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Im Tal des Windes: Roman (German Edition)

Im Tal des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Maly
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Dorfstraße heruntergeeilt kam. Seine Miene war hart, die Haut, wohl vor Aufregung, fleckig gerötet, der schmale Mund zusammengekniffen.
    Er reichte ihr die knochige Hand. Sein Händedruck war feucht, und nach einem Blick in seine stechend hellblauen Augen war Johanna klar, dass sie diesen Mann nicht mochte, auch wenn er ein Diener Gottes war.
    » Ich freue mich außerordentlich, Sie kennenzulernen, Mrs Waters, ich bin James Finn « , haspelte er mit dünner Stimme und schüttelte dann auch Father Blakes Hand.
    Die vielen Jahre, die sie in der Londoner Oberschicht verbracht hatte, waren nicht spurlos an Johanna vorbeigegangen. Intrigen und Missgunst waren an der Tagesordnung, und es war nahezu überlebenswichtig, die Miene seines Gegenübers lesen zu können.
    Das winzige Zucken eines Mundwinkels und eine leise Anspannung der Hände konnten den Lügner entlarven und ein freundliches Lächeln zur bloßen Farce verkommen lassen. Johanna hatte zwar selbst nie Freude daran gefunden, dieses Spiel mitzuspielen, doch sie war eine gute Beobachterin. Father Blake war alles andere als ein fähiger Schauspieler. Er war leicht zu durchschauen, und nachdem sie die ersten Worte gewechselt hatten, war ihr bereits klar, dass der Missionar seinen geistlichen Bruder auch nicht leiden konnte.
    Zwischen den beiden Männern schien sogar eine unausgesprochene Feindschaft zu herrschen.
    Während Finn seine Gäste durch das blühende Dorf geleitete, sah Johanna sich um. Die Häuser der Eingeborenen waren von bewundernswerter Schönheit. Einige waren mit Schnitzereien verziert, und sie konnte es kaum erwarten, den Künstler kennenzulernen, der hinter diesen Arbeiten steckte.
    Nun zweifelte sie nicht mehr an Father Blakes Aussage, dass in diesem Dorf die mit Abstand besten Schnitzereien zu finden seien.
    Doch Johanna erfuhr, dass Finn seinen Einfluss geltend gemacht und der Schnitzer den Ort verlassen hatte, weil der Missionar keine heidnischen Darstellungen mehr duldete und sich der Mann weigerte, zu konvertieren und sich biblischen Motiven zuzuwenden. Mittlerweile übte er seine Kunst in einem anderen Maori-Dorf aus.

    Das Zimmer, in dem Johanna untergebracht wurde, war der Inbegriff der Trostlosigkeit. Ein winziger quadratischer Kasten, ausgestattet mit einer Pritsche und einem kleinen Tisch, darauf eine Bibel und eine Kerze. An der Wand hing ein Kruzifix. Das Fenster in der Größe einer Schießscharte war so hoch angebracht, dass sie nicht hinaussehen konnte.
    Als ihr Gepäck gebracht wurde, hatte Johanna das Gefühl, kaum noch einen Schritt tun zu können, so eng war es. Umso erleichterter war sie daher, als es kurz darauf an ihrer Tür klopfte und sie in das freundliche Gesicht von Father Blake sah.
    » Wir haben noch ein wenig Zeit bis zum Einbruch der Dunkelheit, haben Sie Interesse, sich noch ein wenig umzusehen? «
    » Natürlich! Sie haben so viel darüber erzählt! «
    Von der Kirche und dem Wohnhaus des Missionars führte ein breiter Pfad hinab in den Ort.
    Eine Gruppe Maori-Frauen kam ihnen entgegen und grüßte scheu. Ihr Anblick war irritierend. Sie trugen lange, hochgeschlossene Kleider, die Haare sittsam unter Kopftüchern verborgen. Im Gegensatz zu ihnen fühlte sich Johanna regelrecht freizügig.
    Father Blake bemerkte ihren Blick und verzog missbilligend den Mund.
    » Ja, Finn führt seine Schäfchen mit strenger Hand. Und ich muss zugeben, er hat damit weit mehr Erfolg als ich. Sie müssten ihn predigen hören. Ich habe selten einen Mann mit solcher Inbrunst vernommen. Er macht aus der Bibel eine Sammlung von Schauergeschichten, bei denen selbst mir angst und bang wird. «
    Johanna konnte sich sehr gut vorstellen, was sie in der Kirche zu hören bekommen würde. » Mein Hauslehrer liebte die Viten der Märtyrer, ich habe jeden Abend vor dem Einschlafen geweint und wollte gar nicht mehr aufhören, für sie zu beten. Ihre Predigten sind schöner, Father. «
    Er lächelte.
    » Finden Sie? «
    » Ja. Ich glaube nicht, dass die Menschen Christen werden sollten, weil sie sich fürchten, sondern aus Liebe zu Gott. «
    » Ganz meine Worte, mein Kind, aber ich glaube, mit dieser Meinung stehen wir in Neuseeland allein da. «
    Sie hatten einen Schuppen erreicht, dessen Tür mit einem schweren Eisenschloss gesichert war.
    » Finn hat mir den Schlüssel gegeben. Normalerweise sammelt er die Götzenfiguren hier und verbrennt sie zu Ostern oder Weihnachten. Mein Brief hat ihn aber früh genug erreicht. «
    Father Blake stieß die

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