Im Sturm des Lebens
Signorina .«
»Mein Vater ist tot. Ich muss wissen, wer ihn umgebracht hat, und warum. Und wenn ich Don persönlich hinterherjagen muss, wenn ich Jerry DeMorney persönlich befragen muss, um diese Antworten zu bekommen, dann werde ich das eben tun. Das können Sie mir glauben.«
»Sie sind sehr ungeduldig.«
»Im Gegenteil, ich war bisher bemerkenswert geduldig.« Sophia stand auf. »Ich brauche endlich Ergebnisse.«
Als das Telefon klingelte, hob er um Ruhe bittend die Hand. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich beim Zuhören leicht. Als er aufgelegt hatte, faltete er die Hände. »Es gibt Neuigkeiten. Die Schweizer Polizei hat Ihren Vetter gerade festgenommen.«
Es war ein Erlebnis, Sophia in Aktion zu sehen. Tyler sagte kein Wort, aber er war sich auch nicht sicher, ob er überhaupt dazu kommen würde. Sie hatte DeMarco mit Forderungen und Fragen überhäuft und alle Antworten in ihr Notizbuch gekritzelt. Als sie aus DeMarcos Büro hinausmarschierte, konnte
Tyler kaum mit ihr Schritt halten. Sie bewegte sich wie eine Rakete mit einem Handy am Ohr.
Er verstand nur die Hälfte von dem, was sie sagte. Sie begann auf Italienisch, schaltete irgendwann im Laufe des Gesprächs auf Französisch um und verfiel dann wieder aufs Italienische mit ein paar knappen Anweisungen auf Englisch. Sie bahnte sich in den engen Gassen einen Weg durch die Touristenströme, lief eilig über die hübschen Brücken und Plätze. Und die ganze Zeit über redete sie und blieb noch nicht einmal stehen, als sie sich das Handy zwischen Schulter und Ohr klemmen und ihren Filofax hervorziehen musste, um sich noch mehr Notizen zu machen.
Die Schaufenster, an denen sie vorbeikamen, würdigte sie keines Blickes. Und Tyler erkannte den Ernst der Lage, als sie selbst bei Armani vorbeieilte, ohne auch nur zu stocken.
Schließlich sprang sie in ein Wassertaxi, und das einzige Wort, was er von ihrem hervorgesprudelten Italienisch verstand, war »Flughafen«. Es war wohl eine gute Idee gewesen, dass er seinen Pass eingesteckt hatte, sonst hätte sie ihn erbarmungslos zurückgelassen.
Sie setzte sich noch nicht einmal, sondern lehnte sich hinter dem Bootsführer an die Reling und tätigte weitere Anrufe. Fasziniert stand Ty ihr gegenüber und sah ihr zu. Der Wind spielte mit ihren kurzen Haaren, die Sonne brach sich in den dunklen Gläsern ihrer Sonnenbrille. Hinter ihr entfaltete sich das Panorama von Venedig, ein historischer, exotischer Hintergrund für eine moderne Frau.
Kein Wunder, dass er verrückt nach ihr war.
Tyler verschränkte die Arme, legte den Kopf zurück und genoss die letzten Bilder der Stadt. Wie er
diese Frau kannte – und er kannte sie gut – würden sie jetzt für ein paar Tage in die Alpen reisen.
»Tyler!« Sie stand fingerschnippend vor ihm.
»Wie viel Geld hast du? Bargeld?«
»Bei mir? Ich weiß nicht. Ein paar hunderttausend Lire, vielleicht hundert Dollar.«
»Gut.« Sie wandte sich zur Treppe, sobald das Boot anlegte. »Bezahl das Taxi.«
»Ja, Ma’am.«
Durch den Flughafen eilte sie genauso zielstrebig wie durch die Stadt. Der firmeneigene Jet wartete schon, aufgetankt und bereit zum Abflug. Weniger als eine Stunde, nachdem sie erfahren hatte, dass ihr Cousin in Haft war, saß Sophia angeschnallt auf ihrem Platz. Und zum ersten Mal in dieser Stunde stellte sie ihr Handy ab, holte tief Luft und schloss die Augen.
»Sophia?«
»Che ? Was?«
»Du bist toll.«
Sie öffnete die Augen und lächelte ihn an. »Verdammt richtig.«
Man hatte ihn in einem winzigen Hotel mitten in den Bergen nördlich von Chur, nahe der österreichischen Grenze, gefasst. Er hatte noch überlegt, ob er vielleicht nach Österreich oder nach Liechtenstein fahren sollte. Er wollte einfach nur so viele Länder wie möglich zwischen sich und Italien bringen.
Aber während Donato noch nach Norden blickte, hatte er es versäumt, seine Situation richtig einzuschätzen. Seine Geliebte war nicht so dumm, wie er geglaubt hatte, und sie war auch keineswegs loyal.
Während sie in der Badewanne lag, hatte sie im Fernsehen Nachrichten gesehen, und dann hatte sie das Bargeld in seinem Koffer gefunden.
Sie hatte das Geld an sich genommen, einen Flug gebucht und einen anonymen Anruf getätigt. Und als die tüchtige Schweizer Polizei in Donatos Zimmer eindrang und ihn aus dem Bett zerrte, war sie, um eine beträchtliche Summe reicher, bereits auf dem Weg an die französische Riviera.
Und jetzt saß Donato in einem Schweizer Gefängnis,
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