Im Todesnebel
»Crowhaven sendet auf der Frequenz einer privaten Radiostation in Honolulu.«
Denvers Miene ließ keinen Zweifel an seiner tiefen Verwirrung. »Ich verstehe nicht.«
»Es ist genial, einfach genial«, fuhr Hunter aufgeregt fort.
»Niemals würde Delphi darauf kommen, die Sendungen einer privaten Radiostation abzuhören, und erst recht kein Rock-’n’-Roll-Programm.« Er beugte sich zu dem Funker hinunter.
»Gehen Sie auf zwölfhundertfünfzig Kilohertz.«
Als erstes hallten die Bunkerwände von einem lauten Musikakkord wider, der die Trommelfelle eines jeden im Bunker bis zum Platzen spannte. Und dann, noch bevor sich Hunters Mitarbeiter von ihrem Schreck richtig erholt hatten, kreischte eine helle Stimme aus dem Lautsprecher, die die Worte mit der Geschwindigkeit eines Maschinengewehrs ausspie. »Hi und hallo, meine lieben Nachtfalter und Frühaufsteher. Hier ist wieder der Aloha Willie, der für euch jetzt die Top Forty der Woche runterfetzen wird. Willkommen alle auf der heißesten Wellenlänge der Tropen. Es ist jetzt drei Uhr fünfzig, und ich hoffe, ihr seid alle startklar. Spannt die lieben Lauscher auf, denn hier kommt die verrückteste Rap-Scheibe, die ich in letzter Zeit gehört habe. Big Daddy und seine Gang. Los geht’s, Big Daddy.«
Der Funker im Kommandobunker drückte die Sendetaste seines Funkgerätes und schaltete sich damit in das Radioprogramm ein. »Big Daddy ruft seine Gang. Bitte kommen. Ende.«
»Hier spricht deine Gang, Big Daddy. Kannst du uns hören? Ende.«
Denver sprang von seinem Stuhl hoch. »Das war Crowhaven. Er hat es geschafft. Er ruft uns aus der
Starbuck
!«
»Wir hören euch, liebe Gang. Ende.«
»Hier sind unsere vorläufigen Resultate. Gäste: ein Freispiel, einmal getilt, drei Niederlagen nach Punkten; Heimmannschaft: kein Freispiel, dreimal getilt und vier Niederlagen nach Punkten.«
Hunter starrte mit leerem Blick auf den Lautsprecher. »Das war der Code für die Opfer der Rückeroberung der
Starbuck
. Crowhaven hat das U-Boot übernehmen können, aber es hat ihn einen Toten und drei Verletzte gekostet.«
»Wir haben eure Ergebnisse gehört, liebe Gang«, meldete sich wieder der Funker. »Unser Glückwunsch geht an den Sieger. Wann, glaubt ihr, könnt ihr die Spielhalle wieder verlassen?«
Die Antwort kam umgehend. »Wir haben in einem Nebenraum noch Wasser für einen Kaffee kochen, aber in einer Stunde wird hier alles leer sein. Ungefähr um vier Uhr werden wir wohl abfahren können.«
Denver schlug vor Begeisterung mit der Faust auf den Tisch, und auf seinem pausbäckigen Gesicht breitete sich ein strahlendes Lächeln aus. »Der Reaktor arbeitet noch, und in einer Stunde haben sie auch den vorderen Torpedoraum ausgeblasen. Gott sei Dank, sie sind unserem Zeitplan sogar voraus.«
Hunter konnte die Spannung nicht mehr ertragen und riß dem Funker das Mikrophon aus der Hand.
»Hallo, liebe Gang, hier spricht Big Daddy. Was ist mit unserem Little Kid?«
»Unser Little Kid und sein Freund sind auf die andere Seite des Berges gegangen, um nach einer verlassenen Goldmine zu suchen. Seither haben wir nichts mehr von ihnen gehört. Ich nehme aber an, daß sie sich in der Wüste verlaufen haben und daß ihnen die Wasservorräte ausgegangen sind.«
Hunter ließ das Mikrophon schweigend auf den Tisch sinken.
Die Antwort brauchte nicht erst übersetzt zu werden, ihre Bedeutung war auch so jedem der Anwesenden klar.
»Wir melden uns um fünf Uhr noch einmal mit den endgültigen Spielergebnissen« war Crowhavens Stimme wieder zu hören. »Bis dahin schaltet sich die Gang jetzt aus.«
In der nächsten Sekunde hatte Aloha Willie seine Frequenz wieder übernommen. »Wenn das kein Wahnsinnshammer war.
Aber jetzt kommen wir zu Platz Nummer zwölf. Avery Anson und sein Song vom Great Bikini Rip-off…«
Der Funker schaltete den Lautsprecher aus. »Bis fünf Uhr, war es das, Sir?«
Admiral Hunter ging langsam durch den Raum und ließ sich schließlich auf einen Stuhl sinken. Wie benommen starrte er die Wand an. »Das ist ein hoher Preis, den wir zu zahlen haben«, meinte er leise.
»Pitt hätte bei Crowhaven bleiben sollen«, sagte Denver in bitterem Ton. »Niemals hätte er sich auf die Suche nach Ihrer Tochter machen dürfen…« Es war heraus, noch bevor sich Denver darüber im klaren war, was er gesagt hatte.
Hunter sah ihn mit düsterem Blick an. »Ich habe Pitt nicht die Erlaubnis gegeben, nach Adrian zu suchen.«
»Ich weiß, Sir.« Denver zuckte hilflos die
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