Im Wirbel der Gefuehle
antwortete, setzte er sich auf und versuchte leicht gequält, sich zu erheben, doch sie kam ihm zuvor und deutete ihm mit einer Geste an, dass er ruhig sitzen bleiben sollte. Seine Verletzung war offensichtlich noch nicht hundertprozentig verheilt. »Aber du hast nichts mehr von ihm gehört. Er hat dir also nicht mitgeteilt, ob er nun möchte oder nicht.«
»Anscheinend ist er etwas unentschlossen.«
»Aber du brauchst unbedingt jemanden«, sagte sie leicht verärgert.
Er lehnte sich wieder in seinen Korbsessel zurück, faltete gemütlich die Hände über seinem Bauch zusammen und legte seine Stiefel lässig auf das Balkongeländer. »Mach dir keine Sorgen, cherie «, beruhigte er sie mit einem Lächeln auf den Lippen. »Wenn er nicht kommen kann, dann wird ein anderer meiner Freunde seinen Platz einnehmen.«
Ein anderer Fechtmeister, sollte das wohl heißen. »Du weißt, dass dein Trauzeuge Marguerite am Arm führen und mit ihr zur Kapelle schreiten muss.«
»Ich werde darauf achten, dass es jemand sein wird, der mit Kindern gut umgehen kann.«
Die Tatsache, dass er ihre Sorgen sofort verstand, hinterließ ein warmes Gefühl in ihrem Herzen. Sie war aber nicht nur dankbar und berührt von seiner Aufmerksamkeit, sondern sie hatte auch ihre ganz persönlichen Bedenken.
Zweifellos sah er sehr gut aus, so wie er hier jetzt locker auf der oberen Galerie in seinem Sessel saß, doch es wäre ein Fehler gewesen, ihn deshalb als träge oder unaufmerksam einzuschätzen. Seine neue Ar-
beit, die er in den letzten Tagen mit Nachdruck verfolgt hatte und die ihn andauernd auf Trab hielt, schien seine Genesung beschleunigt zu haben. Man spürte förmlich die Kraft, die von ihm ausging, auch wenn seine trainierten Muskeln und seine sehnigen Glieder in einem feinen Leinenanzug steckten. Aber auch sein Geist schien nie zu ruhen. Schon seit seiner Ankunft auf River’s Edge war er immer unstet, einer gewissen Rastlosigkeit unterworfen. Auch jetzt meinte sie eine Spur von Besorgnis auf dem Grund seiner tiefdunklen Augen erkennen zu können, sodass er ihr plötzlich doch nicht mehr so entspannt vorkam, wie er zunächst den Anschein erweckte.
»Gut, ich denke, das wird dann schon gehen«, antwortete sie und wandte sich zum Gehen.
Mit sanftem Griff hielt er sie jedoch an ihrer Hand fest. Sie blieb stehen und versuchte, ruhig zu bleiben, doch ihr Herz schlug unwillkürlich höher.
»Es wird alles gut werden, ma chere «, beruhigte er sie, und seine Stimme wurde etwas weicher.
Sie drehte sich wieder um, blickte ihn an und versuchte, zu lächeln, doch es gelang ihr nicht ganz. »Bist du dir da sicher?«
Seine Augen verdunkelten sich, und sein Lächeln verschwand aus seinem Gesicht. Er wurde ernst und nachdenklich, versuchte, ihre Gesichtszüge zu enträtseln. Nach einem Moment des Innehaltens führte er ihre Hand zu seinem Mund und küsste sanft ihre Knöchel, dann ließ er sie ziehen.
Wenn er damit hatte erreichen wollen, dass sie sich beruhigte, so war das eindeutig nicht gelungen. Ihre innere Unruhe nahm die folgenden Tage eher noch zu, Ängste nagten in ihr und beherrschten ihren Tagesablauf.
Wieder zurück in der Eingangshalle des Herrenhauses, begab sie sich von dort direkt in ihr Schlafzimmer und schloss hinter sich ab. Kaum war sie allein, lehnte sie sich, innerlich völlig aufgewühlt, an die eben zugezogene Tür und machte die Augen zu. Ihre Hand kribbelte noch von der Berührung seiner Lippen, und ihre Knie fühlten sich ganz weich an, sodass sie sich kaum auf den Beinen halten konnte.
In ihren Gedanken tauchten unwillkürlich Szenen des Liebesspiels mit Christien auf. Oh Gott, wie sehr verfolgten sie diese Bilder, wie sie in seinem Bett, in seinen Armen lag.
Sie hatte diese Augenblicke seitdem nun schon so oft durchlebt, sodass die kleinste Erinnerung daran sie in höchste Erregung versetzte. Bis dahin war ihr nicht bewusst gewesen, dass in ihr derartige Gefühle und ein solches Verlangen, bei einem Mann sein zu können, schlummerten. Dabei konnte sie diesbezüglich auf keinerlei Erfahrung aus ihrer ersten Ehe zurückgreifen.
In den letzten Nächten hatte sie oft wach gelegen und sich quälend nach seinen Berührungen und seinem Geruch gesehnt. Der Drang, zu ihm zu gehen, war so unglaublich stark, dass sie bereits zweimal aus ihrem Bett aufgestanden war und erst an der Tür wieder umdrehte und zurück in ihre aufgewühlte Schlafstatt ging. Letztlich wollte sie aber weder als die liebeshungrige Witwe dastehen,
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