Im Zeichen der Angst Roman
gespeichert worden waren, hatten sie auch die nicht ermitteln können.
Die dritte Neuigkeit schließlich erschreckte mich zutiefst.
Mankiewisc zog einen Schlüssel aus der Jackentasche seiner schwarzen Daunenjacke und legte ihn mir in die Hand. Wir saßen in meiner Küche an dem kleinen Esstisch am Fenster. Es war ein Hotelzimmerschlüssel mit einem braunen Teakholzanhänger, auf dem die Nummer Acht in Gold eingraviert war.
Sie hatten auch im »Hamburger Blatt« ein Foto meiner Mutter veröffentlicht und einen Anruf von einem Privathotel erhalten. Der Besitzer hatte meine Mutter als Gast identifiziert.
Meine Mutter hatte das letzte halbe Jahr in diesem Privathotel in der Nähe der Außenalster verbracht. Ich kannte das Hotel. Es lag unweit der Rothenbaumchaussee in einer der vielen, ständig zugeparkten Nebenstraßen, nicht mal eine halbe Stunde zu Fuß von meiner Wohnung entfernt. Sie hatten dort ein Rad gefunden. Meine Mutter hatte ihr Leben lang alle Wege mit dem Rad gemacht, obwohl sie einen Führerschein besaß und meine Eltern seit 1974 stolze Besitzer eines Trabant-Kombis waren. Mein Vater hatte es geliebt, über Land zu fahren und Ausflüge zu machen. Meine Mutter hatte sich nur selten hinter das Steuer gesetzt. Sie schwor auf frische Luft.
Sie hätten in dem Hotel außerdem zwei Fotoalben, zwei Kreditkarten und eine EC-Karte gefunden, die beiden deutschen Karten auf den Namen Behrmann und eine Schweizer Karte auf den Namen Silberstein. Von einem der beiden deutschen Konten, die ursprünglich in Berlin eröffnet worden wären, würden auch die monatlichen Hotelrechnungen abgebucht. Die Konten wiesen einen Gesamtbetrag von rund anderthalb Millionen Euro auf.
Ich hatte den Betrag nicht richtig verstanden oder nicht verstanden, was er ausdrückte, und so dachte ich nicht weiter darüber nach, weshalb sie ihren Mädchennamen Behrmann in Berlin benutzt hatte.
Mankiewisc fragte, ob ich eine Ahnung hätte, woher sie die anderthalb Millionen gehabt hätte. Ich schüttelte den Kopf.
Als ich den Betrag das zweite Mal hörte und wusste, dass ich die Summe nicht missverstanden hatte, begriff ich gar nichts mehr. Anderthalb Millionen Euro. Woher hatte sie die? Hatte sie im Lotto gewonnen oder geerbt? Das konnte ich mir nicht vorstellen.
Meinen Eltern ist es nie schlecht gegangen, und sie hatten im Laufe ihres Lebens eine ordentliche Summe zusammengespart. Doch meine Mutter hatte kein Geld mitgenommen, als sie uns verließ. Geld interessierte sie nicht besonders. Und ich glaube nicht, dass sie im Westen so viel verdiente, dass sie anderthalb Millionen Euro, früher immerhin drei Millionen Mark, zur Seite legen konnte. Nein, das passte alles nicht zusammen.
Mankiewisc hatte weitergeredet. Ich hörte ihm erst wieder bewusst zu, als er erzählte, sie hätte nie Besuch gehabt und über das Hotel weder Telefonate geführt noch empfangen. Sie hätte das Haus allerdings jeden Morgen verlassen und wäre erst am Nachmittag zurückgekehrt.
Groß meinte, ich könnte jederzeit in das Zimmer gehen. Es wäre bis Ende Oktober bezahlt. Sie hätten es freigegeben. Ich schluckte. Ich wollte da nicht hin. Ich legte den Schlüssel in die Schublade, in der ich all meine Schlüssel aufbewahrte.
Sie hätten die Akte meiner Mutter aus Solthaven, einer Kleinstadt in Sachsen-Anhalt in der Nähe von Lüchow-Dannenberg, erhalten. Es wäre etwas kompliziert gewesen, da der Fall schon 20 Jahre alt wäre und die Unterlagen in irgendwelchen Kellern gelegen hätten, von denen die meisten jungen Beamten wohl nicht einmal wussten, dass es sie gab. Der Fall sei 1990 nach einem Jahr abgeschlossen worden, weil man nie eine Leiche gefunden hätte. Weitere Hinweise gab die Akte nicht.
Als sie das zweite Mal kamen, saßen wir wieder in der Küche.
Es regnete, und der Wind peitschte gegen das Küchenfenster.
Josey saß schmollend in ihrem Zimmer und machte ihre Hausaufgaben. Ich hatte sie gemeinsam mit Stefan von der
Schule abgeholt und ihr dann ein paar Tiefkühlkartoffelpuffer in Öl gebraten, sie mit Butter bestrichen und Zucker über die zerlaufene Butter gestreut. Ich fand, das reichte für ein Mittagessen.
Josey sah das anders. Sie wollte einen Pudding als Nachtisch. Da ich keinen im Kühlschrank hatte und Kochen nicht in Frage kam, war sie beleidigt. Melissas Lena hätte immer einen Nachtisch für alle, und außerdem schmeckte es bei ihr immer prima, maulte sie. Ich bestritt es nicht.
Ich kochte für uns drei einen grünen Tee.
»Wir
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