Im Sturm des Lebens
über den Besuch sagen würde, den sie und Ty Jerry abgestattet hatten.
Am späten Vormittag stand David zwischen den Reihen des Weinbergs von MacMillan. Er kam sich nutzlos vor, hilflos und war zudem von panischer Angst erfüllt, weil sein gerade erst siebzehnjähriger
Sohn an diesem Morgen hinter dem Steuer eines gebrauchten Cabriolets zur Schule gefahren war.
»Hast du nicht ein bisschen Schreibtischarbeit zu erledigen?«, fragte Tyler ihn.
»Leck mich.«
»In diesem Fall schlage ich lieber nicht vor, dass du die Monatsabfüllung in der Kellerei kontrollierst. Wir testen als Erstes den ’93er Merlot.«
»Mir gibt man Wein zu probieren, und du darfst dich prügeln.«
»Das war nur ein kleines Intermezzo. Außerdem war es eigentlich gar keine Prügelei.«
»Pilar hat gesagt, du hast ihn mit einer Hand niedergestreckt.« David bewegte prüfend seinen verletzten Arm. »Ich habe auch nach wie vor nur eine Hand, obwohl der sadistische Physiotherapeut sagt, dass ich in kürzester Zeit wieder zwei zur Verfügung hätte. Ich möchte ihn auch gern verprügeln.« David marschierte die Reihen entlang, um sich abzureagieren. »Ich habe jahrelang für den Hurensohn gearbeitet! Saß mit ihm in Konferenzen, beim Mittagessen und bei Strategiesitzungen bis spät in die Nacht. Manchmal ging es darum, wie man Giambelli oder dir Kunden abwerben könnte. Das ist Business.«
»Stimmt.«
»Als Le Coeur damals den Exklusivauftrag für die Flüge von und nach Europa bekam, bin ich mit ihm ausgegangen, und wir haben gefeiert. Wir hatten Giambelli überboten. Ich habe mir tagelang deswegen selbst auf die Schulter geklopft. Und jetzt, wo ich rückblickend die einzelnen Schritte nachvollziehe, stelle ich fest, dass wir den Auftrag bekommen haben, weil er die Informationen hatte. Don hat ihm
Giambellis Angebot mitgeteilt, noch bevor es überhaupt abgegeben worden war.«
»So machen manche Leute eben Geschäfte.«
»Ich nicht.«
Bei Davids Tonfall blieb Ty stehen. Irgendwie waren sie in den letzten Monaten Freunde geworden. Fast sogar Familienmitglieder. Auf jeden Fall waren sie sich so nahe, dass Ty Davids Schuldgefühle und seine Frustration verstehen konnte.
»Niemand behauptet das, David. Und niemand denkt das von dir.«
»Nein. Aber ich weiß noch zu gut, wie dringend ich diesen Kunden haben wollte.« Er schob die Hände in die Taschen, und sein verwundeter Arm zitterte. »Verdammt noch mal.«
»Hörst du mal auf, dir Vorwürfe zu machen? Ich habe nämlich eine Menge zu tun, da ich ja nach Italien fliegen musste, um dein Blut von der Straße aufzuwischen. Dass du auf dich hast schießen lassen, hat meinen ganzen Terminkalender durcheinandergebracht.«
David drehte sich zu Tyler um. »Hast du auch in dem Tonfall gesprochen, als du DeMorney vorschlugst, sich die Hand röntgen zu lassen?«
»Wahrscheinlich. Wenn jemand mich mit seiner Blödheit wütend macht, rede ich immer so.«
Der Druck auf Davids Brust ließ nach, und er funkelte Tyler erheitert an. »Ich würde dich ja wegen dieser Äußerung niederschlagen, aber du bist größer als ich.«
»Und jünger.«
»Mistkerl. Also eigentlich hätte ich schon Lust, dich niederzuschlagen, aber ich erspare es dir noch einmal, weil dort hinten Sophia kommt. Sie braucht
nicht zu sehen, wie ihr zukünftiger Stiefvater dich in den Hintern tritt.«
»Davon träumst du auch nur.«
»Ich gehe jetzt in die Kellerei und werde dort weiterschmollen.« Nach ein paar Schritten wandte David sich noch einmal zu Tyler. »Danke.«
»Nichts zu danken.« Tyler ging Sophia entgegen. »Du kommst wieder einmal zu spät.«
»Ich hatte wichtige Sachen zu erledigen. Wohin geht David? Ich wollte ihn fragen, wie er sich fühlt.«
»Tu dir selbst einen Gefallen und lass es. Er ist im ruhelosen Stadium seiner Genesung. Was für wichtige Sachen?«
»Oh, ich musste ein paar zögerliche Kunden beruhigen, die Presse manipulieren und mit Anwälten sprechen. Nur ein ganz normaler Tag für die Erbin eines Weinimperiums. Wie läuft es hier draußen?«
»Die Nächte sind kühl und feucht gewesen. Das gibt Mehltau. Wir werden noch einmal mit Schwefel sprühen, wenn die Trauben angesetzt sind. Ich mache mir allerdings keine Sorgen.«
»Gut. Ich werde mir morgen etwas Zeit für den Winzer freischaufeln, und du nimmst dir Zeit für die Pressetante. Zurück zum Teamwork. Ach übrigens, warum hast du mir keinen Begrüßungskuss gegeben?«
»Weil ich arbeite. Ich will mir die neuen Pflanzungen ansehen, bei
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