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Im Tal des Windes: Roman (German Edition)

Im Tal des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Maly
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ein paar schöne Stoffe als Geschenke. Dann ist der Vertrag bald kein Thema mehr. Solange nicht noch mehr Siedler herkommen und einfach Land in Besitz nehmen… «
    Johanna nickte und schwieg. Wenn sie Thomas richtig verstand, erhoffte er genau das. Dann musste er das Holz nicht mehr bis in den nächsten Ort oder gar zum Meer flößen, sondern konnte es direkt ab Sägewerk verkaufen.
    Thomas hatte nie vorgehabt, einfacher Siedler zu werden. Er hatte ihr zwar nie gesagt, was ihn zum plötzlichen Aufbruch von London getrieben hatte, doch Johanna hegte so ihre Vermutungen. Um Bauer zu werden, war er nicht hergekommen. Was ihm in England als Bürgerlicher verwehrt blieb, ein Aufstieg in die oberste Gesellschaftsschicht, war hier leicht zu schaffen.
    » Leben Sie schon lange hier, Father Blake? «, fragte sie schließlich.
    » Ja, sehr, sehr lange. Ich kam als junger Mann im Auftrag der Church Mission Society her, beseelt von dem Gedanken, den Wilden den Weg zu Gott zu ebnen. In der Walfangsiedlung in Kerikeri haben wir die erste Mission auf neuseeländischem Boden errichtet. Ich bin aufgebrochen, um hier mein Glück zu versuchen, aber soweit ich weiß, haben sie dort in den ersten zehn Jahren keinen einzigen Maori bekehrt. Ich hatte in Urupuia ein kleines bisschen mehr Glück, aber nicht viel. « Er lachte und sah zu der älteren Frau, die das Essen gekocht hatte und sich jetzt, nach getaner Arbeit, wie selbstverständlich zu ihnen an den Tisch setzte. Wie viele Maori-Frauen so hatte auch sie schwarze Lippen, von denen aus sich ein Geflecht aus Linien über ihr Kinn erstreckte. Father Blake tauschte einen warmen Blick mit ihr. Sie waren scheinbar seit Langem miteinander vertraut.
    Er seufzte.
    » Jetzt sind vierunddreißig Jahre vergangen, und ich habe vieles von den Maori gelernt. Gott hat meine Geduld mit diesem Volk wahrlich auf eine harte Probe gestellt. Ich bin es leid geworden, ständig gegen Wände anzurennen. Wer zu mir kommt, den empfange ich mit offenen Armen und offenem Herzen, aber ich kämpfe nicht mehr um jede einzelne Seele, das sollten die eifrigen jungen Priester übernehmen, die schiffsladungsweise hierher transportiert werden. «
    » Aber die hübsche kleine Kirche! « , protestierte Johanna.
    » Ein wenig habe ich schon vermocht, sicher « , er lächelte in sich hinein. » Aber selbst Hariata, die so wunderbar kochen kann und mir eine treue Freundin ist, hält es lieber mit ihren Götzen. «
    » Aotearoa ist groß « , antwortete diese daraufhin. » Es ist Platz für viele Menschen und viele Götter. Einst, vor langer Zeit, als unsere Ahnen aus Hawaiki über das Meer hierherkamen, waren Tane, Tangaroa, Haumia und all die anderen bei uns. Jetzt kommt ihr Pakeha, und auch eure Götter reisen mit euch. «
    » Wir haben keine Götter « , ereiferte sich der Missionar.
    Sie winkte lächelnd ab.
    » Ich weiß. Es sind drei, die einer sind, du hast es oft genug gesagt, Stuart. Ein Gott, der sich selber teilt und den ihr dann aufesst. So ist es « , schloss sie und nickte vor sich hin.
    Father Blake lachte bitter und vergrub das Gesicht in den Händen.
    » Es ist zum Verzweifeln. So geht es schon seit zig Jahren! «
    Johanna musste lächeln. Dies war offenbar eine Unterhaltung, die der Missionar nicht zum ersten und sicherlich auch nicht zum letzten Mal mit seiner Haushälterin führte.
    Hariata erhob sich und legte dem Priester tröstend die Hand auf die Schulter.
    » Ich gehe jetzt, bevor du doch wieder versuchst, mich mit deinem Zauberwasser nass zu spritzen. Morgen kommt meine Nachbarin und kocht dir etwas. «
    » Welche? «
    » Ich weiß noch nicht « , erwiderte sie amüsiert, winkte Johanna zum Abschied und ging.

    Es war Johanna schwergefallen zu beten. Die kleine Maori-Kapelle war so anders als die All Souls Church in London. Dunkel und eng, mit wenigen Bankreihen, und sogar der vertraute Weihrauchduft fehlte. Im Beichtstuhl hatte sie dann doch alles um sich herum vergessen und ihre Seele erleichtert. Zehn Vaterunser, mehr waren dem Missionar ihre Gedanken an Liam nicht wert gewesen, das hatte sie sogar ein wenig enttäuscht. Ihr Londoner Beichtvater war viel strenger gewesen.
    Nun stand sie mit Father Blake vor der kunstvoll verzierten Kirchentür und ließ ihre Hand über die verschlungenen Figuren und Ranken gleiten.
    » Das ist wunderschön. Dieses Volk hat ein außerordentliches Handwerk hervorgebracht. «
    » Verstehen Sie etwas davon? «
    » Mein Vater sammelt Artefakte aus den Kolonien,

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