Im Sog der Sinnlichkeit
Stück davon mit großem Genuss schmecken lassen, ohne einen Gedanken an die Folgen zu verschwenden.
Emma empfing sie mit besorgter Miene. „Wo bist du gewesen?“
Melisande überreichte ihr die Gebäckschachtel und legte Hut und Handschuhe auf die Konsole in der Eingangshalle. Die Mädchen, die sie als Haushaltshilfen ausbildete, waren noch nicht soweit geschult, um zur Stelle zu sein, wenn jemand das Haus betrat. Nur Betsey, die Jüngste, bemühte sich eifrig, alles richtig zu machen. Einige Frauen, die ihre Ausbildung bereits abgeschlossen hatten, hatte Melisande in guten Häusern untergebracht, und sie würden sich in ihrem neuen ordentlichen Leben hoffentlich bewähren. Aber Melisande hatte im Moment andere Sorgen. „Bei Rohan“, antwortete sie. „Er hat mir seine Unterstützung zugesagt.“
Emma quittierte ihre Antwort schweigend, und Melisande stutzte. „Hast du Einwände dagegen? Gibt es einen Grund dafür?“
„Nun ja, ich halte einen Rohan nicht gerade für die beste Wahl, um dem Satanischen Bund das Handwerk zu legen“, antwortete Emma bedächtig. „Zumal seine Vorfahren zu den Gründervätern gezählt haben sollen.“
„Gerade deshalb halte ich Viscount Rohan für die richtige Wahl. Er ist mit den Gepflogenheiten der Organisation vertraut und kennt die meisten Mitglieder, auch wenn er momentan nichts mit ihnen zu tun hat, wie es scheint.“ Sie wischte sich einen Krümel vom grauen Wollrock.
„Und woher willst du das wissen?“
„Weil er es mir gesagt hat. Hätte ich ihm nicht glauben dürfen?“
„Es wäre mir neu, dass du den Worten eines Mannes Glauben schenkst“, antwortete Emma zurückhaltend.
Melisande betrachtete die Freundin nachdenklich. Emma war eine schöne Frau, allerdings weit entfernt von der grell geschminkten, von schwerem Parfum umwehten Bordellwirtin, die Melisande vor zwei Jahren auf der Straße vor ihrem Freudenhaus kennengelernt hatte. Emmas tadellose Manieren und ihre gepflegte Redeweise waren keineswegs angelernt und deuteten auf ihre vornehme Herkunft hin. Aber sie sprach nie über ihre Vergangenheit, und Melisande war zu klug, um Fragen zu stellen. Zur rechten Zeit würde Emma sich ihr anvertrauen, und letztlich war es ohne Bedeutung.
„Ich weiß ebenso gut wie du, dass Männer nicht vertrauenswürdig sind“, antwortete sie. „Aber in diesem Fall glaube ich ihm. Er war aufrichtig schockiert, als ich ihm berichtete, was die Schurken vorhaben.“ Sie machte eine Pause. „Nun ja, vielleicht nicht schockiert … erbost und überrascht wäre die passendere Beschreibung. Und er war zunächst nicht bereit, dagegen einzuschreiten, bis ich ihm eröffnete, dass sein jüngster Bruder an den schmutzigen Exzessen beteiligt ist.“
„Und er glaubte dir?“
„Er hat seine Zweifel. Aber er ist bereit, mir zu helfen. Und das bedeutet, ich habe heute Abend eine Verabredung.“
Emma zog die Brauen hoch. „Mit Viscount Rohan?“
„Nicht nur mit ihm. Ich begleite ihn zu einer Soiree bei Lord und Lady Elsmere. Er meinte, wenn jemand etwas mit dem Bund zu tun hat, dann dieses Paar. Und die Abendgesellschaft ist ein guter Anfang. Möglicherweise kann er ihnen eine Auskunft über die bevorstehende Orgie in der Vollmondnacht entlocken. Vielleicht erfahren wir die Namen anderer Mitglieder. Zumindest ist es ein Anfang und allemal den Versuch wert.“
„Verstehe.“ Emma trat einen Schritt zurück und musterte sie. „Du hast also vor, dich in Rohans Begleitung in die vornehme Gesellschaft zu begeben. Welches Kleid wirst du tragen?“
„Darüber habe ich noch nicht nachgedacht“, log sie und strich sich eine Locke hinters Ohr. „Irgendwas aus meiner Ballsaison.“
„Grundgütiger!“, murmelte Emma. „Wir haben alle Hände voll zu tun.“ Und dann erhob sie die Stimme. „Mädchen! Rasch! Es gibt Arbeit!“
Im Nu stürmte die Gänseschar herbei, sie hatten wohl an der Tür gelauscht, wie Melisande vermutete. Benedick Rohan hatte den Ausdruck geprägt, der auf die schnatternden und kichernden Mädchen durchaus zutraf. Gänse bewohnten zwar keinen Taubenschlag, aber damit hatte sie sich bereits abgefunden, auch damit, dass sie hinter ihrem Rücken Charity Carstairs genannt wurde. Allerdings hoffte sie, Rohan würde seine Bezeichnung für ihre gefallenen Mädchen nicht in Umlauf bringen. Sie hatte genügend Schwierigkeiten, mit ihrer Aufgabe ernst genommen zu werden.
Die nächsten Stunden vergingen in hektischer und lärmender Betriebsamkeit. Melisande wurde in den
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