürchtete, dass das nicht nur so ein Gefühl war.
„Du bist einfach gegangen?”, fragte Bricker ungläubig.
„Was hätte ich denn sonst tun sollen?”, knurrte Mortimer, während er in der Küche auf und ab ging. „Sie war so verletzt und so wütend, dass sie mir nicht zugehört hätte.”
Bricker sah kurz zu Decker, dann sagte er: „Du hättest weiter mit ihr reden müssen, um sie davon zu überzeugen, dass es kein Witz ist. Du hättest sie zu deiner Lebensgefährtin erklären müssen.”
Der jüngere Mann glaubte immer noch, dass man im Leben alles erreichen konnte, wenn man sich nur genügend dafür einsetzte. Aber nach achthundert Jahren wusste Mortimer, dass man für manche Dinge eben nicht kämpfen konnte, und dass es dann besser war, den Rückzug anzutreten und den anderen in Ruhe zu lassen. Frustriert schüttelte er den Kopf. „Mein Gott, Bricker, du kannst manchmal so jung sein.”
„Ja, und manchmal bist du so alt und starrsi.... ”
„Er hat recht, Bricker. In diesem Fall bringt es nichts, sie zum Zuhören zu zwingen”, unterbrach Decker ihn.
„Was?” Der junge Mann drehte sich erstaunt um. „Was soll er denn sonst machen? Sie wird.... ”
„.... weder ihm noch irgendwem sonst zuhören, solange wir sie nicht dazu bringen können, uns ihre Aufmerksamkeit zu schenken”, führte Decker den Satz zu Ende und ergänzte: „So wie ich das sehe, ist sie im Augenblick fest davon überzeugt, dass man mit ihr gespielt hat. Sie ist zu verletzt und zu wütend auf Mortimer, darum wird sie sich nichts anhören, was er ihr zu sagen hat.”
Bricker grübelte darüber nach und wandte sich schließlich an Mortimer. „Ich könnte versuchen, für dich ein gutes Wort einzulegen.”
Sein Zorn auf den Mann ließ ein wenig nach, trotzdem schüttelte er den Kopf. „Im Moment hält sie uns beide für Drecksäcke.”
„Dann kann ich einspringen”, schlug Decker vor. Mortimer schloss die Augen. Er hatte wirklich gute Freunde.
„Danke”, erwiderte er und versuchte zugleich, sich keinen Hoffnungen hinzugeben. Decker würde es vielleicht auch nicht gelingen, Sam zum Zuhören zu bewegen. Wahrscheinlich hielt sie ihn auch für einen Drecksack.
„Und wann willst du.... ?”
„Jetzt”, erklärte Decker und verließ das Cottage.
Mortimer ging bis zur Tür und sah dem anderen Unsterblichen nach, als er hinüber zum Nachbargrundstück ging. Ihm war bewusst, dass seine Zukunft in den Händen dieses Mannes lag.
17
Sam hatte inzwischen aufgehört zu weinen und hob den Kopf, als es an der Tür klopfte. Sie saß noch immer zusammengekauert auf dem Sofa und hielt das Kissen an sich gedrückt. Doch als sie erkannte, dass es Decker war, der draußen vor der Fliegengittertür stand, kochte die Wut wieder in ihr hoch.
Offenbar hatten die drei von nebenan ihren kleinen Scherz noch nicht bis zum Ende durchgespielt. „Was willst du?”, fauchte sie den Mann an.
„Reden.” Er kam herein, ohne auf ihre Aufforderung zu warten, und blieb stehen, um sie anzusehen.
Trotzig hob sie das Kinn, da sie wusste, dass er ihr die vergossenen Tränen ansehen konnte. Nach sekundenlangem
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