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Im Tal des Schneeleoparden

Im Tal des Schneeleoparden

Titel: Im Tal des Schneeleoparden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffanie Burow
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ruhenzulassen. Meistens gelang es mir auch.«
    »Bis ich daherspaziert kam.«
    »Genau. Aber ich bin froh darüber. Wenn ich dich ansehe, ärgere ich mich beinahe, nicht doch beharrlicher um deine Mutter geworben zu haben. Ich hätte dich gern aufwachsen sehen, wäre dir gern ein Vater gewesen. Du hättest gut nach Kathmandu gepasst.« Plötzlich wirkte er linkisch wie ein kleiner Junge. Ehe es sich Anna versah, war er aufgesprungen, hatte sie aus ihrem Stuhl gehoben und fest in die Arme genommen. »Aber jetzt bist du da! Du glaubst gar nicht, wie sehr ich mich darüber freue.«

[home]
48
    E r ist übel zugerichtet, aber er wird es schaffen.« Der Arzt kontrollierte ein letztes Mal den Herzschlag des Kranken und erhob sich dann von der Bettkante.
    Tara fiel ein Stein vom Herzen. Sie hatte die ganze Nacht neben dem gefolterten Mann Wache gehalten und war völlig erschöpft.
    »Ich weiß, dass es besser ist, wenn Sie mir nichts erzählen, aber ich bin entsetzt. Wer schlägt einen alten Mann, noch dazu einen Asketen, so grauenhaft zusammen?«
    »Es ist besser, wir ziehen Sie nicht noch weiter in die Geschichte«, sagte Achal. »Wir wissen, wer es war, das heißt: Wir wissen, wer die Leute angewiesen hat, den armen Kerl so zu misshandeln. Der Grund jedoch …« Achal zuckte die Schultern. »Ich kann nur vermuten, und keine der Vermutungen gefällt mir.«
    »Dann werde ich mich wieder in meine Praxis begeben. Rufen Sie mich, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert. Heute Abend komme ich, um die Verbände zu wechseln und ihm eine schmerzstillende Spritze zu geben. Kühlen Sie die Schwellungen in seinem Gesicht und versuchen Sie, ihm ein wenig Flüssigkeit einzuflößen, Tee oder Wasser. Wenn es nicht klappt, bemühe ich mich, einen Tropf aufzutreiben.«
    »In Ordnung. Was schätzen Sie, wann er wieder zu sich kommt?«
    Der Arzt warf einen prüfenden Blick auf die ausgemergelte Gestalt. »Schneller, als Sie denken. Soweit ich es im Moment beurteilen kann, ist lediglich der linke Unterarm gebrochen, alle anderen Knochen sind unverletzt. Wegen der ausgeschlagenen Zähne wird er wahrscheinlich ein paar Tage nicht sprechen können, und er hat überall Prellungen und Platzwunden und mit Sicherheit eine böse Gehirnerschütterung, aber ich kenne diese Asketen. Sie sind zäh wie Gummi und können enorm viel einstecken. Sorgen mache ich mir über innere Verletzungen, aber um feststellen zu können, ob seine Organe in Ordnung sind, müsste er im Krankenhaus untersucht werden.«
    »Das wäre sein sicherer Tod«, warf Tara ein. »Wenn der Bhoot ihn aufstöbert, wird er auch Mittel und Wege finden, sein Vorhaben zu Ende zu führen.«
    Tara spürte die Hand des Arztes auf der Schulter und blickte auf.
    »Vertrauen Sie mir, er wird wieder gesund. Sein Körper funktioniert normal, sein Herz ist stark wie das eines Elefanten, und er hat kein Blut im Urin. Das sind sehr gute Zeichen.« Er lächelte ermutigend. »Er ist in diesem Haus ganz offensichtlich in besten Händen. Ist er ein Bekannter von Ihnen?«
    Tara schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn nur ein einziges Mal gesehen.«
    »Wie auch immer, ich muss jetzt los. Bis heute Abend.«
    Sobald der Arzt gegangen war, wandte sich Achal an Tara. »Du hast ihn schon einmal getroffen? Du weißt, wer er ist? Warum hast du nichts gesagt?«
    »Weil ich mir nicht sicher war. Es war ein zufälliges Zusammentreffen völlig ohne Bedeutung.« Sie erhob sich ebenfalls. »Ich gehe jetzt.«
    »Ja, du solltest schlafen.«
    »Nicht schlafen. Ich gehe zum Tempel und mache eine Puja für den Mann. Er muss wieder zu sich kommen. Er muss uns berichten, was los ist. Vielleicht weiß er, wohin meine Schwester gebracht wurde.« Sie beugte sich zu dem Hund. »Komm«, sagte sie, »wir machen einen Ausflug.« Der Hund stand auf und wedelte mit dem Schwanz, doch als Tara das Zimmer verlassen wollte, zögerte er. Unentschlossen huschte sein Blick zwischen Tara und dem Kranken hin und her.
    »Seltsam«, murmelte Achal. »Ich habe das Gefühl, als verbinde ihn etwas mit dem Mann. Er ist die ganze Zeit nicht von seinem Bett gewichen.«
    Endlich entschied sich der Hund, Tara zu folgen. Bevor Tara auf den Flur trat, drehte sie sich noch einmal um. »Der Sadhu hat mit dem Hund gesprochen«, sagte sie und schloss die Tür, ohne Achals Antwort abzuwarten.
    Tara war froh, das mutige Tier an ihrer Seite zu haben. Seit den Ereignissen der letzten Nacht erschien ihr die Stadt noch bedrohlicher als zuvor. Die wenigen Menschen auf

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