Im Sturm: Thriller (German Edition)
Ellington kletterte hoch und schnitt ihn ab. Der Major hatte Blut im Gesicht.
Explosionsdonner im Norden.
»Sie haben’s erwischt!« sagte Ellington.
»Aber wer hat uns erwischt?« stöhnte Eisly. »Verdammt, ich hab was im Rücken.«
»Können Sie laufen, Don?«
»Ja.«
Stendal, DDR
Die Verteilung der Treibstoffreserven auf kleinere Depots hatte die Nato-Angriffe praktisch auf Null reduziert. Die Sowjets hatten sich daraufhin fast einen Monat sicher gefühlt. Die Attacken auf Panzerkolonnen und Munitionslager waren ernst, doch für beides gab es genug Ersatz. Beim Treibstoff sah das anders aus.
»Genosse General, die Nato hat das Schema ihrer Luftangriffe geändert.«
Alexejew wandte den Blick von der Karte. Fünf Minuten später kam sein Versorgungsoffizier herein.
»Wie schlimm ist es?«
»Insgesamt vielleicht zehn Prozent unserer vorgeschobenen Bestände. Im Sektor Alfeld sogar über dreißig Prozent.«
Dann ging das Telefon: der General, dessen Divisionen in fünf Stunden Alfeld angreifen sollten.
»Mein Treibstoff ist weg! Zwanzig Kilometer von hier wurde die Kolonne angegriffen und zerstört.«
»Können Sie mit dem angreifen, was Sie haben?« fragte Alexejew.
»Schon, aber manövrieren können meine Einheiten dann nicht!«
»Sie müssen mit dem Verfügbaren angreifen.«
»Aber -«
»Vier Divisionen sowjetischer Soldaten müssen sterben, wenn sie nicht von Ihnen ersetzt werden. Der Angriff findet wie geplant statt!«Alexejew legte auf. Auch Beregowoy war mit dem Treibstoff knapp dran. Ein Panzer hatte genug im Tank, um dreihundert Kilometer geradeaus zu fahren, doch geradeaus fuhr man so gut wie nie, und die Besatzungen ließen die Motoren auch befehlswidrig laufen, wenn die Fahrzeuge stillstanden – die Zeit, die das Anlassen der Diesel erforderte, konnte im Falle eines Luftangriffes den Tod bedeuten. Beregowoy war gezwungen gewesen, seine Treibstoffreserven seinen nach Osten vorstoßenden Panzern zu überlassen, damit diese im Zusammenspiel mit den von Westen her Alfeld angreifenden Dreier-Divisionen operieren konnten. Die beiden Divisionen am linken Ufer der Weser waren praktisch bewegungsunfähig. Alexejew setzte bei dieser Offensive auf seine Fähigkeit, die Versorgungsrouten wieder zu öffnen. Er wies den Versorgungsoffizier an, mehr Treibstoff heranzuschaffen. Wenn der Angriff Erfolg haben sollte, würde er noch sehr viel mehr brauchen.
Moskau
Der Kontrast war grotesk - in knapp zwei Stunden mit dem Flugzeug von Stendal nach Moskau, aus dem Krieg in den Frieden. Witali, der Chauffeur seines Vaters, holte ihn vom Militärflughafen ab und brachte ihn sofort zur Dienst-Datscha des Ministers in den Birkenwäldern nahe der Hauptstadt. Als er das Wohnzimmer betrat, fand er seinen Vater mit einem Fremden vor.
»Das ist also der berühmte Iwan Michailowitsch Sergetow, Major der Roten Armee.«
»Verzeihung, Genosse, aber ich glaube nicht, daß wir uns schon einmal begegnet sind.«
»Wanja, das ist Boris Kosow.«
Der junge Offizier ließ sich nur eine winzige Gefühlsregung anmerken, als er dem Direktor des KGB vorgestellt wurde. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und musterte den Mann, der den Bombenanschlag im Kreml befohlen und dafür gesorgt hatte, daß zum Zeitpunkt der Explosion Kinder anwesend waren. Es war zwei Uhr früh. Draußen patrouillierten KGB-Truppen und schirmten das Geheimtreffen ab.
»Iwan Michailowitsch«, begann Kosow jovial, »wie schätzen Sie die Lage an der Front ein?«
Der junge Offizier unterdrückte das Bedürfnis, sich mit einem Blick bei seinem Vater Rat zu holen. »Erfolg oder Mißerfolg der Operation hängen in der Schwebe – bitte vergessen Sie nicht, daß ich nur ein junger Offizier und für eine verläßliche Einschätzung der Situation nicht qualifiziert bin. Der Nato fehlen die Truppen, aber sie hat eine jähe Nachschub-Transfusion bekommen.«
»Die rund zwei Wochen reichen wird.«
»Wahrscheinlich weniger«, meinte Sergetow. »An der Front haben wir gelernt, daß der Nachschub viel rascher als erwartet verbraucht wird. Treibstoff, Munition, alles scheint sich fast in Luft aufzulösen. Unsere Kameraden von der Marine müssen also weiter auf die Geleitzüge einschlagen.«
»Diese Fähigkeit ist nun ernsthaft eingeschränkt«, sagte Kosow. »Ich rechne nicht damit. Die Wahrheit ist: Unsere Marine ist geschlagen. Die Rückeroberung Islands durch die Nato steht bevor.«
»Davon hat Bucharin kein Wort gesagt!« wandte Sergetow Senior
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