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Im Westen geht die Sonne unter

Im Westen geht die Sonne unter

Titel: Im Westen geht die Sonne unter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Anderegg
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Stereomikroskop neben dem Computer, damit sie ihn besser betrachten konnten.
    »Ich bin sprachlos, Emma«, murmelte er hingerissen.
    Sie blickte ihn spöttisch an. »Offenbar nicht«, scherzte sie. »Aber im Ernst: wir sind schon ziemlich stolz auf den kleinen Gnom. Er gehört zur neusten Generation unserer Microbots. Zurzeit ist er noch Einzelgänger. Daher produziert er natürlich keine 3D-Bilder, aber er sieht gut, wie ihr festgestellt habt. Ein empfindliches Ohr hat er auch. Ich habe den Lautsprecher während der Demo ausgeschaltet, um keinen Feedback-Loop zu erzeugen.«
    Alex betrachtete die künstliche Fliege unter dem Mikroskop eingehend. Als sie sich aufrichtete, warf sie Ryan einen begeisterten Blick zu. Dann wandte sie sich an Emma: »Wie groß ist die Reichweite des Senders?«
    »Das ist leider auch noch ein Problem, das uns zu schaffen macht«, antwortete die Wissenschaftlerin. »Wir müssen den Energieverbrauch auf einem absoluten Minimum halten. Die Sendeleistung ist daher sehr schwach. Ein paar Meter im freien Raum, wie hier.«
    »Das Signal durchdringt keine Wände?«, fragte Alex enttäuscht.
    Emma schüttelte den Kopf. »Unmöglich, aber das ist kein großes Problem. Der Kleine zeichnet bis zu einer Stunde auf.«
    Die Antwort befriedigte Alex keineswegs. Sie verzog das Gesicht, als hätte sie die Fliege geschluckt. »Man muss ihn nur in ein Gebäude hinein- und wieder hinaustragen, wollen Sie damit sagen?«, fragte sie ironisch.
    »Tragen lassen«, korrigierte Ryan. Er hatte die Funktion der eigenartigen Fühler sofort erkannt. Sie stellten eine Art primitives Greiforgan dar, mit feinsten Härchen, ähnlich den Füßen eines Geckos, das sich mühelos an glatten Glasscheiben festhalten konnte.
    »Gut beobachtet«, spottete Emma. »Der Gnom kann sich praktisch an jede Oberfläche heften.« Sie wandte sich an Alex. »Darum konnte er auch auf Ihrer Hose landen. Das vereinfacht die Navigation ungemein. Die Idee stammt übrigens von unsern Freunden in Lausanne.«
    Langsam aber sicher begriff Alex. Er konnte die Veränderung an ihrem Gesicht ablesen. Schließlich strahlte sie ihn und die pfiffige Emma an, als hätten sie ihr das Geschenk ihres Lebens gemacht. »Was kostet die Fliege?«, fragte sie lachend.
    Emma blieb ernst. »Nichts«, antwortete sie kühl. »Wir verkaufen keine Gadgets.«
    »Schon klar. Ich wollte Sie nicht ...«
    Die Forscherin hörte nicht zu, sprach weiter: »Wir verleihen nur an andere Universitäten. Für unabhängige Tests.«
    Ryan warf Alex einen Blick zu, der deutlich sagte, sie solle die Klappe halten. Gleichzeitig schenkte er seiner alten Hassliebe sein wärmstes Lächeln. »Heißt das, du würdest uns diese Bugs für eine Weile überlassen?«
    »Hard- und Software sind mittlerweile so ausgereift, dass auch ...«
    »Idioten wie ich damit klarkommen. Wolltest du das sagen?«
    »Nicht mit diesen Worten.«
    »Herzlichen Dank. Wann beginnt die Schulung?«
    Emma schüttelte den Kopf. »dafür haben wir keine Zeit, mein Lieber.« Sie öffnete eine Schublade, entnahm ihr ein Päckchen, nicht größer als die Schachtel für seine teuren Ringe, und schob es ihm hin. »Da drin sind drei Microbots. Ich wünsche deinen Kollegen in Bristol gute Unterhaltung. Ich erwarte natürlich einen vollständigen Bericht, wie besprochen.«
    »Und ich dachte, du machst Witze«, murmelte er. Nachdenklich betrachtete er die drei künstlichen Fliegen in der Schachtel. »Wo ist die Steuerung, die Anleitung?«
    Sie streckte ihm schmunzelnd die flache Hand entgegen. »Gib mir dein Handy.« Er besaß ein Telefon ähnlichen Typs wie das Gerät, mit dem die Fliege kommuniziert hatte. Sie nickte befriedigt und gab es ihm zurück. »Du kannst die App von unserm Server herunterladen. Da ist auch eine rudimentäre Gebrauchsanweisung dabei. Wenn ihr Probleme habt, kannst du mich ja anrufen. Vielleicht nehme ich den Hörer ab.«
    »Zu gütig«, grinste er. Seine Arme umschlangen sie, zogen sie fest an seine Brust. Bevor sie ihr Gesicht abwenden konnte, drückte er ihr einen herzhaften Kuss auf jede Wange.
    Mit gespieltem Entsetzen stieß sie ihn von sich. Dabei errötete sie wie das kleine Mädchen, das er damals beim Fummeln an seinem Fahrrad erwischt hatte.
    Sie verließen das Gebäude im strömenden Regen. Es war beinahe noch dunkler als bei ihrer Ankunft, die wenigen Taxis, die vorbeifuhren, besetzt.
    »Ist doch überall das Gleiche«, klagte Alex. »Wenn’s ein bisschen regnet, findest du kein Taxi.«
    »Wir

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