Im Sturm: Thriller (German Edition)
verspätet. Einige hoben ängstlich die Blicke zu der aus Baumstämmen bestehenden Decke des Befehlsbunkers. Alexejew gehörte nicht zu ihnen. Eine Smart-Bombe konnte sie alle auf der Stelle töten. Obwohl er seine Funktion als stellvertretender Befehlshaber des Operationsgebietes genoß, hätte er lieber seine eigene Division kommandiert. Hier war er nicht mehr als ein Beobachter.
»Die Artillerie meldet schweres Gegenfeuer und Luftangriffe. Unsere Raketen greifen feindliche Flugzeuge im rückwärtigen Gebiet der 57. Mot-Schützendivision an«, fuhr der Luftabwehroffizier fort. »In der Luft starke Aktivität über der Front.«
»Unsere Kampfflugzeuge greifen die Nato-Maschinen an«, meldete der Offizier der Heeresflieger und schaute zornig auf. »Unsere Flieger werden von unseren eigenen SAM-Batterien abgeschossen!«
»Richten Sie Ihren Einheiten aus, sie sollen ihre Ziele ordentlich identifizieren!« schrie Alexejew den Luftabwehroffizier an.
»Wir haben fünfzig Maschinen über der Front und werden mit den Nato-Flugzeugen allein fertig«, beharrte der Heeresflieger.
»Alle SAM-Batterien haben Feuerverbot auf Ziele über tausend Meter«, befahl Alexejew, der diese Frage am Vorabend mit seinem Kommandeur der Heeresflieger eingehend besprochen hatte. Die MiG-Piloten sollten nach ihren Attacken in größere Höhe zurückkehren und den Flugabwehrraketen und -kanonen freies Schußfeld auf nur jene Maschinen der Nato lassen, die eine unmittelbare Bedrohung für Bodentruppen darstellten. Warum also wurden seine Flugzeuge getroffen?
Dreißigtausend Fuß überm Rhein kämpften zwei E-3A Sentry ums Überleben. Ein entschlossener sowjetischer Angriff hatte begonnen: Zwei Regimenter Abfangjäger MiG-23 raste auf sie zu. Die Controller an Bord riefen um Hilfe, was sie von elektronischen Maßnahmen gegen den Angriff ablenkte und Kampfflugzeuge von anderen Missionen abzog. Um ihre eigene Sicherheit unbekümmert, kamen die Russen mit weit über 1600 Stundenkilometern nach Westen gejagt, unterstützt von starken Störmaßnahmen. Amerikanische F-15 Eagle und französische Mirage hielten auf die Bedrohung zu und füllten den Himmel mit Raketen, aber es war nicht genug. Als die MiG bis auf sechzig Meilen an die AWACS herangekommen waren, schalteten diese ihre Radaranlagen aus und ergriffen im Sturzflug die Flucht. Die Nato-Kampfflugzeuge über Bad Salzdetfurth waren auf sich allein gestellt. Zum ersten Mal hatten die Sowjets die Luftüberlegenheit errungen.
»Das 143. Garde-Schützenregiment meldet den Durchbruch«, sagte ein Leutnant und verlängerte den Pfeil, für den er verantwortlich war. »Feindkräfte ziehen sich in Auflösung zurück.«
»145. Garde-Schützenregiment meldet den Zusammenbruch der vordersten deutschen Verteidigungslinie«, erklärte der Offizier neben ihm. »Die Einheit dringt entlang der Bahnlinie nach Süden vor. Feindliche Einheiten haben die Flucht ergriffen, versuchen nicht, sich umzugruppieren oder Raum zu behaupten.«
Der General der 8. Gardearmee warf Alexejew einen triumphierenden Blick zu. »Setzt die Panzerdivision in Marsch!«
Zwei geschwächte deutsche Brigaden hatten zu viel gelitten, zu viele Angriffe aufhalten müssen. Ihren Männern, erschöpft und knapp an Munition, blieb nichts anderes als die Flucht und die Hoffnung, im Wald hinter der B 243 eine neue Linie bilden zu können. Vier Kilometer weiter setzte sich bei Hackenstedt die 20. Garde-Panzerdivision in Bewegung. Ihre dreihundert Kampfpanzer T-80, unterstützt von Hunderten von Schützenpanzern und Mannschaftstransportern, rückte links und rechts der Straße in Angriffskolonnen vor. Diese Einheit war die Operative Mobile Gruppe der 8. Gardearmee. Seit Kriegsbeginn hatte die Sowjetunion versucht, der Nato mit einem dieser starken Verbände in den Rücken zu fallen.
»Gut gemacht, Genosse General«, meinte Alexejew. Die Karte zeigte nun einen allgemeinen Durchbruch. Drei der vier angreifenden Mot-Schützendivisionen hatten die deutschen Linien durchstoßen.
Den MiG gelang der Abschuß eines AWACS und dreier Eagle, doch bei der heftigen, fünfzehnminütigen Luftschlacht verloren sie neunzehn Kampfflugzeuge. Das überlebende AWACS war nun wieder auf Diensthöhe, wenngleich hundertdreißig Kilometer hinter dem Rhein, und die Operatoren an Bord bemühten sich, die Luftschlacht über Deutschland wieder unter Kontrolle zu bringen. Die MiG, die für einen mörderischen Preis ihren Auftrag erfüllt hatten, flogen durch einen
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