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Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)

Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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unterbrach mich schroff: »Nichts. Gar nichts verstehst du. Du bist doch all die Jahre genauso auf diese ganze verdammte Show hereingefallen wie alle anderen!«
    Wenn er Alexia und ihre Karriere meinte, so stimmte das nicht ganz. Spätestens seit ich selbst bei Healthcare arbeitete, hatte ich einen Einblick in die gesamte Problematik bekommen. Alexias beruflicher Weg hatte sie nicht an die Stelle gebracht, die sie angestrebt hatte. Dass es der Familie finanziell nicht besonders gut ging, war ebenfalls nicht zu übersehen gewesen.
    »Ich wusste sehr wohl, wie Alexia kämpfte«, sagte ich. »Und dass sie frustriert war und Angst hatte, wusste ich auch.«
    »Ja, na ja«, sagte er unbestimmt. Nie hatte ich ihn mit einem so düsteren Gesichtsausdruck gesehen. In dem zugleich eine ungeahnte Entschlossenheit lag. Ein Begriff ging mir durch den Kopf, der mir in dieser Situation plötzlich Angst machte: ein Mann, der nichts mehr zu verlieren hat.
    Immer hatte ich geglaubt, dass Alexia sich in all ihrem Stress, bei all dem Druck, dem sie ausgesetzt war, auf ihren Mann verlassen konnte. Die Liebe und der Zusammenhalt ihrer Familie, die Fürsorge ihres Mannes würden Alexia auffangen, davon war ich überzeugt gewesen. Ken stand hundertprozentig hinter ihr, ganz gleich, was geschah.
    Ken, der für sie zu jedem Opfer bereit war.
    Ich wartete und ahnte, was kommen würde. Ken würde die Wut schildern, die Frustration, die ihn zu beherrschen begonnen hatten. Er hatte seinen Lebenstraum aufgegeben, nur um dann zuzuschauen, wie sich seine Frau mehr schlecht als recht abmühte und es nicht schaffte, etwas auf die Beine zu stellen, das die Familie wirklich voranbrachte. Alexia hatte beständig durch Abwesenheit geglänzt, ohne dass sich dies wenigstens in materieller Hinsicht positiv für ihren Mann und ihre Kinder ausgewirkt hätte. Neben allen anderen häuslichen Belastungen hatte Ken auch noch verzweifelt rechnen müssen, um die Bedürfnisse der Kinder zu erfüllen und die Schulden auf dem Haus zu tilgen. Während er hier in Cardigan vergleichsweise sorgenfrei leben und gut für seine Familie hätte sorgen können.
    Mir fiel das alles nun wie Schuppen von den Augen, und ich fragte mich, wie ich die ganze Zeit so blind hatte sein können. Wie hatten wir alle, die wir die Reeces kannten, so blind sein können? Auch Matthew als Kens Freund hatte nichts gemerkt. Dabei hätte es uns klar sein müssen. Ken wäre ein Übermensch gewesen, hätte er die ganze Situation einfach und gut gelaunt weggesteckt. Er hatte sich mit Gleichmut und gelassener Freundlichkeit getarnt, hatte den liebevollen Vater und treuen Ehemann abgegeben. Hinter der Fassade war er in eine tiefe Depression geschlittert. Unbemerkt, weil sein Schauspiel tatsächlich so überzeugend gewesen war.
    »Ken«, sagte ich. Ich streckte die Hand aus, berührte kurz seinen Arm. »Ken, ich fange an zu begreifen, aber …«
    Er sah mich an. Ich erschrak, weil sein Blick so kalt war. »Jede Wette«, sagte er, »dass du überhaupt nichts begreifst?«
    »Dann erklär es mir«, sagte ich.
    Statt zu antworten, packte er meinen Arm mit festem Griff, stieß die Autotür auf, stieg aus und zerrte mich hinter sich her, wobei es ihm völlig egal war, dass ich mich an der Handbremse stieß und mir an einem der Pedale die Haut am Knöchel blutig schrammte. »Ken«, japste ich, aber er reagierte nicht, sondern machte sich daran, das letzte steile Stück des Weges zu bewältigen, wobei er mich mit einer Kraft und Entschlossenheit nachzog, die ich ihm nie zugetraut hätte. Insgeheim sandte ich ein Stoßgebet nach dem anderen zum Himmel: Konnte nicht irgendein Wanderer vorbeikommen? Oder, noch besser, eine ganze Wandergruppe? Menschen, die sich wundern würden, dass eine Frau von einem Mann ganz offensichtlich gegen ihren Willen an den Rand der Klippen geschleift wurde? Konnte mir nicht, verdammt noch mal, irgendjemand zu Hilfe kommen? Aber weit und breit ließ sich niemand blicken. Ein paar Schafe schauten interessiert zu uns herüber. Es gab nichts als die Hochebene, die Felsen, den Himmel und das Meer.
    Und den Wind, der uns fast umblies.
    Noch etwas quälte mich: der Gedanke an Alexia. Was war mit ihr geschehen? Lebte sie überhaupt noch? Und wo waren die Kinder?
    Ken blieb schwer atmend stehen, direkt am Rand des Plateaus. Unmittelbar vor seinen Füßen ging es steil hinunter. Ich konnte das winzige halbrunde Stück Sandstrand am Fuße der Klippen erkennen. An etlichen Stellen der Küste gab es

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