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Im Sommer der Sturme

Im Sommer der Sturme

Titel: Im Sommer der Sturme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gantt DeVa
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Messe im Morgengrauen und einem ausgiebigen Frühstück begrüßt. Anschließend ging Colette mit den Kindern in die Räume von Frederic hinüber. Normalerweise fanden die Besuche einmal in der Woche in umgekehrter Richtung statt. Wofür Charmaine dankbar war, weil sie das Kinderzimmer als sicheres Terrain empfand. Gewissermaßen als eine neutrale Zone der Höflichkeit.
    Die Zeit bis zur Rückkehr der Kinder wollte Charmaine im Wohnraum warten, wo Paul bereits saß. Seit Stephen Westphals Besuch hatten sie nicht mehr miteinander gesprochen. Seine Reisevorbereitungen hatten ihn sehr in Anspruch genommen, und er hatte lange über Dokumenten und Vertragsentwürfen gebrütet. Morgen sollte die Reise beginnen. Als sie eintrat, erhob er sich.
    »Es tut mir leid«, entschuldigte sie sich hastig. »Ich wollte nicht stören.«
    »Sie stören mich nicht. Ich wollte sowieso mit Ihnen sprechen. Wo sind die Kinder?«
    »Bei Ihrem Vater.«
    »Kommen Sie, setzen Sie sich.« Er deutete auf den Sessel ihm gegenüber.
    Nachdem sie sich gesetzt hatten, schob er die Papiere zur Seite, dann sah er sie lange an. »Erst einmal möchte ich mich entschuldigen.«
    »Wofür?«
    »Dafür, dass Sie glauben mussten, dass ich nicht auf Ihrer Seite stünde. Als ich merkte, dass Sie weglaufen wollten, musste ich Sie einfach aufhalten. Man darf dem Feind nie den Rücken zudrehen.«
    Charmaine war erstaunt. Genauso hatte George das erklärt.
    »Wenn Sie mich nur angesehen hätten, hätte ich Ihnen meine Haltung erklären können. Aber Sie waren ja wild entschlossen, Mr. Westphal in die Schranken zu weisen. Es tut mir leid, dass ich Ihnen wehgetan habe.«
    Unbewusst hatte sie ihr Handgelenk gerieben. »Das war nicht weiter schlimm«, flüsterte sie. »Vielen Dank, dass Sie mich verteidigt haben – und das bei dieser Wahrheit. Ich weiß, dass Sie zu Beginn nicht viel von mir gehalten haben.«
    »Ich habe mich geirrt«, entgegnete er. »Die Kinder sind glücklich mit Ihnen.«
    »Sie hätten mich auch an den Taten meines Vaters messen können.«
    Lächelnd sah er sie an und beugte sich ihr entgegen. »Aber nein, das hätte ich niemals getan.«
    Sie sah so reizend aus. Während der langen Reise würde er sie sehr vermissen. Und dann begriff er, dass auch Charmaine ihn vermissen würde. Vielleicht sogar noch mehr als er sie. Während der letzten Monate hatte er sich wie ein Gentleman betragen. Ganz wie versprochen. Und die Zeit hatte für ihn gearbeitet. Er wusste, dass Charmaine sich zu ihm hingezogen fühlte. Im Augenblick sehnte sie sich nach seinem Kuss. Inzwischen fühlte sie sich in seiner Gegenwart völlig sicher, und doch war sie beunruhigt, weil er keine weiteren Annäherungsversuche mehr unternahm. Arme Charmaine Ryan, sie war wirklich völlig durcheinander! Die Frau in ihr forderte Leidenschaft, das kleine Mädchen Sicherheit, und dann gab es noch das von seinem Vater gequälte Geschöpf, das Jeder Mann muss unbedingt gemieden werden! schrie. Wie gern hätte er ihre Ängste weggewischt und ihr die Wonnen der Weiblichkeit gezeigt.
    Abwesenheit … Seine dreimonatige Abwesenheit würde ihr Herz weicher stimmen. Und wenn er zurückkam, würde er den Hunger in ihren Augen lesen. Sollte sie ruhig von ihm träumen, solange er fort war. Das würde seine Heimkehr nur versüßen. Er musste ihr nur etwas dalassen, das sie an ihn erinnerte.
    »In der Morgendämmerung werden wir mit der Flut den Anker lichten«, murmelte er. »Sie werden mir fehlen.«
    Mit einem Mal wurde es Charmaine schwindlig. Paul wollte sie küssen. Seine Hände hielten die Lehnen des Sessels, in dem sie saß, umfasst, und sie war gefangen. Sie schloss die Augen, blieb aber aufrecht sitzen. Seine Wange brannte heiß an der ihren, als er sich zu ihr vorbeugte und ihr etwas ins Ohr flüsterte. Ihr Herz hämmerte so laut, dass sie seine Worte nicht verstand. Um ihren wirbelnden Sinnen Einhalt zu gebieten, klammerte sie sich an seine Arme.
    »Hier steckst du also!«
    Der Augenblick war vorüber, als Agatha Ward den Wohnraum betrat. Paul richtete sich auf und erhob sich, und Charmaine drehte ihr gerötetes Gesicht zur Seite. Nachdem sie sich gefasst hatte, erhob sie sich und ging ohne einen Blick in Pauls Richtung ins Foyer hinaus.

7
Dienstag, 7. März 1837
    »Robert, rasch«, rief Agatha. »Sie bekommt keine Luft!«
    Charmaine drückte sich in den Türrahmen zum Wohnraum, hielt die Zwillinge umfasst und presste den kleinen Pierre an ihre Brust. Als der Arzt die Treppe nach oben rannte,

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