Im Todesnebel
Ausstellung geraten. Dabei war der Raum von angenehmer Größe; er hatte vielleicht vierzig Quadratmeter, und an den Wänden hingen Ölgemälde, die Wasserlandschaften zeigten. Es war nichts Besonderes an ihnen, aber sie verliehen dem Raum eine angenehme Atmosphäre, wie auch die kupfernen Wandleuchter, aus denen helles Licht zur weißen Decke hinaufstrahlte.
Vor der rückwärtigen Wand des Raumes stand ein breiter Schreibtisch aus Walnußholz mit einer roten Schreibtischgarnitur und einer modernen Sprechanlage darauf.
Aber das Einzigartige, was diesen Raum von allem unterschied, womit man ihn sonst vielleicht verglichen hätte, war ein großes Glasportal, durch das man ins Meer hinaussehen konnte. Der Bogen spannte sich über fast drei Meter und war nicht weniger als zweieinhalb Meter hoch.
Durch das dicke, kristallklare Glas fiel Pitts Blick auf eine bizarre Felslandschaft mit Steinen, die wie Spiralen und Pilze geformt waren. Das Ganze wurde noch von Unterwasserscheinwerfern besonders ausgeleuchtet. Eine zwei Meter lange Muräne glitt an der Unterkante des Portalfensters entlang und starrte mit einem stumpfen Auge in den Raum.
Delphi nahm den Raubfisch überhaupt nicht wahr. Seine goldenen Augen unter den halbgeschlossenen Lidern waren noch immer auf Pitt gerichtet.
Auch Pitts Blick kehrte jetzt zu Delphi zurück.
»Sie scheinen heute morgen etwas wortkarg zu sein.« Delphi lächelte. »Machen Sie sich vielleicht Sorgen um Ihren Freund?«
»Freund? Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
»Von dem Mann mit den zerschnittenen Füßen. Sie haben ihn in einem Durchgang zurückgelassen, der nur noch selten benutzt wird.«
»Wo liegt heute kein Abfall herum!«
»Es wäre ausgesprochen unklug von Ihnen, wenn Sie auch weiterhin alles leugnen wollten. Meine Männer haben nämlich Ihr Flugzeug entdeckt.«
»Noch eine schlechte Angewohnheit von mir. Ich bin ein notorischer Falschparker.«
Delphi überhörte die Bemerkung einfach. »Sie haben noch genau dreißig Sekunden, um mir zu erzählen, was Sie hier wollten.«
»Na schön, dann muß ich mich ja schon beeilen«, sagte Pitt mit gespielter Unterwürfigkeit.
»Ich habe die Maschine gechartert, um für eine Casino-Tour nach Las Vegas zu fliegen, und dabei muß ich vom Kurs abgekommen sein. Mehr gibt’s nicht zu erzählen, das kann ich beschwören.«
»Sehr witzig«, sagte Delphi mit müder Stimme. »Und ich kann Ihnen schwören, daß Sie mich noch um Gnade anwinseln werden.«
»Ich wollte schon immer herausfinden, wie ich mich unter der Folter benehme.«
»Nicht Sie, Pitt. Ich möchte nicht, daß Ihnen auch nur ein Haar gekrümmt wird. Aber es gibt auch noch ein paar andere Wege, die uns mit Sicherheit zur Wahrheit führen werden.«
Delphi erhob sich von seiner Steinbank, ging hinüber zu seinem Schreibtisch und beugte sich über die Sprechanlage. »Bringt den anderen herein.« Er richtete sich gerade auf und schenkte Pitt ein starres, lebloses Lächeln. »Machen Sie es sich bequem. Ich verspreche Ihnen, Sie müssen sich nicht lange gedulden.«
Pitt stand vorsichtig auf. Eigentlich hätte er vor Benommenheit und Erschöpfung wanken müssen, doch aus unerklärlichen Gründen schoß ihm das Adrenalin nur so ins Blut, und er war hellwach.
Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Es war 4.10 Uhr.
Noch fünfzig Minuten, bis die Marines den Sender auf Maui angreifen würden; fünfzig Minuten, bis die
Monitor
hier alles in Trümmer legen würde. Es gab kaum noch eine Chance, lebend aus diesem Höhlenlabyrinth herauszukommen. Aber die Sache ist das Opfer wert, dachte er grimmig. Er schloß die Augen und versuchte sich auszumalen, wie die
Starbuck
mit Kurs auf Hawaii die Wellen des Pazifiks durchschnitt. Doch irgendwie wollte sich das Bild nicht einstellen.
Crowhaven konnte sich nicht erinnern, jemals so viel Blut gesehen zu haben. Der gesamte Boden des Kontrollraums war von einer rotverschmierten Kruste überzogen, und viele der weiß verkleideten elektronischen Geräte waren von Blutspritzern übersät, als hätte Robert Rauschenberg sie zu einem Environment des Schreckens zusammenfügen wollen.
Dabei war anfangs alles so leicht gegangen. Zu leicht. Sie waren in den hinteren Vorratsraum eingedrungen, ohne überhaupt auf Widerstand zu stoßen. Sie hatten sogar noch Zeit gehabt, ihre Taucherausrüstung abzulegen und eine kurze Atempause zu machen. Aber als ihre Vorhut, die vier Männer der Spezialeinheit, den Kontrollraum besetzen wollten, brach die Hölle
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