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Im Tal des Windes: Roman (German Edition)

Im Tal des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Maly
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fortsetzen.
    Arthur hatte die beiden Frauen für einen Moment allein gelassen. Johanna hätte nicht gedacht, dass sie sich einmal wünschen würde, ihn in ihrer Nähe zu haben, doch hier in der Fremde war alles anders.
    Arthur hatte sich aufmachen müssen, um für sie eine Bleibe zu finden, wo sie übernachten und warten konnten, bis Thomas auftauchte.
    Frierend rieb Johanna sich die Arme und zog ihre wollene Pelerine fester um die Schultern. Der kurze Umhang wärmte kaum. Angeblich stand der Frühling vor der Tür, und Thomas hatte ihr ein warmes, mitunter sogar heißes Klima versprochen. Im Moment war davon nichts zu spüren. Der Boden, auf dem sie standen, war vom Regen aufgeweicht, und nur der Sand verhinderte, dass sie bis zu den Knöcheln versanken.
    Johannas Blick wanderte zum Kai, wo soeben die Pferde mit verbundenen Augen und Beinfesseln über eine Rampe an Land gebracht und in kleine Pferche neben einer Lagerhalle gesperrt wurden.
    Sobald ihnen die Männer die Seile und Augenbinden abnahmen, erstarrten die Tiere zu lebendigen Statuen, reckten die Nüstern in den Wind, spitzten die Ohren und sprangenimnächsten Augenblick wie ausgelassene Ziegenböcke umher.
    Johanna und Abigail lachten in einem Moment der Verbundenheit, als auch Star sich dem Freudentanz der anderen Pferde anschloss. Sie sahen ihr eine Weile zu, dann berührte die Irin Johanna plötzlich am Arm und wies mit dem Kinn in eine Richtung.
    Die Häftlinge verließen als Letzte das Schiff.
    Es waren schmutzige, bemitleidenswerte Gestalten in zerschlissener Kleidung, die an ihren viel zu dünnen Körpern schlackerte.
    Die Männer kamen zuerst. Viele hielten sich die Hände vor die Augen. Selbst das schummerige Licht der Abenddämmerung schien sie zu schmerzen.
    Als die Frauen herausgeführt wurden, senkte Abigail den Blick.
    Um zu den wartenden vergitterten Wagen zu gelangen, mussten sie an Johanna und ihrer Begleiterin vorbei. Einige der weiblichen Häftlinge erkannten Abigail und spuckten vor ihr aus.
    » Hast du dir deinen Platz bei der feinen Herrin ergaunert « , höhnte eine.
    » Dreckige Irin, bah, was seid ihr für ein Volk! « , stieß eine dürre Blonde hervor, die eine breite Narbe im Gesicht hatte.
    Wenn sie nur mutig genug gewesen wäre, hätte Johanna sie zurechtgewiesen, doch dann kam ihr ein Wärter zuvor und stieß die Frauen weiter. Mit solchen Kreaturen hatte Abigail die lange Schiffsreise verbracht? Es musste die Hölle gewesen sein.
    Die Irin sah auf die Bucht hinaus, wo sich Fluss und Meer vereinigten, und schwieg.
    Johanna legte ihr tröstend die Hand auf die Schulter. Ob sie ihre Heimat wohl jemals wiedersehen würden?
    Als die Sonne schon fast untergegangen war und ihr Licht wie flüssiges Gold über Ozean und Inseln goss, rumpelte endlich ein altes Fuhrwerk heran. Auf dem Bock neben dem Fahrer saß Arthur Remington. Er hob zur Begrüßung kurz die Hand, sprang ab und eilte zu den wartenden Frauen.
    » Gibt es Nachricht von Thomas? Haben Sie ihn gefunden? « , drängte Johanna. Wirklich Hoffnung machte sie sich nicht.
    Arthur schüttelte auch gleich darauf den Kopf. » Nein, nichts von Mr Waters, aber ich habe eine Pension für uns gefunden. Ich bringe Sie hin, und dann versuche ich, weitere Nachforschungen anzustellen. Im Notfall müssen wir uns allein zur Farm aufmachen. «
    » Aber wir wissen doch gar nicht genau, wo sie liegt. «
    » Irgendjemand wird es wissen, Ma’am, und jetzt steigen Sie erst einmal ein. Wenn Sie etwas Warmes gegessen haben, sieht die Welt sicher gleich anders aus. «
    Die Fahrt war kurz. Schon nach wenigen Minuten durch unebene Gassen hielten sie vor einem kleinen, freundlichen Holzbau mit frischem weißem Anstrich. Das Kawau Inn war das vornehmste Gebäude, das Johanna hier bislang gesehen hatte. Zwei Laternen beleuchteten die offen stehende Tür, die von merkwürdigen Schnitzereien eingerahmt wurde. Zwischen geometrischen Flächen waren Fratzen eingekerbt, deren Augen im flackernden Licht gespenstisch leuchteten. Neugierig streckte Johanna die Hand danach aus.
    » Es sind Paua-Muscheln « , sagte plötzlich jemand mit walisischem Akzent.
    Johanna blickte in das Gesicht einer rundlichen älteren Wirtin, wie es sie wohl selbst an der abgelegensten Ecke der Welt noch gab. Sie hatte ihr Haar zu einem lockeren Knoten aufgesteckt und trug eine weiße Schürze über einem braunen Kleid. Um ihren Hals hing ein weißer Anhänger. Eine Tierfigur, deren Augen ebenfalls funkelten.
    » Die Maori setzen

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