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Im Sturm des Lebens

Im Sturm des Lebens

Titel: Im Sturm des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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schaukeln, als das Freizeichen ertönte. »Natürlich muss sie beruhigt werden. Und was ist mit mir? Was ist mit mir?«
    Sie legte den Hörer auf und warf die Decke zurück, damit sie sich nicht einfach Schutz suchend darunter zusammenrollte.
    Zitternd zog sie sich den Morgenmantel über und suchte in ihrer Wäschekommode nach ihrem geheimen Notfallpäckchen Zigaretten. Sie stopfte sie in die Tasche und trat durch die Verandatüren in die Nacht hinaus.
    Sie brauchte Luft. Sie brauchte eine Zigarette. Sie
brauchte ... Frieden. Pilar ging über die Terrasse die Steinstufen hinunter.
    War es nicht genug, dass der einzige Mann, den sie je geliebt hatte, der einzige Mann, dem sie sich je hingegeben hatte, sie nicht liebte? Sie nicht genug geachtet hatte, um sein Gelübde zu halten? Musste sie jetzt auch noch von seiner neuesten Eroberung gequält werden? Mitten in der Nacht angerufen, angeschrien und mit Flüchen belegt werden?
    Sie wanderte ziellos durch den Garten, wobei sie sich im Schatten hielt, damit aus dem Haus niemand, der vielleicht noch wach war, sie sehen konnte.
    Der Schein, dachte sie, wütend darüber, dass ihre Wangen nass waren. Wir müssen um jeden Preis den Schein wahren. Es ging einfach nicht, dass einer der Dienstboten Ms. Giambelli mitten in der Nacht rauchend im Garten sah. Es ging nicht, dass jemand sah, wie Ms. Giambelli verzweifelt versuchte, einen Nervenzusammenbruch mit Tabak zu unterdrücken.
    Dutzende von Leuten konnten René angerufen haben, dachte sie verbittert. Und sie hatte es höchstwahrscheinlich auch verdient. Tonys Tonfall nach zu urteilen wusste er ganz gut, wer sie angerufen hatte. Aber es war natürlich einfacher, René in dem Glauben zu lassen, es sei die abgelegte Ehefrau gewesen statt eine andere Geliebte jüngeren Datums.
    »Ich bin noch nicht fünfzig«, murrte sie und kämpfte mit ihrem Feuerzeug. »Und auch keine gottverdammte Jungfrau.«
    »Ich auch nicht.«
    Sie wirbelte herum und das Feuerzeug fiel ihr aus der Hand. Als David Cutter aus dem Schatten ins Mondlicht trat, mischte sich Demütigung in ihre Wut.
    »Es tut mir Leid, dass ich Sie erschreckt habe.« Er
bückte sich nach ihrem Feuerzeug. »Aber ich dachte, ich sage Ihnen lieber, dass ich hier bin, bevor Sie weiter Selbstgespräche führen.«
    Er gab ihr Feuer und musterte dabei ihre tränenverschmierten Wangen und feuchten Wimpern. Ihre Hände zitterten, also ergriff er sie.
    »Ich konnte nicht schlafen«, fuhr er fort. »Neuer Ort, neues Bett ... Also bin ich spazieren gegangen. Sollen wir noch ein Stück weitergehen?«
    Wahrscheinlich lag es an ihrer Erziehung, dass sie sich nicht einfach hastig zurückzog. »Ich rauche nicht. Offiziell jedenfalls nicht.«
    »Ich auch nicht.« Trotzdem atmete er den Rauch in der Luft gierig ein. »Ich habe aufgehört. Es bringt mich um.«
    »Ich habe nie offiziell geraucht. Also schleiche ich mich gelegentlich nach draußen und sündige.«
    »Ihr Geheimnis ist bei mir sicher. Ich bin äußerst diskret. Manchmal kann es übrigens Wunder wirken, wenn man sich einem Fremden anvertraut.« Als sie nur den Kopf schüttelte, steckte er die Daumen in die Taschen seiner Jeans. »Nun, es ist eine schöne Nacht nach all dem Regen. Sollen wir ein bisschen spazieren gehen?«
    Pilar wäre am liebsten wieder hineingerannt und hätte sich endgültig unter der Decke verkrochen. Aber sie wusste ganz genau, dass schlimme Dinge eher vorübergingen, wenn man sich ihnen stellte.
    Also ging sie mit ihm.
    »Ziehen Sie mit Ihrer Familie auf Dauer hierher?«, fragte sie.
    »Das ist eine Übergangszeit. Mein Sohn hat in New York ein paar Probleme gehabt. Jugendsünden, aber dennoch ... Ich wollte das Umfeld ändern.«
    »Ich hoffe, es gefällt Ihren Kindern hier.«
    »Ich auch.« David zog ein Taschentuch aus der Hosentasche und reichte es Pilar schweigend. »Ich freue mich auf die Besichtigung der Weinberge morgen. Im Moment sehen sie großartig aus, im Mondlicht und ein bisschen vom Frost überzogen.«
    »Das machen Sie gut«, murmelte Pilar. »So zu tun, als seien Sie nicht mitten in der Nacht einer hysterischen Frau begegnet.«
    »Sie sahen nicht hysterisch aus. Nur traurig und wütend.« Und wunderschön, dachte er. Weißer Morgenmantel, schwarze Nacht. Wie eine stilisierte Fotografie.
    »Ich hatte einen schlimmen Anruf.«
    »Ist jemandem etwas passiert?«
    »Keinem außer mir, und das ist meine eigene Schuld.« Sie blieb stehen, um die Zigarette auszudrücken und die Kippe unter dem Mulch neben

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