Im Sog der Sinnlichkeit
nicht einen Komplizen. Immerhin könnte Rohan ein falsches Spiel mit ihr treiben und nur vortäuschen, ihr zu helfen. Wenn er selbst Mitglied dieses Geheimbundes war, könnte er versuchen, sie von ihrer Mission abzulenken. Vielleicht versprach er sich auch Erfolg bei ihr, indem er vorgab, sie zu unterstützen.
Sie wandte sich wieder an Lady Elsmere. „Mein Privatleben hat nichts zu tun mit meinem wohltätigen Gewissen, Lady Elsmere. Und ich muss gestehen, Lord Rohan hat mir eine völlig neue Welt der Erfahrungen eröffnet, die mir höchsten Genuss bereitet.“ Grundgütiger, diese Worte brannten ihr in der Kehle, und sie wünschte, den bitteren Geschmack fortspülen zu können! Allerdings war sie rasch zur Einsicht gekommen, dass Rohan recht hatte: Als Liebespaar aufzutreten war ihre einzige Chance, wichtige Informationen zu erhalten. Kein Mensch würde glauben, sie sei lediglich mit ihm befreundet, schon gar nicht, nachdem er sie auf so intime Weise bedrängt hatte. Aber auch das war im Grunde richtig gewesen. Hätte er sie nicht vertraulich an sich gepresst, hätte sie sich im letzten Moment vermutlich gesträubt und die Flucht ergriffen. Oder Harry Merton hätte sein Interesse daran bekundet, ‚ihren Acker zu pflügen‘, wie der abscheuliche Mensch sich ausgedrückt hatte.
Merton war im Grunde genommen ein attraktiver Mann Anfang dreißig mit strahlenden Augen und einem sonnigen Lächeln. Er hatte außerdem den Eindruck gemacht, ziemlich betrunken zu sein, wobei Melisande ihm das nicht recht glauben mochte. In seinem Blick lag eine gewisse Schärfe, die nicht zu seinem einfältigen Lächeln zu passen schien. Vielleicht war Harry Merton gar nicht der affige Geck, den er versuchte, zur Schau zu stellen.
Lady Elsmeres Lachen war … nicht anders als lüstern zu nennen. „Ich beneide Sie, mein Kind. „Ich würde zu gern von Lord Rohans Vitalität kosten.“
Sie durfte nichts überstürzen. Der Satanische Bund war eine Geheimloge, zu der man Charity Carstairs niemals Zutritt gewähren würde, wenn man sich nicht absolut sicher wäre, dass sie ihre Lebensweise völlig geändert hatte. Die Vorstellung, dass diese vulgäre Matrone Rohan lüstern begrapschte, verursachte ihr Übelkeit. Auch der Gedanke, dass irgendeine andere Frau Rohan berührte, versetzte ihr einen Stich, was ihr völlig unerklärlich war. Ausgerechnet ihr musste das passieren, ihr, die sich eines stets besonnenen Gemüts rühmte. Aber Viscount Rohan hatte die verflixte Gabe, sie aus der Fassung zu bringen.
Sie wollte sich nicht näher damit beschäftigen und erwiderte das schlüpfrige Lächeln der Matrone. „Im Moment gehört er nur mir.“
„In der Tat, nur dir, mein Herz.“ Seine Stimme ertönte hinter ihr, und sie spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen stieg. Er legte seine großen Hände an ihre bloßen Schultern, seine Finger strichen knapp über ihrem Busenansatz entlang.
Mit einem spitzen Schrei sprang Melisande auf und fürchtete, er würde sie daran hindern. Er aber ließ sie gewähren und schenkte ihr ein träges ironisches Lächeln. Sie fragte sich, ob er es ebenso ungerührt hinnähme, wenn sie ihm ihren Ellbogen zwischen die Rippen stieß. Seine Zehen hatten ihren ersten Angriff offenbar heil überstanden.
Auch dieser befremdliche und erschreckende Hang zur Bosheit war ihr neu. Sie holte tief Atem, um ihre Balance wiederzufinden. Rohan trat neben sie, schlang einen Arm um ihre Taille, wobei seine Hand schockierend intim die Unterseite ihrer Brust streifte. Sie wagte kaum zu atmen, als er sich zu ihr neigte und ihr etwas ins Ohr flüsterte – für Außenstehende sah es gewiss nach einer Zärtlichkeit aus, nicht nach einer Warnung. „Vergessen Sie nicht, Charity, wir sind ein Liebespaar. Bemühen Sie sich, diese Rolle zu spielen, sonst sehe ich mich gezwungen, einen drastischen Beweis zu erbringen.“
Sie hob den Fuß, doch diesmal wich er geschickt aus. „Kommen Sie, Lord Elsmere möchte mit Ihnen tanzen. Ich warnte ihn zwar, dass er seine liebe Mühe haben wird, aber er ist bereit, sich der Herausforderung zu stellen. Achten Sie nur darauf, dass seine Hände nicht auf Wanderschaft gehen, und lassen Sie sich von ihm nicht in einen dunklen Winkel entführen.“
„Aber ich will nicht …“
„Lord Elsmere! Lady Carstairs versichert mir soeben, wie gerne sie mit Ihnen tanzt. Aber seien Sie nachsichtig mit ihr, sie ist keine besonders geübte Tänzerin.“
Was für ein abscheulicher Mensch! dachte sie, während sie
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