Im Wirbel der Gefuehle
Salon entgegen und wartete auf sie am Ende der Treppe. Er war in einen gut geschnittenen grauen Frack gekleidet, hatte eine schwarze Weste an, die mit silberner Umrandung abgenäht war, und trug dazu dunkelgraue Hosen und schwarze, auf Hochglanz polierte Stiefel, sodass sein Anblick ihr glatt den Atem verschlug. Sein neues Leinenhemd war schneeweiß und passte perfekt. Die dazugehörige Krawatte war aus feinster Seide und ganz in Weiß gehalten und nur an den Rändern mit einer silbernen Naht verziert.
Er hatte ihr einst versprochen, dass er ihr mit seinem Hochzeitsgewand keine Schande machen würde. Dieses Versprechen hatte er auf jeden Fall gehalten.
Der eine oder andere Ausflug, den er in den letzten Tagen nach New Orleans gemacht hatte, musste wohl mit dem Besuch bei einem Schneider verknüpft gewesen sein und natürlich mit der Besorgung des corbeille de noce. Wenn sie nicht wüsste, dass er nicht andere Gründe hatte, sie so zu beglücken, wäre sie davon sehr berührt gewesen. Aber ihr war ja inzwischen längst klar geworden, dass er andere Pläne hatte, und sie versuchte deshalb, sich nicht von seiner perfekten Erscheinung beeindrucken zu lassen, doch sie fühlte sich trotzdem den Tränen nahe.
Sie hätte wohl auch besser nicht seine unglaubliche Anziehungskraft auf sich wirken lassen sollen. Er sah so gut aus, seine dunkle Hautfarbe kontrastierte mit dem blütenweißen Linnen und ließ ihn erstrahlen. Andererseits sah er in diesem Aufzug auch so fremd aus, sodass sie gar nicht glauben konnte, dass sie erst vor Kurzem in seinen Armen gelegen hatte und mehr noch, ihn in sich aufgenommen und dabei unendliche Lust verspürte hatte. Ja, und dieses Gefühl würde sie bald wieder erleben. Sehr bald.
Als sie unten angekommen war, bot er ihr galant seinen Arm an. Sie legte ihre Finger in seine Hand, und für einen Augenblick trafen sich ihre Blicke, und sie sah in seine tiefdunklen Augen, die so golden schimmerten. Sie war wie gebannt, unfähig ihren Blick von ihm abzuwenden, konnte ihre Gedanken nicht wieder richtig ordnen und wusste auch nicht mehr, was als Nächstes zu tun war. Sein Blick versuchte, den ihrigen zu ergründen, doch was glaubte er, dort zu entdecken? Versuchte er, herauszufinden, ob sie seine perfiden Machenschaften durchschaut hatte und alles platzen lassen würde? Sollte er ruhig nervös werden. Das war als kleine Vergeltung sicherlich nicht zu bösartig.
Er lächelte und küsste ihren Handrücken, ganz weltmännisch galant. Dann legte er ihre Hand auf seinen Arm, und sie schritten gemeinsam durch die Eingangstür hinaus und die Stufen der Veranda hinunter. An dieser Stelle wurde traditionellerweise innegehalten, und der Bräutigam übergab seine Zukünftige ihrem Vater.
Alles verlief genau wie geplant, doch trotzdem schien es ihr wie ein Vorspiel zu seiner Flucht zu sein.
Der Weg zur Kapelle war von zahlreichen Laternen beleuchtet, die an den großen Ästen der alten Eichen befestigt worden waren, in den Boden gerammte Fackeln mit Kiefernpech spendeten ein sanftes, orangeblaues Licht und am Horizont sah man die Blitze eines trockenen Abendgewitters aufleuchten. Reine und ihr Vater führten den Hochzeitszug an. Ihre langen Röcke und Unterröcke rauschten über das staubbedeckte Gras. Direkt hinter ihnen schritt Christien, der ihre Mutter am Arm führte, dann folgte unübersehbar groß Vinot, der von seiner kleinen Begleitung ganz verzaubert war und ununterbrochen zu Marguerite hinunterlächelte. Dahinter gingen einige Cousins, die in der Nähe wohnten und die man nicht hatte ausschließen können. Auf diesen folgte dann die ganze Schar der Fechtmeister mit ihren Frauen und Kindern, den Kindermädchen, Hauslehrern und männlichen Aufsichtspersonen, die versuchten, alle in Schach zu halten. Den Schluss bildeten Alonzo und die Bediensteten des Hauses, zumindest jene, die bei der Vorbereitung des anschließenden Essens abkömmlich waren. Auf diese Weise prozessierte die Hochzeitsgesellschaft durch die Schatten des späten Sommerabends, unter den rauschenden, alten Eichenbäumen, entlang des kleinen Pfades, vorbei an den Laternen und Fackeln, deren beißender Rauch schwer in der Luft hing.
»Geht es dir gut, ma chere ?«, fragte ihr Vater, als die weißen Außenwände der Kapelle in Sichtweite kamen.
»Alles perfekt, Papa«, antwortete sie und versuchte, so gelassen wie möglich zu klingen. Wenn sie jetzt mit Nein geantwortet hätte und ihm erklären würde, dass sie nicht bereit sei für
Weitere Kostenlose Bücher