Im Sturm des Lebens
Probleme hat. Rein theoretisch käme er also für die Verbrechen als Täter in Betracht.« Sie presste sich die Finger auf die Schläfen. »Er hat womöglich meinen Vater getötet. René ist eine kostspielige Frau, und Dad brauchte viel Geld. Er wusste, dass er bei Giambelli rausfliegen würde. Die Brücken zu Mama hatte er abgebrochen, und ich habe ihm klar gemacht, dass unsere Beziehung auch auf wackeligen Füßen steht.«
»Er war für seine Handlungen selbst verantwortlich, Sophia.« David wiederholte ihre eigenen Worte.
»So weit bin ich auch schon. Oder jedenfalls ziemlich nahe dran. Und ich kann mir vorstellen, wie seine
Handlungen und Entscheidungen ausgesehen haben. Möglicherweise hat er Don immer mehr bedrängt, wollte einen größeren Anteil, was auch immer. Es hätte ihm ähnlich gesehen, jemanden zu erpressen – auf kultivierte Art natürlich. Vielleicht hat er ja von dem vergifteten Wein gewusst, von dem armen Signore Baptista. Und auch Margaret war Don im Weg, weil sie mehr wollte, oder weil er Angst hatte, sie würde alles herausfinden. Und du warst dran, als er keinen anderen Ausweg mehr gesehen hat.«
»Was gab es für einen Grund, die Unterlagen zu stehlen?«
»Ich weiß nicht, David. Vielleicht hat er ja nicht mehr rational gedacht. Vermutlich dachte er, wenn du tot wärst und er die Unterlagen hätte, wäre alles gut. Aber du bist nicht tot, und es muss ihm schon durch den Kopf gegangen sein, dass die Unterlagen ihn nicht an den Galgen bringen, sondern dass er sich schon selbst gehängt hat. Und jetzt müssen wir einen weiteren Albtraum mit der Presse durchstehen. Hast du eigentlich jemals daran gedacht, uns zu verlassen und wieder zu Le Coeur zurückzugehen?«
»Unsinn. Sophia, warum versuchst du eigentlich nicht mal, das Brot zu essen, statt es zu zerkrümeln?«
»In Ordnung, Daddy.« Sie zuckte zusammen, weil ihre Stimme so bockig klang. »Tut mir Leid. Jetlag und die typische Ungezogenheit. Soll ich nicht schon für dich packen? Da du darauf bestehst, nach Hause zu fliegen statt dich weiterhin an meiner prickelnden Gesellschaft zu erfreuen, wirst du morgen früh den ersten Flug nehmen.«
Er schwitzte wie ein Schwein. Die Terrassentüren standen weit offen, und die kühle Luft, die vom Lago di Como heraufkam, wehte ins Zimmer. Aber er schwitzte trotzdem, auch wenn es kalter Schweiß war.
Er hatte gewartet, bis seine Geliebte eingeschlafen war. Dann war er leise aufgestanden und in den angrenzenden Salon gegangen. Er hatte nicht gekonnt heute Abend, aber sie hatte so getan, als wenn es keine Rolle spielte. Wie sollte ein Mann in einer solchen Situation auch eine Erektion bekommen?
Vielleicht spielte es wirklich keine Rolle. Seine Geliebte war ganz begeistert über die Reise gewesen, darüber, dass er sie in dieses elegante Hotel am See mitgenommen hatte, etwas, das er ihr schon Dutzende Male versprochen und nie wahr gemacht hatte. Er hatte ein Spiel inszeniert, hatte ihr eine große Summe Geld gegeben, damit sie das Zimmer bezahlen konnte. Man kenne ihn dort nicht, hatte er gesagt, und er wolle auch, dass es so bliebe. Was sollte er tun, wenn ihn dort jemand mit einer anderen Frau als seiner eigenen sah?
Er fand, dass das clever gewesen war. Sehr clever. Fast hatte er selbst an ein Spiel geglaubt. Bis er die Zeitungsartikel sah. Sein Gesicht sah. Er konnte nur dankbar sein, dass sich seine Geliebte im Salon aufgehalten hatte, und es ihm ein Leichtes gewesen war, sie von den Zeitungen und vom Fernseher fern zu halten.
Aber sie konnten nicht bleiben. Irgendjemand würde ihn sehen und wiedererkennen.
Er brauchte Hilfe, und er kannte nur eine Quelle.
Seine Hände zitterten, als er New York wählte. »Ich bin es, Donato.«
»Das habe ich erwartet.« Jerry blickte auf die Uhr und rechnete nach. Giambelli hat die üblichen Schweißausbrüche um drei Uhr morgens, dachte er. »Du warst ja sehr beschäftigt, Don.«
»Sie glauben, ich habe auf David Cutter geschossen.«
»Ja, ich weiß. Was hast du denn gedacht?«
»Ich war ... ich habe nicht auf ihn geschossen!« Sein Englisch ließ ihn im Stich. »Dio . Du hast mir gesagt, ich soll so schnell wie möglich aus Venedig verschwinden, als ich dir erzählt habe, was Cutter gesagt hat. Das hab ich auch getan. Ich bin noch nicht einmal mehr nach Hause zu meiner Familie gegangen. Ich kann es beweisen«, flüsterte er verzweifelt. »Ich kann beweisen, dass ich nicht in Venedig war, als man auf ihn geschossen hat.«
»Ach ja? Ich weiß
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