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Im Tempel des Regengottes

Im Tempel des Regengottes

Titel: Im Tempel des Regengottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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Climpsey. Er klatschte in die Hände, und das Sirren erstarb.
    »Sie haben die Wahl, Robert.« Mortimers Blick richtete sich auf ihn, ernst und ein wenig vorwurfsvoll. »Entweder lassen Sie sich hier und heute von den Soldaten verhaften, morgen in Fort George wegen zweifachen Mordes verurteilen und übermorgen auf dem Richtplatz füsilieren. Oder Sie kommen mit uns in die unerforschten Tiefen des Regenwaldes, wo Kameradschaft, Abenteuer und der Schatz des Canek, des letzten Königs der alten Maya, auf uns warten. Also wählen Sie.«
    Für einige Augenblicke herrschte Schweigen. Robert wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er glaubte vor Hitze zu vergehen, dabei hatte er seine Jacke längst ausgezogen und trug zu der schweren Flanellhose nur noch das elend gestärkte weiße Hemd, das allerdings von Schweiß durchweicht war.
    »Aber ich bin unschuldig!« brach es aus ihm hervor. »Ich habe ja niemanden getötet, es war Ihre Waffe, Stephen, aus der Sie gefeuert und die Sie mir anschließend in die Hand gedrückt haben.« Ein Zittern überlief ihn, jetzt war es heraus. Hätte er nicht besser geschwiegen? Was, wenn die beiden seine Offenheit übelnahmen? Schließlich hatte Mortimer eben angedeutet, daß er ihnen auf Gnade oder Ungnade ausgeliefert war.
    »Das war nur gerecht«, sagte Mortimer, dessen Blick immer noch brütend auf ihm lag.
    »Wie kann es gerecht sein, daß ich unschuldig verdächtigt werde?« Robert hatte es ausgerufen, und seine Wangen glühten wie im Fieber. Nie zuvor hatte er so unerschrocken seine Position verteidigt, und er spürte, wie Begeisterung in ihm emporstieg, wie vor Jahren, wenn er, fast noch ein Knabe, über Catherwoods Zeichnungen von unerhörten Abenteuern geträumt hatte.
    »Weil ich nur geschossen habe, um dich zu retten!« rief Mortimer zurück. »Erkennst du das wirklich nicht?« Sein Baß dröhnte in der Kutschkabine.
    Robert sah in Mortimers wasserhelle Augen, die ihn vorwurfsvoll fixierten, und erblickte wie in einem Spiegel noch einmal, was heute vormittag im Park des Gouverneurs geschehen war. Die drei braunen Männer in den weißen Gewändern, die sich auf ihn zu bewegten, düster und feierlich. Paul Climpsey, der ihnen in den Weg trat, etwas zurief, in ihrer Sprache. Der Uralte, dessen Gesicht sich vor Zorn verfinsterte und der einen Zauber gegen Climpsey entfesselte, eine Wolke goldener Insekten, die Pauls Kopf flirrend umhüllten. Dann der Schuß, der einen der Maya, den Mann in mittleren Jahren, zu Boden riß.
    »Mich zu retten?« wiederholte er Mortimers Worte. »Aber der Zauber, was immer es gewesen sein mag, der goldfarbene Gaukelspuk - er ging gegen Paul, nicht gegen mich!« Er sah von Stephen zu Paul und wieder zu Stephen. Noch immer spürte er jene Begeisterung in seinem Innern, Freude über die Unerschrockenheit, mit der er seine Sache vertrat.
    »Du bist ein Narr, Robert«, sagte Paul Climpsey, »wenn nicht etwas Ärgeres. Was hat die ganze Sache mit mir zu tun? Du wolltest diesen Schattenfleck auf dem Rasen des Gouverneurs zeichnen, ich habe lediglich versucht, die drei braunen Affen von dort zu verjagen. Darauf sind sie auf dich losgegangen, und als ich ihnen in den Weg getreten bin, hat der Alte mich außer Gefecht gesetzt, damit sie weiter auf dich losgehen konnten.«
    Paul sah ihn an, mit offenem Blick, ein wenig gekränkt, wie es schien, aber nicht kalt und höhnisch wie sonst. Robert versuchte fieberhaft nachzudenken, doch die Wendung war zu rasch, zu unerwartet gekommen, die beiden belagerten ihn mit ihren Blicken, und von hinten jagten die Verfolger heran. Während er noch überlegte, ergriff wieder Stephen Mortimer das Wort: »Zum Donner, du solltest Paul und mir besser glauben, Robert, wir haben schon einiges mit den braunen Affen erlebt.« Die Hände auf die Schenkel gestützt, beugte er sich so weit nach vorn, daß sein Atem über Roberts Wange strich. »Sie kennen einen Haufen solcher Zauberstückchen - Magnetismus, Suggestion oder wie du es nennen magst, und einige von ihnen beherrschen wohl auch echten Teufelsspuk.«
    Stephen nickte bedeutungsschwer und verharrte in der Haltung, die er eben eingenommen hatte, sein fleischiges Gesicht so nahe vor Robert, als ob er die Schweißperlen auf dessen Stirn zählen wollte.
    »Jedenfalls kannst du sicher sein«, fügte nun wieder Paul hinzu, »daß der alte Hexenmeister dir den Garaus gemacht hätte.«
    Robert wandte sich nach rechts, zu Paul, der gleichfalls zu ihm aufgerückt war und ihm soeben eine Hand

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