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Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Titel: Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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weit offen stand.
    Luke rutschte auf dem Boden aus und schaute nach unten. Sein Fuß war nass und rot vom Blut. Es war sein eigenes Blut, das von der Hüfte über sein Bein hinabrann. Er spürte nur einen kleinen Schmerz in der Hüfte, aber beim Anblick des vielen Bluts wurde ihm schwindelig. Er blieb stehen und musste sich übergeben. Aber es kam nichts heraus, nur ein wenig Schleim. Eigentlich war es mehr ein Rülpsen. Er blickte über die Schulter zur Treppe hin. Aber Surtr kam nicht herunter. Oben war es ganz ruhig.
    Loki war an der Tür angelangt und fiel auf den Rücken. Er lag halb draußen auf der Veranda und halb im Korridor. Sie starrten sich an. Sie schnauften beide laut, waren vollkommen erschöpft und brachten kein Wort heraus. Er hatte nicht bemerkt, dass der Lauf der Flinte so tief gerichtet war, als er auf Loki geschossen hatte, aber er hatte ihn genau in den Unterleib getroffen. Loki presste seine Hand dorthin, wo sich eine dunkle flüssige Masse immer weiter ausbreitete.
    »Luke, hör auf!«, kommandierte er mit seiner tiefen Stimme. Obwohl er immer viel weiße Schminke im Gesicht gehabt hatte, hatte Loki noch nie so blass ausgesehen.
    Luke schüttelte den Kopf. Er schluckte, brachte aber noch immer nichts heraus.
    »Nicht, Luke. Ich will nicht, dass du das tust.«
    Dann war er wieder in der Lage zu sprechen. »Wo sind die Autoschlüssel?«
    Loki schwieg, zuckte aber zusammen und wand sich vor Schmerzen.
    »Die Schlüssel, Loki?« Er warf einen Blick über die Schulter. Surtr war noch immer nicht zu sehen.
    »Oben. In meiner Jacke.«
    »Damit ich deiner fetten Nutte in die Arme laufe? Vergiss es.«

    Loki sah ihn an. Er war völlig verängstigt, er hatte Luke die Wahrheit über die Schlüssel gesagt. Luke starrte den großen Kerl an, der da vor ihm lag und im Todeskampf zitterte. Er konnte kaum älter als zwanzig sein. Loki fing an zu weinen. Luke konnte ihm nicht in die Augen sehen. Auch er fing an zu weinen, er konnte es nicht verhindern. Er bedauerte zutiefst, was er Fenris und Loki angetan hatte. Jeden Augenblick konnte er zusammenbrechen.
    Luke hörte auf zu weinen. Jetzt packte ihn wieder die Wut. Er schluckte und stieß hervor: »Meine Freunde wollten auch leben, Loki. Sie wollten ihre Kinder wiedersehen.« Er räusperte sich und spuckte aus. »Mitleid ist ein Privileg hier draußen. Kein Recht. Das habt ihr so gewollt. Jetzt dürft ihr nach euren eigenen Regeln sterben.« Er räusperte sich erneut und sagte: »Scheiß drauf.« Dann richtete er den Lauf des Gewehrs auf Lokis breites Gesicht. »Darauf läuft’s hinaus.«
    »Nein, Luke«, sagte Loki mit einer Stimme, die nicht mehr so tief klang. Er hob abwehrend eine Hand. Die Handfläche war nass und rot.
    Luke schoss durch seine Finger hindurch und nagelte seinen großen Kopf auf die Holzplanken der Veranda. Ein Wirbel aus schmieriger Flüssigkeit vermischt mit Knochensplittern sprühte aus der Wunde, den Luke lieber nicht näher betrachtete. Das Geräusch der herausquellenden Hirnmasse war das Schlimmste, was er je gehört hatte.
    Luke lud erneut durch, stieg über Loki hinweg, der unter ihm noch immer zitterte und zuckte. Aber Luke machte sich keine Sorgen, dass er jemals wieder aufstehen würde.
    Luke zog die Nase hoch, an seinem Mund und am Kinn klebte Schleim. Er wischte sich mit dem Unterarm das Gesicht ab.
    Fenris lag ein paar Meter vom Haus entfernt auf der Seite und bemühte sich noch immer voranzukommen. Er schob sich mit einem Arm immer weiter über den Boden auf die Bäume zu.
Einfach nur, um hier wegzukommen. Luke folgte ihm. Im Gras war jede Menge Blut zu sehen.
    Dann hielt Luke inne, drehte sich um und schaute hinauf zu den Fenstern des Hauses. Er bemerkte das weiße runde Gesicht von Surtr hinter einer Scheibe. Sie blickte durch das kleine Fenster des Zimmers, in dem sie ihn gefangen gehalten hatten. Ihr Gesicht war eine einzige Maske des Schreckens. Sie starrten einander an, dann verschwand sie im Zimmer.
    »He«, sagte er zu Fenris. »He!«
    Fenris sah zu ihm auf. Seine Augen stierten glasig aus dem verschmierten Gesicht. Über sein Kinn lief ein Schwall Blut und ergoss sich auf den Arm. Mit einer Hand umklammerte er noch immer den Griff des Dolchs, der in seinem Hals steckte und sich auf und ab bewegte.
    Luke blickte zu den Bäumen. Ihm war schwindelig und übel. Am liebsten hätte er sich einfach auf die Wiese gesetzt, aber er konnte die Geräusche nicht ertragen, die der vor ihm liegende Fenris machte.
    »Ich könnte

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