Im Wirbel der Gefuehle
kontrollieren.«
Das Ergebnis dieser Ermahnung war jedoch ein anderes, als er erwartet hatte. Marguerite krabbelte über das Bett, um das Salbentöpfchen wieder zurück auf den Nachttisch zu stellen, dann huschte sie zurück und lupfte seine Bettdecke, um sich unter ihr zu verstecken.
Christien stöhnte kurz auf, denn die federnde Matratze verursachte ihm stechende Schmerzen in seiner Brust, gleichzeitig musste er aber auch unwillkürlich grinsen. Mit einer Hand zupfte er die halb zerknäulte Bettdecke zurecht und bedeckte noch den kleinen Fuß, der seitlich herausragte. Dann legte er vorsichtig seinen Kopf zurück auf das Kissen, machte die Augen zu, aber nur so weit, dass er durch seine Wimpern hindurch noch die Tür beobachten konnte, und wartete gespannt, was nun passieren würde.
Draußen auf dem Flur hörte man eilige Schritte herannahen. Dann nichts. Der Türknopf wurde langsam umgedreht, und es wurde geöffnet. Man sah, wie Reine ihren Kopf vorstreckte und ins Zimmer hineinlugte. Christien biss sich grinsend auf die Zunge, denn es war das gleiche Bild wie vor ein paar Minuten, als Marguerite sich hineinschlich.
Reine trat vorsichtig ein. Christien machte nun seine Augen ganz fest zu und blieb regungslos liegen und versuchte, möglichst gleichmäßig zu atmen. Die neben ihm liegende Marguerite hingegen atmete ganz aufgeregt und konnte ihr Kichern kaum unterdrücken.
Mit rauschenden Röcken kam Reine vorsichtig näher und blieb neben dem Bett stehen. Für einige Sekunden herrschte absolute Stille, nichts bewegte sich im Raum, es schien, als ob sie ihn studieren würde. Dann fühlte Christien ihre kühle Hand auf seiner Stirn. Das war heilender Balsam für ihn, dauerte aber nur wenige Augenblicke an, bis sie sich seufzend der Tür zuwandte.
Sie war im Begriff, wieder zu gehen. Das war allerdings nicht das, was er beabsichtigt hatte.
Einen tiefen Seufzer vortäuschend, öffnete er gequält die Augen. »Reine? Geh nicht weg«, sagte er flehentlich. »Könnte ich ... kannst du mir einen Schluck Wasser bringen?«
Marguerite erhob sich unter der Bettdecke und strampelte ihre Knie frei. »Ich hole es! Lass mich es holen!«
Ihr Fuß verhedderte sich im Laken, als sie versuchte, aufzustehen, und sie fiel prompt über ihn, direkt auf seine Brust. Er zuckte zusammen und holte tief Luft, ein höllischer Schmerz, wie von einer brennenden Lanze traf ihn an der Seite, wo er seine Verwundung hatte.
Reine wirbelte wortlos herum, ihr Nachtgewand aus feinem Batiststoff und der farblos abgestimmte Überrock rauschten durch die Luft, während sich gleichzeitig ihre langen, offenen Haare auffächerten, so dass sie, wie von einem Windstoß begleitet, in einer einzigen Bewegung, ihre Tochter mit einem geschulten Griff von der Matratze hob und durch die Luft zu sich auf den Arm nahm.
Marguerite fing zu schreien an und schlug wild mit Armen und Beinen um sich. Reines Züge verdüsterten sich, während sie ihre strampelnde Tochter fester an sich drückte, damit diese nicht entwischte. Ohne weiteren Kommentar wandte sie sich ab, um sich in Richtung Tür zu begeben.
»Nimm sie nicht mit«, rief Christien ihr mit zusammengebissenen Zähnen hinterher.
»Was?« Sie drehte sich wieder zu ihm um.
Seinen Blick möglichst an ihr vorbeilenkend, damit er nicht von den sich unter dem weichen Stoff des Nachthemdes abzeichnenden, sanften Formen ihrer Brüste abgelenkt würde, versuchte er es er-neut. »Sie hat es nicht mit Absicht ... sie wusste es ja nicht ...«
»Sie hätte nicht hier sein sollen«, unterbrach ihn Reine. »Ich habe schon überall nach ihr gesucht. Kaum zu glauben, dass sie sich vor mir versteckt. Ja, oder, dass du ihr auch noch dabei hilfst.«
Christien konnte sie durch das herzzerreißende Jammern von Marguerite kaum verstehen. Seine Brust schmerzte, und in seinem Kopf hämmerte es unerträglich, wo er doch, anstatt hier aufgebahrt im Bett zu liegen, sich eigentlich von seiner stärksten Seite zeigen sollte. Plötzlich wurde ihm das alles zu viel.
In einem bestimmten, ermahnenden Ton bot er dem Lärm Einhalt.
»Marguerite, genug jetzt!«
Das Kind verstummte sofort und hörte zu strampeln auf. In den Armen ihrer Mutter hängend, blickte sie ihn mit weit aufgerissenen Augen erschrocken an und verfiel dann in ein leises Wimmern. Über ihr sah man, wie Reines Gesichtszüge sich verhärteten und alles andere als Wärme ausstrahlten.
Trotz der angespannten Stimmung zwischen ihnen war die ganze Situation eine ganz und
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