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Im Sommer der Sturme

Im Sommer der Sturme

Titel: Im Sommer der Sturme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gantt DeVa
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jedem ein Glas ein und setzte sich dann in den Sessel neben Colette.
    Wieder richtete Colette den Blick auf Charmaine. »Darf ich Sie nach Ihrem Lebenslauf fragen, Miss Ryan?«
    »Nennen Sie mich doch bitte Charmaine.«
    »Nun gut, Charmaine, wo waren Sie bisher angestellt?«
    »Die vergangenen drei Jahre seit meinem fünfzehnten Geburtstag habe ich für Mrs. Harrington gearbeitet.«
    »Und was waren Ihre Pflichten?«
    »Meistens war ich ihre Gesellschafterin.«
    »Und bevor Sie dort gearbeitet haben?«
    »Davor bin ich in Richmond zur Schule gegangen. Außer den üblichen Fähigkeiten wie Lesen, Schreiben und Mathematik verfüge ich noch über eine Menge anderer Kenntnisse.«
    »Welche Schule haben Sie besucht?«
    »Die Schule von St. Jude.«
    Colettes Augen leuchteten auf. »St. Jude Thaddeus … der Patron der Hoffnungslosen.«
    Charmaine war erstaunt. »Ja, aber das wissen die we nigsten.«
    »Die Hoffnungslosen schon«, hauchte Colette. »Sind Sie demnach römisch-katholisch, Charmaine?«
    »Ja. Meine Mutter war sehr gläubig, und ich versuche, ihrem Beispiel zu folgen.«
    Colette nickte beifällig. »Welche Fähigkeiten haben Sie außerdem? Vielleicht eine Ausbildung an einer Akademie für Ladys?«
    Charmaine zögerte ein wenig, doch sofort schaltete sich Loretta Harrington ein. »Charmaines Erziehung wurde während der Jahre in meinen Diensten fortgesetzt und vervollkommnet. Die Literatur und die Musik liebt sie besonders. Außerdem kann Charmaine wunderschön sticken und ihre eigenen Kleider nähen. Und sie kennt alle Tanzschritte und hat großes Talent zum Klavierspiel. Und nicht zuletzt verfügt sie über ein einwandfreies Benehmen, sodass sie Ihren Töchtern ein Vorbild sein kann.«
    »Ich verstehe«, antwortete Colette. »Sprechen Sie auch Französisch?«
    Charmaine erschrak. »Muss ich das denn?«
    »Aber nein.« Colette lachte leise. »Das ist keine Bedingung. Ich habe nur gehofft, dass ich mich vielleicht ein wenig in meiner Muttersprache unterhalten könnte.«
    Charmaine seufzte, doch ihre Erleichterung währte nicht lange, denn nun ergriff wieder Agatha das Wort. »Es mag sein, dass dich mein Rat nicht interessiert, Colette, doch ich fände es passender, wenn du für die Erziehung deiner Töchter nach einer reiferen Person Ausschau hieltest. Vielleicht besitzt Miss Ryan ja all die Fähigkeiten, die Mrs. Harrington aufgezählt hat, aber das heißt nicht, dass sie auch über die Gabe verfügt, den Kindern diese Dinge nahezubringen. Ich gehe davon aus, dass in ihrer Ausbildung Kindererziehung bisher nicht vorgekommen ist. Mit Frederics Geld könntest du doch den besten Professor engagieren, der Pierre und die Mädchen unterrichtet. Warum überstürzt du diese Entscheidung so? Warum siehst du dich nicht zuvor noch in Europa um?«
    Charmaine sank in sich zusammen. So gesehen war Agathas Standpunkt vernünftig, und es gab nichts daran auszusetzen. Weshalb sollte Frederic Duvoisin jemanden wie sie einstellen, wenn er für sein Geld doch sehr viel mehr Fachwissen bekommen konnte? Paul Duvoisin ergriff als Nächster das Wort, und seine Feststellungen waren nicht weniger enttäuschend.
    »Vielleicht hat Agatha in diesem Fall wirklich recht, Colette. Zweifellos kann Vater die besten Lehrer gewinnen, die man für Geld bekommen kann, wie er es ja schon bei John, George und mir bewiesen hat. Wenn Pierre heranwächst, wird ihm das Wissen eines hervorragenden Lehrers von großem Nutzen sein. Weshalb also suchst du nicht einen Mann wie Professor Richards? Dank Roses Ehemann wurde uns eine umfangreiche Bildung zuteil, sodass wir bestens auf die Universität vorbereitet waren. Miss Ryan hat dagegen nur drei Jahre lang als Gesellschafterin einer Lady Erfahrungen gesammelt. Trotz all ihrer Bildung – wo ist ihre Erfahrung im Umgang mit Kindern? Meiner Meinung nach ist diese nicht vorhanden.«
    »Ganz im Gegenteil«, widersprach ihm Loretta energisch. Die Unterredung lief in die falsche Richtung, und es war an der Zeit, dass sie eingriff. »Charmaine hat sogar öfter mehrere Tage ganz allein für meine Enkelkinder gesorgt. Im Umgang mit den Kindern war sie immer sehr umsichtig und geschickt. Die Kindern betteln ständig um einen Besuch bei mir, damit sie mit Charmaine zusammen sein können.«
    Einen kurzen Augenblick lang war Charmaine überrascht, was Paul nicht entging. So so, Loretta Harrington spielt also ein Spielchen. Nun gut, das kann ich auch. »Für eine andere Stelle«, sagte er, und seine Augen blitzten,

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