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Im Tal des Schneeleoparden

Im Tal des Schneeleoparden

Titel: Im Tal des Schneeleoparden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffanie Burow
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ihm ins Gesicht, aber dann trat eine Frau hinzu: Sarungs Mutter. ›Wenn mein Sohn sagt, dieser Junge sei sein Freund, werden Sie es doch nicht anzweifeln?‹, zischte sie kalt, und tatsächlich ließ der Polizist mich in Ruhe. Die beiden nahmen mich mit zu sich nach Hause. Sarung ist ein Einzelkind, und so entschlossen sich seine Eltern, mich wie seinen Bruder zu behandeln. Ich verbrachte die nächsten fünf Jahre bei Sarungs Familie und bekam eine Schulbildung, bevor ich wieder in die Berge zurückging, um die von meinem Vater für mich ausgewählte Frau zu heiraten. Du siehst, Sarung und seine Eltern waren schon immer anders. Es gab viel Gerede, vor allem, weil ich unrein bin, aber sie störten sich nicht daran.«
     
    Eine Viertelstunde später verließen sie den Tempel. Achal verabschiedete sich von Tara, da er zu einem Treffen musste, bei dem sie nicht dabei sein durfte. Er ermutigte sie, in die Innenstadt zu gehen und sich umzusehen. Dann drückte er ihr ein Bündel Rupien in die Hand.
    »Was soll ich damit?«, fragte Tara verwundert.
    »Dir eine neue Kurtha kaufen. Widerspruch zwecklos«, wehrte er ab, als Tara ihm das Geld zurückgeben wollte. »Es ist ein Geschenk von Sarungs Mutter. Du musst es annehmen, sonst beleidigst du sie.«
    »Es ist mir peinlich«, sagte Tara, steckte das Geld aber in ihre Tasche. Sie durfte das Geschenk nicht zurückweisen. Sobald sie Achal aus den Augen verloren hatte, drehte sie sich um und entfernte sich in die entgegengesetzte Richtung, dorthin, wo laut Achal das Herz der Stadt schlagen sollte. Sie nahm sich fest vor, die nächsten Stunden möglichst wenig an ihre Probleme zu denken, da sie ohnehin nichts ausrichten konnte, solange Achal den Aufenthaltsort des Bhoots und ihrer Schwester nicht ausfindig gemacht hatte.

[home]
36
    N achdem sich Uma verabschiedet hatte, ging Anna in ihr Zimmer zurück und suchte die wichtigsten Dinge für den Tag zusammen: Stadtplan, Reiseführer, die Visitenkarte der Lodge, falls sie verlorenging, Fotoapparat, Sonnenbrille, Geld, die Fleecejacke für die kühlen Nachmittagsstunden und, ganz wichtig, eine Rolle Toilettenpapier. So gerüstet verließ sie die Annapurna Lodge, allerdings nicht, bevor Ramesh ihr eingeschärft hatte, vor Einbruch der Dunkelheit zurück zu sein, da die Straßen nicht mehr sicher waren, seit sich die Leute auch ohne den Zwang des Ausnahmezustands nachts lieber in ihren Häusern aufhielten.
    Noch trug der lichtdurchflutete Tag keine Anzeichen von Gefahr, und Anna bog voller Tatendrang auf die Freakstreet, jene legendäre Straße, durch die schon ihre Eltern geschlendert waren. Tatsächlich hatten Bärbel und Sylvain und Achim und all die anderen sogar dazu beigetragen, der Straße ihren Namen zu verleihen, die eigentlich Jhochhen Thole hieß. Selbst die Einheimischen benutzten diesen Namen nicht mehr, und auch auf dem Stadtplan wurde er nur an zweiter Stelle genannt.
    Freaks, dachte Anna, als sie an den Auslagen mit bunter Batikkleidung vorbeiging. In den Augen der Einheimischen waren ihre Eltern Freaks gewesen, Wesen vom anderen Stern, die man weder verstehen konnte noch wollte. Anna vermochte die Haltung der Nepalesen nachzuvollziehen. Zum Hippie hätte auch sie nicht getaugt, ob sich Annapurna nun in ihrer Brust rührte oder nicht. Das Schaufenster eines Schmuckgeschäfts buhlte um ihre Aufmerksamkeit, und Anna blieb stehen. Silberringe und Ketten, hübsch gemacht, aber nicht ihr Geschmack. Hippie-Schmuck eben. Unwillkürlich tastete sie nach ihrem Anhänger. Auch er stammte von hier, passte vom Stil her zu allem anderen.
    »Drinnen habe ich noch mehr. Wollen Sie reinkommen und gucken?«
    Anna schrak zusammen. Sie hatte nicht bemerkt, dass der Ladenbesitzer zu ihr getreten war. Stotternd lehnte sie ab und ging ein paar Schritte rückwärts. Dass eine potenzielle Kundin Angst vor ihm hatte, war dem Ladenbesitzer wahrscheinlich noch nicht widerfahren, dachte Anna beschämt. Um der peinlichen Situation ein Ende zu bereiten, drehte sie sich um und marschierte davon, so selbstbewusst es eben ging, und war erleichtert, als sie das Ende der Freakstreet erreichte und auf die breite, zum Durbar-Platz führende Straße biegen konnte.
     
    Tara stoppte abrupt und starrte der Frau nach, deren Profil sie für einen Sekundenbruchteil gesehen hatte, bevor sie aus einer Seitengasse auf die Straße getreten war. Von hinten wäre Tara niemals auf die Idee gekommen, die Frau in dem kostbar aussehenden Salwar Kameez und mit den dunklen,

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