Im Sturm: Thriller (German Edition)
Kosow stand auf und schaute aus dem Fenster. »Keine Angst, es werden keine Kernwaffen eingesetzt. Dafür habe ich bereits gesorgt.«
»Was meinen Sie damit?«
»Sie wissen doch sicherlich, wer in diesem Land die Kernwaffen kontrolliert?«
»Natürlich, die Strategischen Raketenstreitkräfte, das Heer –«
»Verzeihung, ich habe die Frage ungeschickt formuliert. Gewiß, die kontrollieren die Raketen, aber die Sprengköpfe sind im Gewahrsam meiner Leute, und in dieser Abteilung des KGB hat Larionows Fraktion nichts zu sagen. Nur aus diesem Grund müssen Sie mitspielen.«
»Gut. Dann müssen wir Alexejew warnen.«
»Aber mit Vorsicht. Es scheint noch niemandem aufgefallen zu sein, daß Ihr Sohn mehrere Male in Moskau war, aber wenn Sie mit Alexejew gesehen werden, ehe er vor dem Verteidigungsrat erscheint —«
»Ja, das verstehe ich.« Sergetow dachte kurz nach. »Kann Witali sie vielleicht vom Flughafen abholen und ihnen Bescheid sagen?«
»Prächtig! Aus Ihnen mache ich noch einen Tschekisten!«
Der Fahrer des Ministers wurde gerufen und bekam einen Zettel für Alexejew. Der Mann verschwand sofort und fuhr mit dem Sil des Ministers zum Flughafen. Eine Kolonne gepanzerter Mannschaftstransporter hielt ihn auf. Vierzig Minuten später fiel ihm auf, daß der Zeiger der Kraftstoffanzeige nach links kroch. Seltsam, er hatte den Wagen erst am Vortag aufgetankt — Mitglieder des Politbüros kannten natürlich keine Versorgungsengpässe. Aber das Instrument zeigte weniger und weniger an. Dann blieb der Motor stehen. Witali hielt sieben Kilometer vorm Flughafen und öffnete die Motorhaube, prüfte Keilriemen und Kontakte. Alles schien in Ordnung zu sein. Kurz darauf erkannte er, daß die Lichtmaschine ausgefallen war. Er ging ans Autotelefon. Die Batterie war entladen.
Ein Wagen für Alexejew, zur Verfügung gestellt vom Kommandeur des Militärbezirks Moskau, fuhr am Flughafen vor, und der General und sein Adjutant stiegen ein. Was Alexejew anging, war der gefährlichste Augenblick des Fluges das Aussteigen. Er rechnete damit, von KGB-Truppen erwartet zu werden.
Auf der Fahrt blieben Alexejew und Major Sergetow stumm; unterhalten hatten sie sich in dem lärmenden Flugzeug, wo Abhörgeräte keine Chance hatten. Alexejew fielen die leeren Straßen, die wenigen Lastwagen auf - die meisten waren inzwischen an der Front — und die inzwischen kürzeren Käuferschlangen vor den Lebensmittelläden. Ein Land im Krieg, dachte er.
Bald rollte der Wagen durchs Kremltor. Vorm Gebäude des Ministerrats riß ein Feldwebel den Schlag auf und grüßte zackig. Alexejew erwiderte den Gruß und ging zur Tür, wo ein weiterer Feldwebel stand. Der General schritt kerzengerade und militärisch, blickte streng. Seine polierten Stiefel glänzten, und in seinen Augen spiegelten sich die Deckenlampen der Empfangshalle. Er verschmähte den Aufzug und nahm die Treppe zum Konferenzraum. Dabei fiel ihm auf, daß das Gebäude seit dem Bombenanschlag renoviert worden war.
Ein Hauptmann der Tamanischen Garde, einer in Alabino bei Moskau stationierten zeremoniellen Einheit, empfing oben den General und führte ihn durch die Doppeltür des Konferenzzimmers. Sergetow mußte draußen warten, als Alexejew mit der Schildmütze unterm Arm eintrat.
»Genossen: Generaloberst P.L. Alexejew wie befohlen zur Stelle!«
»Willkommen in Moskau, Genosse General«, sagte der Verteidigungsminister. »Wie ist die Lage in Deutschland?«
»Beide Seiten sind erschöpft, aber es wird weitergekämpft. Gegenwärtig herrscht eine Pattsituation. Uns stehen mehr Truppen und Waffen zur Verfügung, doch wir leiden unter kritischer Treibstoffknappheit.«
»Können Sie siegen?« fragte der Generalsekretär.
»Jawohl! Wenn ich einige Tage zum Neuorganisieren meiner Kräfte und der eintreffenden Reserveeinheiten bekomme, läßt sich die Front der Nato wahrscheinlich aufreißen.«
»Wahrscheinlich? Nicht mit Sicherheit?« fragte der Verteidigungsminister.
»Sicher ist im Krieg nichts«, erwiderte der General schlicht.
»Diese Erfahrung haben wir auch schon gemacht«, bemerkte der Außenminister trocken. »Warum haben wir eigentlich noch nicht gewonnen?«
»Genossen, das taktische und strategische Überraschungselement haben wir von Anfang an nicht erzielt. Wäre das gelungen, hätten wir vermutlich innerhalb von zwei oder drei Wochen Erfolg gehabt.«
»Was brauchen Sie jetzt für den Erfolg?«
»Genosse Verteidigungsminister, ich brauche die Unterstützung des
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