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Im Zeichen der gruenen Sonne

Im Zeichen der gruenen Sonne

Titel: Im Zeichen der gruenen Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Rothe
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Straße und versperrte den Weg. Wenn sie ihn nicht über den Haufen reiten wollten, mussten sie anhalten.
    Als die aufgewirbelte Staubwolke sich senkte, erkannte Möhre, dass alle Oasenbewohner gekommen waren und sie feindlich anblickten. Die meisten waren zerlumpt und abgemagert, man sah ihnen ihre Armut an. Obwohl diese Oase mit ihren weiten Obstplantagen eigentlich hätte reich sein müssen, schienen sie hier gerade mal das Nötigste zum Überleben zu haben.
    »Verschwindet!«, schrie der alte Mann sie an. »Wir haben nichts mehr, was wir eurem Herrn geben könnten!«
    »Aber ihr irrt euch, wir kommen nicht von Kero-Sin!«, rief Möhre zurück.
    »Wir sind Kopten und kämpfen gegen Kero-Sin!«, erklärte einer der Mönche. Die Reaktion darauf war ein allgemeines Gemurmel.
    »Wir wollen auch keine Christen hier, alle Christen sind feige und geldgierig! Verschwindet endlich!«
    Möhre versuchte, die Gemüter ein wenig zu beruhigen. »Wir kommen, um mit euch gegen Kero-Sin zu kämpfen!«
    Der alte Mann lachte auf. »Kämpfen? Gegen Kero-Sin? Das ist doch aussichtslos! Was seid ihr – Spione?«
    »Ich dachte immer, die Oasen wären so berühmt für ihre Gastfreundschaft!«, sagte Möhre lauernd.
    Für eine Sekunde herrschte Stille. Die Männer der Oase sahen ihren Dorfältesten an. Dieser blickte auf seine nackten Füße hinunter und überlegte. Gastfreundschaft war eine heilige Pflicht – und es war das Recht dieser kleinen rothaarigen Fremden, sie einzufordern.
    »Kommt in mein Haus, und seid mein Gast!«, grummelte der Alte zähneknirschend.
    Vor dem Eingang der niedrigen Lehmhütte waren Teppiche ausgelegt, ein kleiner Baldachin über der Tür beschützte die Gäste vor der Sonne. Möhre fiel mehr von ihrem Kamel, als dass sie hinunterstieg.
    »Folgt mir!«, knurrte der Alte. Noch bevor sie die Hütte betraten, wies er Möhre an, auf einem kleinen Hocker Platz zu nehmen.
    Vielleicht will er mich ja nicht in sein Haus lassen. Vielleicht isses nicht richtig aufgeräumt oder so was. Wenn der wüsste, wie’s bei mir zu Hause aussieht, dachte Möhre. Plötzlich wurde ihre Hand ergriffen. Sie blickte auf. Vor ihr stand eine freundlich lächelnde Frau, die Möhres Hand zuerst an ihre Lippen führte, dann gegen ihre Stirn presste und schließlich gegen ihr Herz.
    Möhre, etwas verlegen, murmelte nur: »Guten Tag!«
    Fassungslos sah sie mit an, wie die Frau vor ihr niederkniete, ihr die Schuhe auszog und in einer großen Kupferschüssel ihre Füße wusch – eine Geste, die Möhre schamrot werden und sich wünschen ließ, jetzt und auf der Stelle im Boden zu versinken. Aber sie wollte ihre Gastgeber nicht verärgern und ließ es geschehen. Die Frau erhob sich und wies lächelnd mit der Hand auf die Tür. Möhre erhob sich unsicher und betrat auf nackten Füßen die Hütte.
    Im Inneren war es düster. Der Boden war mit Teppichen ausgelegt. Eine flackernde Öllampe hing von der Decke herunter und warf tanzende Schatten. Ein kleines holzgeschnitztes Regal war das einzige Mobiliar. Der alte Mann und einige andere Männer saßen in der Hocke auf dem Boden und warteten auf sie.
    »Immer nur mit der rechten Hand essen! Die linke gilt als unrein!«, zischte einer der Mönche hinter ihr. Möhre zuckte zusammen, sie hatte gar nicht gemerkt, dass ihr jemand gefolgt war.
    Sie setzten sich zu den Männern auf den Fußboden, und der Alte klatschte in die Hände. Auf einer großen kreisrunden Messingplatte trugen einige Frauen Tomaten, Bohnen, Oliven, Hammel- und Kamelfleisch herein.
    »Greif zu! Es ist alles, was wir bieten können!«, forderte sie der Alte auf. Das ließ Möhre sich nicht zweimal sagen. Mit jedem Bissen, den sie in sich hineinstopfte, erhellte sich die Miene des Alten. »Du hast ja einen gesegneten Appetit!«
    »Ich bin ja auch ein echter ›Hungriger Magen‹!«, antwortete Möhre, worauf sie der Alte nur amüsiert ansah.
    »›Hungriger Magen‹. Was soll das denn sein?«
    »Ach, das war nur ein Spaß, den ich mal mit ein paar Freunden gemacht habe. Meinen besten Freunden, um genau zu sein!«
    »Wieso willst du uns gegen Kero-Sin eigentlich helfen? Dir hat er doch nichts getan, oder?«, wollte der Alte wissen.
    »Aber meinen Freunden! Er hat einen entführt, wissen Sie? Und was jemand einem von uns antut, das tut er allen an!«
    Der Alte seufzte. »Ja, das hat er schon mal gemacht. Angeblich hat er einen Jungen aus Kairo entführt! Aber wer würde sich schon trauen, ihn dafür zur Rechenschaft zu ziehen? Wir

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