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Im Sommer der Sturme

Im Sommer der Sturme

Titel: Im Sommer der Sturme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gantt DeVa
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fauchte Charmaine, »und irgendwann werden Sie Ihre Worte zurücknehmen.«
    Er lachte herzlich, was Pierre mit einem Quietschen quittierte. Charmaine wurde immer zorniger und musste regelrecht an sich halten, um nicht nach vorn zu treten und ihm den spöttischen Ausdruck aus dem Gesicht zu schlagen.
    Paul bemerkte ihren Zorn. »Meiner Ansicht nach haben Sie Ihren Wert für meine Familie bereits unter Beweis gestellt, Miss Ryan. Was die Kinder betrifft, so haben Sie Ihre Pflicht bestens erfüllt. Besonders was Yvette angeht.«
    Diese Worte kamen völlig unerwartet. Und sie klangen aufrichtig. Sie wusste nicht recht, was sie sagen sollte.
    »Nehmen Sie mein Lob an?«, fragte er mit schiefem Grinsen.
    »Ja, Sir«, antwortete Charmaine mit rauer Stimme.
    »Warum sagen Sie nicht einfach Paul zu mir? Natürlich nur, wenn ich Sie auch mit dem Vornamen anreden darf. Auf Charmantes sind wir nicht ganz so förmlich wie die gute Gesellschaft in Richmond. Und einfacher auszusprechen ist der Name außerdem.«
    Dieser kleine Stachel verlockte sie zu einer Antwort. »Also gut, Paul.«
    »Charmaine«, erwiderte er mit einer kleinen Verbeugung. »Nun gut, Charmaine , dann wollen wir Pierre jetzt wieder ins Kinderzimmer bringen. Wir wollen Mrs. Faraday ja nicht in Verlegenheit bringen, wenn sie uns allein in meinem Schlafzimmer überrascht.«
    Wieder röteten sich Charmaines Wangen, und Paul lachte leise in sich hinein. Ein paar Minuten später lag der Kleine wieder in seinem Bettchen, und Paul war fort. Charmaine bebte innerlich noch über eine Stunde und fühlte sich angenehm erregt. Paul hatte sie gelobt. Endlich hatte er sie gelobt!
    Später am Nachmittag kamen Loretta und Gwendolyn zu Besuch. Sie verbrachten fast eine ganze Stunde bei den Säulen, wo die Mädchen und Pierre Verstecken spielten. Gwendolyn wäre fast in Ohnmacht gefallen, als irgend wann Paul aus dem Haus trat und sie grüßte. Er ging zum Stall und dem Unterstand für die Wagen südlich der großen Wiese hinüber. Als er außer Hörweite war, flüsterte sie: »Was musst du glücklich sein, Charmaine!«
    Loretta Harrington war weniger begeistert. »Charmaine sollte lieber einen kühlen Kopf bewahren.«
    »Keine Sorge, Mrs. Harrington. Ich bin nur eine Gouvernante, aber träumen ist doch nicht verboten.«
    »Solange es beim Träumen bleibt.«
    Am Abend war Charmaines erste Woche bei den Duvoisins vollendet. Als sie die Mädchen ins Bett brachte, flüsterte Yvette ihr zu: »Sie haben meinen Brief noch nicht vergessen, oder?«
    »Nein, habe ich nicht«, flüsterte Charmaine.
    »Das ist gut. Ich bin nämlich seit gestern fertig. Ich habe sogar ein Bild gemalt! Wann fahren Ihre Freunde nach Richmond?«
    »Wahrscheinlich erst in einer Woche. Zuerst einmal muss ein Schiff im Hafen anlegen. Auf jeden Fall habe ich unsere Abmachung nicht vergessen. Lässt du mich den Brief morgen lesen?«
    Yvette riss die Augen auf. »Überhaupt nicht! Der ist doch privat.«
    Charmaine lachte und gab ihr einen Kuss. »Du hast dich eine Woche lang vorbildlich betragen, Yvette. Ich hoffe, das bleibt auch so, wenn dein Brief die Insel verlassen hat.«
    »Keine Sorge, Mademoiselle.« Yvette gähnte. »Ich mag Sie, also benehme ich mich.« Mit einem zufriedenen Lächeln kuschelte sie sich unter ihre Decke.
    Jeannette schlief bereits, aber Pierre war eigensinnig. Er weinte und jammerte nach seiner Mutter, die er die meiste Zeit des Tages nicht gesehen hatte. Zum Glück kam Colette, auch wenn sie geisterhaft blass war und kaum laufen konnte. Es sah nicht danach aus, als ob ihr Dr. Blackfords samstäglicher Besuch sonderlich gutgetan hätte. Sie blieb nur so lange, bis sie ihren Sohn in den Schlaf gewiegt hatte, und Charmaine beschloss, die Sache mit dem Brief erst dann mit ihr zu erörtern, wenn es ihr wieder besser ging.
    Montag, 26. September 1836
    Charmaines zweite Woche begann ziemlich genau wie die erste, nur dass sie inzwischen Pauls Respekt gewonnen hatte. Während der ersten Woche hatte sein immer gleiches Guten Morgen, Miss Ryan oder Guten Abend, Miss Ryan sie schon glauben lassen, dass der Mann nur höflich und nicht wirklich freundlich sein konnte. Aber am Sonntag hatte sich das geändert. Sie lächelte bei der Erinnerung. Am Montagabend hatte sie sich bereits an die neue Anrede gewöhnt und freute sich, wenn er sie Charmaine nannte und sich liebenswürdig erkundigte, wie sie den Tag mit den Kindern verbracht hatte.
    Ihre neue »Freundschaft« war den beiden Hausmädchen natürlich

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