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Im Sommer der Sturme

Im Sommer der Sturme

Titel: Im Sommer der Sturme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gantt DeVa
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Zeit leer. Es sei denn, mein Vater hat Gäste.«
    »Ich verstehe.« Sie bemerkte einen Flur, der entlang der Frontseite des Hauses verlief und die beiden Seitenflügel miteinander verband. Auf ihm öffneten sich zehn Türen.
    Pauls Augen folgten ihrem staunenden Blick. »Die Räume auf der Vorderseite des Hauses sind nach Osten und damit zur Morgensonne hin ausgerichtet – zum Beispiel das frühere Zimmer meines Bruders« – er deutete auf eine nicht weit entfernte Tür – »und daran anschließend liegen das Schlaf- und das Spielzimmer der Kinder gegenüber dem südlichen Flügel. Hier entlang«, sagte er und geleitete Charmaine in den Korridor des südlichen Trakts.
    Inzwischen hatte sich Charmaine an seine Stimme ge wöhnt. »Und wo befindet sich Ihr Zimmer?«, fragte sie spontan.
    Falls er die Frage vorlaut fand, so ließ er sich das nicht anmerken. »Wir sind gerade daran vorbeigekommen. Sie liegen weiter vorn, gleich gegenüber der Treppe.«
    »Haben Sie denn mehr als nur eines?«
    »Ja, ein Schlafzimmer und einen Ankleideraum. Die meisten Räume im Obergeschoss sind großzügig gestaltet, um den Bewohnern Platz und Freiheit zu geben.«
    Angesichts der Ausmaße konnte Charmaine nur staunen. »Freiheit wovon?«
    »Um sich zum Beispiel von der Welt zurückzuziehen, wenn es einem gefällt. Wer sich anders entscheidet, kann im Salon ein Ankleidezimmer einrichten, wie ich es bevorzuge.«
    »Zum Glück flüchten Sie nicht vor der Welt«, bemerkte sie vielleicht ein wenig zu euphorisch.
    Am Ende des Gangs drehte sich Paul um und lächelte schelmisch. Er war ihr so nahe, dass sie die dunklen Punkte in seinen olivgrünen Augen sehen konnte.
    »O nein, das käme mir nicht in den Sinn«, versicherte er leise. »Sind Sie bereit?« Er sah zur letzten Tür auf der linken Seite hinüber. Als sie nickte, klopfte er, und auf Colettes Aufforderung hin betraten sie den Salon der Hausherrin.
    Der Raum war elegant möbliert, aber von Großspurigkeit keine Spur. Ein paar Möbelstücke von erlesener Schönheit zogen sofort den Blick auf sich. In der Mitte des Salons lag das kleinere Gegenstück des prächtigen Orientteppichs im Wohnraum. Auf einer Seite stand eine Ottomane mit hoher Rückenlehne, davor ein kleiner Tisch mit Marmorplatte, und zwei Mahagonistühle vollendeten die Runde. Die Wand gegenüber wurde von einem großen Schrank beherrscht, eine Vase mit frisch geschnittenen Blumen schmückte die Kommode, und auf dem Frisiertisch daneben stand eine kostbare Schmuckschatulle. An der Wand zwischen beiden Fenstertüren hatte der Sekretär seinen Platz gefunden, und Colette hatte den Stuhl so zur Seite geschoben, dass sie genau vor einer der offenen Glastüren saß.
    Sie ließ Charmaine einen Augenblick lang Zeit, um den Raum auf sich wirken zu lassen, bevor sie aufstand und ihrem Gast einen Platz auf dem Sofa anbot. Paul verabschiedete sich, damit sich die beiden unter vier Augen unterhalten konnten, wie Colette es in ihrem Brief versprochen hatte.
    Sie unterhielten sich fast eine Stunde lang – ohne Kinder, aber auch ohne eine Begegnung mit dem Hausherrn. Nach Charmaines Ansicht hatte Mrs. Duvoisin dieses Treffen nur gewünscht, um ihr die Ängste zu nehmen und ihr deutlich zu machen, dass sie als Mutter am Leben ihrer Kinder teilhaben wollte, soweit ihre Gesundheit das erlaubte.
    »Verzeihen Sie meine Neugier, Mrs. Duvoisin«, wagte Charmaine schließlich zu fragen, »unter welcher Krankheit leiden Sie eigentlich?«
    Colette beugte sich nach vorn. »Ich bestehe darauf, dass Sie mich Colette nennen.«
    »Sehr gern, Colette.«
    »Eigentlich ist es keine wirkliche Krankheit. Die Geburt der Mädchen war schwer, und auf Anraten meines Arztes sollte ich keine weiteren Kinder mehr bekommen. Als ich feststellte, dass ich erneut schwanger war, waren alle sehr besorgt. Zum Glück war die Geburt meines Sohnes jedoch sehr leicht. Aber als ich zu Beginn dieses Jahres erkrankte, machte Dr. Blackford die Strapazen der Schwangerschaft mit Pierre dafür verantwortlich, dass sich die unbekannte Krankheit nicht gut behandeln ließ. Ich fürchte, ich muss ihm recht geben, denn ich muss mich noch immer erholen. Doch Robert ist optimistisch und prophezeit mir Besserung, wenn ich mich nicht überanstrenge. Die tägliche Messe wurde mir gestrichen, ebenso die Ausflüge in die Stadt, und man riet mir, eine Gouvernante einzustellen. Nun, da ich alle Bedingungen erfüllt habe, lege ich den Rest in Gottes Hand.«
    Charmaine verharrte sprachlos auf

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