Im Westen Nichts Neues
strammstehen?«
Keiner weiß das genau, aber wir glauben es nicht. Die sind beide schon so hoch, daß es da sicher kein richtiges Strammstehen mehr gibt.
»Was du dir für einen Quatsch ausbrütest«, sagt Kat. »Die Hauptsache ist, daß du selber strammstehst.« Aber Tjaden ist völlig fasziniert. Seine sonst sehr trockene Phantasie arbeitet sich Blasen.
»Sieh mal«, verkündet er, »ich kann einfach nicht begreifen, daß ein Kaiser auch genauso zur Latrine muß wie ich.«
»Darauf kannst du Gift nehmen«, lacht Kropp.
»Verrückt und drei sind sieben«, ergänzt Kat, »du hast Läuse im Schädel, Tjaden, geh du nur selbst rasch los zur Latrine, damit du einen klaren Kopp kriegst und nicht wie ein Wickelkind redest.«
Tjaden verschwindet.
»Eins möchte ich aber doch noch wissen«, sagt Albert, »ob es Krieg gegeben hätte, wenn der Kaiser nein gesagt hätte.«
»Das glaube ich sicher«, werfe ich ein, – »er soll ja sowieso erst gar nicht gewollt haben.«
»Na, wenn er allein nicht, dann vielleicht doch, wenn so zwanzig, dreißig Leute in der Welt nein gesagt hätten.«
»Das wohl«, gebe ich zu, »aber die haben ja gerade gewollt.«
»Es ist komisch, wenn man sich das überlegt«, fährt Kropp fort, »wir sind doch hier, um unser Vaterland zu verteidigen. Aber die Franzosen sind doch auch da, um ihr Vaterland zu verteidigen. Wer hat nun recht?« »Vielleicht, beide«, sage ich, ohne es zu glauben.
»Ja, nun«, meint Albert, und ich sehe ihm an, daß er mich in die Enge treiben will, »aber unsere Professoren und Pastöre und Zeitungen sagen, nur wir hätten recht, und das wird ja hoffentlich auch so sein; – aber die französischen Professoren und Pastöre und Zeitungen behaupten, nur sie hätten recht, wie steht es denn damit?«
»Das weiß ich nicht«, sage ich, »auf jeden Fall ist Krieg, und jeden Monat kommen mehr Länder dazu.«
Tjaden erscheint wieder. Er ist noch immer angeregt und greift sofort wieder in das Gespräch ein, indem er sich erkundigt, wie eigentlich ein Krieg entstehe.
»Meistens so, daß ein Land ein anderes schwer beleidigt«, gibt Albert mit einer gewissen Überlegenheit zur Antwort.
Doch Tjaden stellt sich dickfellig. »Ein Land? Das verstehe ich nicht. Ein Berg in Deutschland kann doch einen Berg in Frankreich nicht beleidigen. Oder ein Fluß oder ein Wald oder ein Weizenfeld.«
»Bist du so dämlich oder tust du nur so?« knurrt Kropp.
»So meine ich das doch nicht. Ein Volk beleidigt das andere –«
»Dann habe ich hier nichts zu suchen«, erwidert Tjaden, »ich fühle mich nicht beleidigt.«
»Dir soll man nun was erklären«, sagt Albert ärgerlich, »auf dich Dorfdeubel kommt es doch dabei nicht an.«
»Dann kann ich ja erst recht nach Hause gehen«, beharrt Tjaden, und alles lacht.
»Ach, Mensch, es ist doch das Volk als Gesamtheit, also der Staat –«, ruft Müller. »Staat, Staat« – Tjaden schnippt schlau mit den Fingern –, »Feldgendarmen, Polizei, Steuer, das ist euer Staat. Wenn du damit zu tun hast, danke schön.«
»Das stimmt«, sagt Kat, »da hast du zum ersten Male etwas Richtiges gesagt, Tjaden, Staat und Heimat, da ist wahrhaftig ein Unterschied.«
»Aber sie gehören doch zusammen«, überlegt Kropp, »eine Heimat ohne Staat gibt es nicht.«
»Richtig, aber bedenk doch mal, daß wir fast alle einfache Leute sind. Und in Frankreich sind die meisten Menschen doch auch Arbeiter, Handwerker oder kleine Beamte. Weshalb soll nun wohl ein französischer Schlosser oder Schuhmacher uns angreifen wollen? Nein, das sind nur die Regierungen. Ich habe nie einen Franzosen gesehen, bevor ich hierherkam, und den meisten Franzosen wird es ähnlich mit uns gehen. Die sind ebensowenig gefragt wie wir.«
»Weshalb ist dann überhaupt Krieg?« fragt Tjaden.
Kat zuckt die Achseln. »Es muß Leute geben, denen der Krieg nützt.«
»Na, ich gehöre nicht dazu«, grinst Tjaden.
»Du nicht, und keiner hier.«
»Wer denn nur?« beharrte Tjaden. »Dem Kaiser nützt er doch auch nicht. Der hat doch alles, was er braucht.«
»Das sag nicht«, entgegnet Kat, »einen Krieg hat er bis jetzt noch nicht gehabt. Und jeder größere Kaiser braucht mindestens einen Krieg, sonst wird er nicht berühmt. Sieh mal in deinen Schulbüchern nach.«
»Generäle werden auch berühmt durch den Krieg«, sagt Detering.
»Noch berühmter als Kaiser«, bestätigt Kat.
»Sicher stecken andere Leute, die am Krieg verdienen wollen, dahinter«, brummt Detering.
»Ich glaube, es
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