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Im Tal des Schneeleoparden

Im Tal des Schneeleoparden

Titel: Im Tal des Schneeleoparden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffanie Burow
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sich auf den Felsen und beobachtete nun seinerseits Achim und Moon, die beieinanderstanden und das Seeufer nach ihm absuchten. Siebzig Meter! Er keuchte. Wie viele Sekunden brauchte eine Raubkatze, um diese Distanz zu überbrücken? Fünf Sekunden? Weniger?
    »Sylvain! Da bist du ja!« Achims Ruf verscheuchte seine Beklemmung. Er winkte ihm zu und verließ den Felsen.
    Eine Stunde später standen Achim und Sylvain auf einem kleinen Felsvorsprung weit oberhalb des Milchsees. Trotz der Entfernung ließen sich die Spuren der Raubkatze deutlich erkennen, eine graue Linie auf dem weißen Schnee. Sylvain berichtete Achim von seinem Erlebnis der letzten Nacht und der Entdeckung des Morgens.
    »Hast du das Tier denn gesehen?«, fragte Achim.
    Sylvain schüttelte den Kopf. »Nein, nur die Spuren.«
    »Wie unheimlich«, sagte Achim. »Es hätte dich töten können.«
    »Vielleicht. Aber ich glaube es nicht.« Sylvain kratzte nachdenklich mit seinem Fuß im Schnee. »Du wirst es wahrscheinlich lächerlich finden, aber ich hatte letzte Nacht das Gefühl, unantastbar zu sein. Ich war eins mit den Bergen, habe mich wirklich als Teil der Schöpfung begriffen. Es war, als hätten die Götter der Berge mich geschützt.«
    »Die Götter der Berge?« Achim schüttelte verständnislos den Kopf. »Jetzt mach aber einen Punkt. Du hast einfach nur Glück gehabt, dass die Katze satt war.«
    »Die Nacht war magisch«, beharrte Sylvain. »Du bist wirklich ein furchtbarer Realist.«
    »Und du ein unverbesserlicher Träumer. Komm endlich in der Wirklichkeit an«, sagte Achim scharf, dann drehte er sich um und setzte seinen Aufstieg fort.
    Sylvain folgte ihm mit einem beklommenen Gefühl. Ihre Meinungsverschiedenheit war nur eine Bagatelle gewesen, doch es stand seit einiger Zeit nicht zum Besten zwischen Achim und ihm. Im Laufe der Wanderung war es immer wieder zu Auseinandersetzungen gekommen, meist wegen Nichtigkeiten, und Sylvain fragte sich mittlerweile, was ihre Freundschaft wert war. In Kathmandu hatte er an sie geglaubt. Achim war nach anfänglichen Differenzen zu seinem Vertrauten geworden, doch je weiter sie sich von Kathmandu und damit auch von Babsi entfernten, desto mürrischer und aggressiver gab sich Achim. Sylvain konnte ihm nichts recht machen, und er vermutete den Grund in der noch immer schwelenden Eifersucht, auch wenn Achim sie gut kaschierte. So gut, dass Sylvain zwischenzeitlich geglaubt hatte, die Sache wäre ein für alle Mal bereinigt. Er hatte sich getäuscht – der Stachel saß nach wie vor tief in Achims Fleisch.
    Aber ist das wirklich mein Problem? Trifft mich irgendeine Schuld? Nein, dachte Sylvain trotzig, Babsi hatte sich entschieden, für mich, gegen Achim. Sie ist nicht verliebt in ihn und war es auch nie. In Wahrheit ist er ein viel zu grober Klotz für sie.
     
    Gegen Mittag erreichten sie einen gefährlich aussehenden Erdrutsch. Sylvain drängte zur Umkehr, während Moon und Achim weitergehen wollten. Eine heftige Diskussion entbrannte, die Achim damit beendete, indem er einfach auf den Erdrutsch kletterte und seine Ohren gegen Sylvains Argumente verschloss. Moon folgte Achim fast augenblicklich, so wie er ihm seit Monaten folgte, und auch Sylvain schluckte schließlich seinen Ärger über Achims Unvernunft herunter und wagte sich auf die steile Halde.
    Die Klettertour auf dem unsicheren Grund erwies sich als lebensgefährliche Herausforderung. Jeder Schritt musste vorsichtig ertastet, jeder Stein auf seine Festigkeit geprüft werden. Trotz seiner Vorsicht verlor Sylvain mehrmals den Halt und konnte sich nur knapp vor einem tödlichen Sturz bewahren.
    Er war stinksauer, als er sich endlich auf einen Felssims in der Mitte des Erdrutsches hievte, auf dem sich Moon und Achim für eine Pause einrichteten.
    »Na, hast du es endlich geschafft? Die Berge sind wohl etwas zu viel für unseren verzärtelten Franzosen.«
    Die anstrengende Überquerung des Erdrutsches hatte Sylvains Nerven zerfranst, und Achims unverblümte Verachtung brachte das Fass zum Überlaufen. »Arschloch!«, schrie er mit überschnappender Stimme. »Mit deinem Neandertalergehabe bringst du uns alle in Gefahr!«
    »Neandertalergehabe?« Achim sprang auf. »So einen Scheiß brauche ich mir nicht anzuhören.
Du
bist es, der es nicht bringt. Du bist kein Mann, sondern ein Angsthase und Schwächling.«
    »Ich ein Schwächling? Wohl kaum, sonst stünde ich nämlich nicht hier. Aber klar, für deinen beschränkten Horizont muss ich natürlich wie

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