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Im Tal der träumenden Götter: Roman (German Edition)

Im Tal der träumenden Götter: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal der träumenden Götter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Lobato
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der Kunstakademie herumtrieb. Sein Rock saß schlecht, und was er Tanzen nannte, war wirres Gefuchtel mit Armen und Beinen.
    Also war sie doch kein Dienstmädchen, sondern vermutlich bei seinen Nachbarn zu Gast. Die unsägliche Frau des Nachbarn war die Tochter eines hanseatischen Barons, und die Blonde musste eine Verwandte von jener deutschen Seite sein, was ihr kopfloses Verhalten erklärte. Auch jetzt wirkte sie seltsam schutzbedürftig in dem unmöglichen Kleid. Noch einmal stellte er nicht ohne Verwunderung fest: Wäre er ein mitleidiger Mensch gewesen, hätte sie ihm leidgetan.
    Der letzte Takt des Walzers verklang. Mit einem Zwischenspiel gaben die Musiker den Paaren Zeit, sich neu zu formieren, und die Silberhändler-Tochter sah spitznasig wie ein Ameisenbär zu ihm auf. »Sie entschuldigen mich?«, sagte Jaime. »Ich brauche unbedingt eine Pause.«
    »Aber Sie können doch von dem einen Tanz nicht erschöpft sein.«
    Jaime sah ihr tief in die Augen und lächelte gehässig. »Es muss an Ihrem Temperament liegen«, raunte er und stieß sie dem nächstbesten Herrn, der vorbeikam, geradezu in die Arme, der sich erbarmte. Am Tisch hoffte eine ihrer Schwestern darauf, dass er sich ihrer erbarmte, doch er nahm neben ihrem Vater Platz und ließ sich von einem Diener Champagner bringen. Vom Tisch seiner Nachbarn drang unziemliches Gelächter herüber, während Junge wie Alte versuchten, sich zu neuen Paaren zu sortieren. Der ganze Haufen betrug sich wie auf einer der privaten Fiestas, die sie auf ihrer Dachterrasse abhielten. Jäh entdeckte er Benito Alvarez in ihrer Mitte, konnte aber Dolores nirgendwo ausmachen. Als das Knäuel sich endlich teilte, führte der Indio die Blonde auf die Tanzfläche.
    Etwas, das so erschreckend falsch aussah, hatte er selten zu Gesicht bekommen. Es hätte ihm gleichgültig sein können, aber alles in ihm verlangte danach, die helle Elfe dem dunklen Dämon aus den Armen zu reißen und sie ihrer Familie zu übergeben, wer immer das war. In jedem Fall verdienten die, die für sie verantwortlich waren, eine scharfe Lektion darüber, wie man ein unbedarftes Mädchen hütete.
    »Sie lassen diesen Tanz aus, Don Jaime?«, fragte der Silberhändler. »Das dürfte der Damenwelt eine herbe Enttäuschung bereiten.«
    »Ich bin unpässlich«, knurrte Jaime, ohne den Blick von dem ungleichen Paar zu wenden. Zu seinem Erstaunen meisterte der Indio den Gesellschaftstanz blendend. Wer brachte einem Barbaren bei, sich auf jedem Parkett so verblüffend perfekt zu bewegen, als wäre solche Geschliffenheit seinem Blut nicht fremd? Jemand musste den Kerl über Jahre gnadenlos geschunden haben, ehe er ihn entließ, damit er sich in das Spiel um die Macht wagte.
    »Erstaunlich, nicht wahr?«, platzte die Stimme des Silberhändlers in seine Gedanken.
    »Ein fähiger Dompteur kann auch einen Affen zum Tanz dressieren«, blaffte Jaime.
    »Ich gebe zu, der Sinn Ihrer Antwort entgeht mir«, konstatierte der Einfaltspinsel.
    Entnervt wandte Jaime sich ihm zu. »Sie hielten es doch für nötig anzumerken, dass der Mann für einen Barbaren erstaunlich manierlich tanzt.«
    Dem Silberhändler entfuhr ein verblüfftes Schnauben. »Benito Alvarez einen Barbaren zu nennen scheint ein wenig weit hergeholt, finden Sie nicht? Er ist ein Rechtsgelehrter, dessen Sachverstand auch seine Gegner anerkennen, und einer der wenigen Gouverneure der Juárez-Ära, die sich unter Don Porfirio halten. Ein Mann des Ausgleichs und der Vernunft. Ich denke, wir sollten froh sein, dass wir ihn haben.«
    Jaime konnte nur den Barbaren anstarren, das dunkle, geradezu tierhafte Gesicht über dem porzellanhaft blassen des Mädchens.
    »Erstaunlich fand ich übrigens nicht sein beneidenswert geschmeidiges Tanzbein, sondern den frappierenden Mangel an Familienähnlichkeit«, fuhr der Silberhändler mit einer Spur von Biss in der Stimme fort. »Ich weiß, seine Gattin ist Deutsche, aber in der engelhaften Doña Josefa würde ja nun wirklich niemand eine Mestizin vermuten.«
    »Wer ist Doña Josefa? Wessen Gattin ist Deutsche?« Jaimes Blick flog zwischen dem Gesicht des Silberhändlers und dem Paar auf der Tanzfläche vor und zurück.
    »Die Familie von Doña Katharina, Don Benitos Gattin, stammt aus Hamburg, wussten Sie das nicht? Ich hatte vor Jahren das Vergnügen, sie kennenzulernen, aber natürlich, da waren Sie ja noch in Europa. Kein Wunder, dass Sie ihr nie begegnet sind. Die junge Dame ist jedenfalls die älteste Tochter. Dieser Abend ist

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