Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)
Hört ihr zu?«
»Wir tun das nicht, weil’s lustig ist«, sagte Dean. Seine Lippen verzogen sich und entblößten seine grünlichen Zähne. Er lachte, und Cecil stimmte kreischend und wiehernd in sein Keuchgekicher ein. »Wir tun’s für Ruhm und Ehre, stimmt’s, Cecil?«
Die beiden zogen sich jetzt wieder ganz in ihre private kleine Scherzwelt zurück. Jadick erhob sich und ging auf die Veranda. Wanda kippte den letzten Korb Pommes aus, dann stellte sie die Platte vor die beiden immer noch albern gackernden Männer auf den Tisch.
Sie ging auch auf die Veranda, wo Jadick in Denkerpose auf dem Sessel saß, das Kinn auf die Faust gestützt.
»Was denkst du?«, fragte sie.
»Tiefsinnige Gedanken, Schätzchen.«
»Ach, ehrlich? Und welcher tiefsinnige Gedanke ist grade dran?«
»Der, dass morgen früh die Sonne aufgeht und ich noch da bin, um es mitzuerleben.«
»Oh«, meinte Wanda mit einer enttäuschten Handbewegung, »der.«
11
Im Jahr 1753 wurde ein ganzes Stück flussabwärts in Crescent City der Marquis de Vaudreuil zum Gouverneur ernannt, und unter der Ägide dieses imposanten und vornehmen Europäers erblühte eines der ersten wirklich erfolgreichen und dauerhaften kriminellen Unternehmen Nordamerikas. Die Soldaten des Marquis kassierten bei den Cantine- Besitzern an den Docks ab und nahmen Wein und Rum als Schutzgeld; sie frequentierten die Bordelle, in denen die von dem romantischen Gouverneur hergeholten »Besserungsmädchen« den Männern des Gesetzes ohne Bezahlung und hingebungsvoll zu Diensten waren. Im achtzehnten Jahrhundert wurde in dieser Stadt aus allem enormer Profit geschlagen. Die Soldaten verhafteten oder ermordeten jeden Bürger, der sich ihnen in den Weg stellte oder auf seinem Recht beharrte, auch nach einer anderen Pfeife zu tanzen. Bald schon breitete sich diese noble Korruption aus, und einigen Soldaten stieg der Erfolg zu Kopfe, und sie begannen, dem Großen Mamou persönlich etwas zu unterschlagen.
Marcel Frechette, ein Mann aus der Nähe von Calais mit großem kaufmännischen Talent, hatte sich zu Vaudreuils Truppe gemeldet – teilweise, weil seine Verkaufstechniken in seiner alten Heimatstadt zu viel Aufsehen erregt hatten, vor allem aber, weil ihm die Mützen der Soldaten gefielen. In der Neuen Welt merkte er schnell, dass es einträglicher war, Gesetzeshüter statt Verkäufer zu sein, und er kassierte bei den Zuhältern und Prostituierten ab, bei den Schnapsverkäufern und den Aristokraten mit geheimen Neigungen, die auch geheim bleiben sollten. Frechettes Gewissenhaftigkeit beim Eintreiben von anderer Leute Ausständen brachte ihn bald auf den Gedanken, dass der Gouverneur ein zu großes Stück vom Kuchen abbekam, denn war nicht er selbst derjenige, der die Klingen und Knüppel derer parierte, die mit den Zahlungen im Rückstand waren? Der Marquis de Vaudreuil, berühmt für die Haute Couture, die er und seine Ehefrau bei allen gesellschaftlichen Anlässen gern zur Schau trugen, musste gewisse Standards aufrechterhalten, also schickte er ein Kommando guter, loyaler Polizisten los, um ihm den dreisten Frechette, einen Alligator und einen Bambuskäfig zu bringen.
In einer Rumpelkammer im oberen Stockwerk in der Rampart Street erfuhr Frechette von einer verliebten vierzehnjährigen Hure, was der Marquis im Sinn hatte. Sofort brach er in Richtung Fluss auf, wo die Demonstration bester spanischer Klingen ihm und dem Mädchen, das auf den Namen Nathalie hörte, ein Kanu sicherte. Die beiden fuhren nun in aller Eile vom Golf flussaufwärts, ruderten Tag für Tag für Tag dicht am Ufer entlang, bis Frechette aus dem allgegenwärtigen Matsch ein paar bescheidene Hügel ragen sah. Er nannte diese Hügel »Les Petites Côtes« und machte sich selbst zum Herrn der Hügel, des Sumpfes und des Flusses. Mithilfe der robusten und niemals klagenden Nathalie baute er sich außerdem ein Haus mit Blick über das Moor.
Er stieg ins Pelzgeschäft ein und betrog die Indianer mit Fellpreisen, die mit jedem Schluck Alkohol sanken, und schon bald war er ein wohlhabender Mann. Doch leider war sein Erfolg so groß, dass andere Unternehmertypen nach Norden kamen und sich ins Pelzgeschäft drängten, und Frechettes unfeine Vergangenheit holte ihn in Gestalt eines gewissen Pierre Blaise wieder ein, dessen Bruder flussabwärts wegen eines Kanus erstochen worden war. Blaises unfreundliche Kommentare führten zu einem Duell auf dem Hügel, welcher später zum Gedenken an den besseren Schützen als
Weitere Kostenlose Bücher