Im Sog der Sinnlichkeit
durchgedrücktem Rücken vor ihm, um die Berührung mit ihm zu vermeiden, wodurch sich ihre Schmerzen mit Sicherheit noch verstärkten. Das wollte er ihr nicht zumuten, und so legte er einen Arm um ihre Mitte und zog sie an seine Brust. „Entspannen Sie sich“, sagte er kühl. „Ich werde Sie kaum auf offener Straße belästigen, und Sie halten nicht lange durch, wenn Sie so verkrampft im Sattel sitzen. Beim nächsten Gasthaus halten wir an, und ich miete eine Droschke.“
„Nein“, entgegnete sie schroff. „Bringen Sie mich möglichst schnell nach Hause.“
Er verzichtete auf den Hinweis, dass wahrscheinlich bereits Klatsch über sie und ihn im Umlauf war, da sie mindestens zweimal zusammen in der Öffentlichkeit gesehen worden waren. Wenn sie nun gemeinsam auf einem Pferd durch die Stadt ritten, würde die Gerüchteküche brodeln, was Melisandes Wohltätigkeitsbestrebungen schaden könnte. Falls dem so wäre, würde er dafür sorgen, dass die Gerüchte verstummten, da er nicht dafür verantwortlich sein wollte, sie ihrer Lebensaufgabe zu berauben, auch wenn er der Ansicht war, dass sie auf verlorenem Posten kämpfte.
Vielleicht würden die Leute aber auch Charity Carstairs als menschliches Wesen mit Schwächen sehen und mehr Sympathien für ihre guten Werke aufbringen, so hoffte er zumindest. Er jedenfalls genoss es, ihren Rücken an seine Brust zu drücken und knapp unter ihrem fülligen Busen seinen Arm um sie zu schlingen. Ihm gefiel auch der Gedanke, dass die Klatschmäuler sie mit ihm in Verbindung brachten, was Melisande daran hindern würde, sich anderweitig umzusehen.
Ein solches Gerücht könnte sich allerdings auch gegen ihn richten. Wenn die vornehme Welt ihm eine Affäre mit Charity andichtete, würde sich das hinderlich auf seine Suche nach einer geeigneten Braut auswirken. Andererseits hatte man größere Nachsicht mit den Schwächen und Fehltritten von Männern, und er bezweifelte, dass ein falsches Gerücht seinen Plänen wirklich schaden könnte.
Selbst wenn dieses Gerücht eines Tages kein Gerücht mehr wäre.
Er wollte mit ihr schlafen. Dringend sogar. Das mochte an der erzwungenen Nähe liegen und an der erotischen Atmosphäre in der Höhle. Ein Mann kam bei dunklen Höhlen zwangsläufig auf erotische Gedanken, und es war nicht verwunderlich, dass ihn die Grotte erregt hatte, zumal sie in ihrem Versteck gezwungen waren, sich eng aneinander zu schmiegen.
Sobald er Melisande losgeworden war, würde er sich angenehmerer weiblicher Gesellschaft zuwenden. Trotz ihrer hartnäckigen Bemühungen gab es noch eine Reihe schöner und williger Liebesdienerinnen in der Stadt, eine von ihnen würde gerne das Bett heute Nacht mit ihm teilen.
Aber er sollte nicht solchen Gedanken nachhängen, wenn Lady Carstairs verlockende Rundungen sich gegen seinen Schwanz pressten, mit dem sie bereits Bekanntschaft gemacht hatte, zunächst im Schlaf, als sie ihn im Traum gestreichelt hatte, und später in der Lustgrotte.
Also dachte er an kalte Regenschauer, an Krieg und andere Scheußlichkeiten, um sich abzulenken.
Er machte einen Umweg zu ihrem Haus in der King Street. Die Wahrscheinlichkeit, von neugierigen Menschen nicht gesehen zu werden, war zwar gering, aber zumindest wurden sie nicht von irgendwelchen Bekannten angesprochen.
Es war spät geworden, als sie den Taubenschlag erreichten, und ihre schnatternden Schutzbefohlenen hielten bereits Ausschau nach ihr. Zu seinem Entsetzen stürmten an die zwanzig Gänschen mit wehenden Röcken aus der Eingangspforte.
Er schwang sich aus dem Sattel und hob Melisande vom Pferd. „Gibt es hier jemand, der sich um die Pferde kümmert?“, knurrte er, während er sie die steinernen Stufen hinauftrug und hoffte, dass sich wenigstens eine der Frauen im Umgang mit Pferden auskannte, um sie zu versorgen. In der Eingangshalle eilte ihnen Emma Cadbury entgegen, die frühere Besitzerin des feudalsten Bordells der Stadt. Ihr schönes Gesicht war ungeschminkt, Frisur und Kleid waren schlicht und schmucklos.
„Was ist geschehen?“, fragte sie mit besorgter Miene.
„Ich bin gestürzt“, antwortete Melisande, die ersten Worte, die sie seit Stunden von sich gab.
„Wo ist ihr Schlafzimmer?“
„Sie bringen mich nicht in mein Schlafzimmer!“
„Doch, das tue ich. Lassen Sie einen Arzt kommen, Mrs Cadbury. Ich glaube zwar nicht, dass ihr Fuß gebrochen ist, aber ich könnte mich irren. Auf alle Fälle muss der Fuß hochgelegt, gekühlt und bandagiert werden“,
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