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Im Tal des Schneeleoparden

Im Tal des Schneeleoparden

Titel: Im Tal des Schneeleoparden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffanie Burow
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Mitternacht.
    Trotz stieg in ihm auf. »Wenn ich meine Beschattung nicht so gut durchgezogen und im Snow Man Café den Sadhu und diese Touristin unbemerkt belauscht hätte, wären Sie überhaupt nicht darauf gekommen, dass er den Pangje kennt. Und dabei haben sich die beiden in einer fremden Sprache unterhalten, ich habe mir alles selbst zusammengereimt.«
    »Das hast du fein gemacht.«
    Der ätzende Unterton seines Bosses ließ den Kräftigen zusammenschrumpfen wie einen kaputten Fußball. Trotzdem versuchte er es ein weiteres Mal.
    »Es ist uns wirklich niemand gefolgt, als wir den Alten schnappten«, beteuerte er.
    »Ach ja? Und warum treiben sich dann fremde Leute auf meinem Grundstück herum? Wie sind sie überhaupt hereingekommen? Durchs offene Tor?«
    Der Kräftige zuckte zusammen. Es war ein unverzeihlicher Fehler gewesen, das Tor nicht abzuschließen, aber wer konnte ahnen, dass diese Nachlässigkeit derart katastrophale Folgen haben würde? Er biss sich auf die Unterlippe. Was sollte er nur zu seiner Entschuldigung vorbringen? Faulheit – und um die handelte es sich – war wohl kaum eine Erklärung, die seinen Boss milde stimmen würde.
    »Dein Schweigen ist Antwort genug«, konstatierte der Sportliche. »Du kannst nur hoffen, dass ihr ganze Arbeit geleistet habt, bevor er weggeschleppt wurde. Sollte er noch fähig sein auszupacken, haben wir alle ein Problem, du allerdings ein besonders großes.«
    »Ich wollte doch nicht … Ich habe doch nur –«
    »Halt’s Maul!« Endlich schreit er, dachte der Kräftige erleichtert. Trotzdem zog er unbewusst den Kopf ein, als der andere weiterdonnerte: »Neel und du, ihr habt kläglich versagt, und ich muss zusehen, wie sich der Schaden begrenzen lässt!«
    »Ich werde alles tun –«
    »Ich habe nichts anderes erwartet«, unterbrach ihn der Boss. »Aktiviere unsere Ohren in der Stadt. Sollte der Mann noch leben, werden sie es erfahren. Und sieh zu, dass du mit den Jägern im Kali-Gandaki-Gebiet Kontakt aufnimmst. Wir müssen den Pangje finden, bevor er Wind von der Sache bekommt.«
     
    Anna öffnete die Augen, und sofort schoss ein scharfer Schmerz durch ihren Kopf. Stöhnend ließ sie sich zurück aufs Kopfkissen sinken. Es war letzte Nacht einfach zu viel Alkohol gewesen. Sie hatte einen ausgewachsenen Kater und bereute kurz ihre Maßlosigkeit. Andererseits hatte Achims Whisky sie die Wahrheit leichter ertragen lassen. Wie mochte es Achim gehen? Er hatte mindestens ebenso viel getrunken wie sie, und auch er war emotional sehr aufgewühlt gewesen. Peinlich berührt fiel Anna ein, dass sie irgendwann eng aneinandergeklammert auf der Bank gesessen und ihre Toten beweint hatten. Danach war es ihr bessergegangen, und Achim hatte sie zu einem Gästezimmer im oberen Stockwerk geführt, das er vorausschauend schon hatte herrichten lassen. Als Anna protestierte und meinte, in der Annapurna Lodge würde man sich Sorgen machen, hatte er ihr gestanden, Ramesh vorgewarnt zu haben, dass sie unter Umständen als Gast in seinem Hause bliebe. Erleichtert hatte sich Anna gefügt und war trotz gegenteiliger Befürchtungen bald eingeschlafen und auch nicht von Träumen heimgesucht worden.
    Doch jetzt kamen die von Achims Erzählung heraufbeschworenen Bilder zurück, und eine Gänsehaut überlief sie. Der Streit, der Sturz. Das Entsetzen ihres Vaters, als ihm klarwurde, dass er sterben würde. Aber auch Achims und Moons vergeblicher Versuch, zu Sylvain vorzudringen – Moon war natürlich nicht sofort gegangen, sondern hatte, getrieben von Entsetzen und Schuldgefühlen, darauf bestanden, die Leiche zu bergen. Beinahe wären bei dem riskanten Versuch auch Achim und Moon abgestürzt, und so mussten sie schließlich aufgeben und verließen den Ort der Katastrophe. Es gab nichts, was sie tun konnten. Sylvain hatte seine letzte Ruhestatt inmitten der wilden Bergwelt gefunden. Anna schluckte schwer. Vor ihrem inneren Auge sah sie Krähen auf Sylvains Körper herumhüpfen, Geier, die sich vom Himmel herabschraubten.
    »Hör auf!« Anna hatte unwillkürlich laut gerufen, und es funktionierte: Die Bilder verschwanden, und sie wagte ein zweites Mal, die Augen zu öffnen. Die Kopfschmerzen waren nicht schwächer geworden, trotzdem setzte sie sich auf. Langsam, ganz langsam. Jemand hatte eine Wasserflasche neben das Bett gestellt. Anna nahm dankbar einen großen Schluck, dann inspizierte sie das Zimmer. Viel gab es nicht zu entdecken: ein schöner antiker Schrank mit einer naiven, von

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