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Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Antonow
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Junge seine Wurst verschlang, sich verstohlen umsah und die Ratte unter seine Jacke schob.
    Es bringt nichts, hier den Retter der Erniedrigten und Elenden zu spielen, schimpfte Tolik mit sich. Ich habe kein Recht, mich in fremde Angelegenheiten einzumischen . A ußerdem habe ich einen Auftrag von meiner Station. Und den muss ich erfüllen.
    Er nickte dem Jungen schweigend zu, senkte den Kopf und ging in den Tunnel hinaus. Seine Leute folgten ihm tuschelnd.
    Die Frau hatte von einer Bestie gesprochen . Von Fangarmen. Tolik musste an den aufgebrochenen Betonboden denken . A n das demolierte Luftschachtgitter. Und an diesen … Schlauch, der auf dem Gleis gelegen hatte und plötzlich verschwunden war. Mysteriös … Was war das nur gewesen? Ein Krake, wie man ihn aus Kinderbüchern kannte? Aber ein unterirdischer, der sich mit seinen Peitschenarmen Gänge grub?
    Die Ankunft an der Station riss Tolik aus seinen düsteren Gedanken . Vor der Majakowskaja gab es keinen Kontrollposten. Die Station selbst war miserabel beleuchtet. Dass man sich ihr näherte, bemerkte man schon von Weitem am penetranten Geruch der Talglampen, die dort als Lichtquelle dienten.
    An den Gestank brennenden Maschinenöls, das an der Guljaipole meist zur Beleuchtung der Zelte verwendet wurde, hatte sich Tolik schon so gewöhnt, dass er ihn kaum mehr wahrnahm . A ls ihm jedoch der Geruch der Talglichter in die Nase stieg, musste er unwillkürlich an Rattenschaschlik denken.
    Tolik verzog das Gesicht. Er ordnete an, den Bahnsteig nicht zu betreten, sondern auf dem Gleis an der Majakowskaja vorbeizumarschieren. Was die Station zu bieten hatte, war auch nicht eben verlockend: Gesindel, Obdachlose und syphilitische Huren, Dreck, Hunger und Infektionskrankheiten. Kurzum – ein Ort des Elends . A ußerdem erzählte man sich, dass hier Kinder verschwanden.
    Während Tolik im Gleisbett an der Station vorbeiging, fiel ihm ein bestens gelaunter Verkäufer auf, der Rattenschaschlik feilbot. Sein Stand befand sich – als wäre er der Nabel der Welt – genau in der Mitte des Bahnsteigs. Der Schaschlikbrater trug eine schmutzig graue, mit Fettflecken übersäte Schürze und hatte ein dickes, schweißglänzendes Gesicht, in dem kleine, rastlos umherspähende Schweinsäuglein saßen.
    Am liebsten wäre Tolik zu ihm hinaufgesprungen, hätte mit dem Fuß gegen das rostige Grillgestell gedroschen und die widerlichen Rattenkadaver über den ganzen Bahnsteig verstreut. Denn zweifellos war es dieser Dreckskerl gewesen, der die Wahnsinnige mit ihrem Sohn von der Station vertrieben und genötigt hatte, sich im Tunnel zu verstecken.
    Tolik regte sich erst ab, als der Trupp wieder im Tunnel marschierte und der Gestank der Talglichter sich allmählich verzog. Manchmal wusste man gar nicht, wo es schlimmer war: in den bedrohlichen finsteren Röhren, wo man aus heiterem Himmel den Tod finden konnte, oder an solchen Stationen, wo die Menschen bereits verwesten, noch bevor sie gestorben waren.
    Nach der Hälfte der Wegstrecke ließ sich der Trupp zu einer kleinen Mahlzeit nieder. Die Männer aßen in völliger Stille und beinahe undurchdringlicher Dunkelheit. Nur ihre Kiefer mahlten, und ihre Backen pulsierten.
    Als Tolik in die finsteren Gesichter seiner Leute blickte, ahnte er, was ihnen im Kopf herumging. Die Prophezeiungen der Verrückten über die schwarzen Stufen des Schmerzes und über den Tempel der Leiden hatten ihnen die Stimmung vermiest.
    Na, wer hat denn so für Fürst Kropotkin und seinen Forschergeist geschwärmt?, lästerte Tolik über sich selbst. Jetzt kannst du forschen und als Wissenschaftler Karriere machen. Neue Lebensformen? Bitte sehr! Die Chancen, als Erstentdecker der Bestie in die Geschichte einzugehen, stehen nicht schlecht. Obwohl der rechtmäßige Erstentdecker natürlich der rothaarige Mitjai wäre. Wie viele rätselhafte Geheimnisse hält die Moskauer Metro noch für uns bereit?
    Am Stationsdreieck Tschechowskaja-Puschkinskaja-Twerskaja , das sich jetzt Viertes Reich nannte, waren unliebsame Entdeckungen nahezu vorprogrammiert. Tolik bereitete sich rechtzeitig drauf vor. Seine Pistole, sein Messer und seinen Rucksack gab er Sergej, seinen Pass steckte er griffbereit in die Hosentasche. Denn an der Twerskaja konnte man sich wegen der geringsten Lappalie ohne Weiteres eine Kugel einfangen. Für ihre Ungeduld und Intoleranz waren die Faschisten in der ganzen Metro berüchtigt.
    Der Trupp machte sich wieder auf den Weg und legte die nächste Etappe

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